Du befindest dich hier: Home » News » „Südtirol in Gefahr“

„Südtirol in Gefahr“

Wörtlich genommen: SVP-Werbekampagne

Die SVP wirft ihre Köder aus, um die deutsche Rechte von einer Kandidatur bei den Parlamentswahlen abzubringen. Es geht dabei um die Autonomie, um Giorgia Meloni – und um die künftige Landesregierung.

von Matthias Kofler

Andreas Leiter Reber setzt sein Pokerface auf: „Ob es die SVP ernst meint, werden wir am Montag sehen“, sagt der Freiheitlichen-Obmann.

Am Montag trifft sich die SVP mit Vertretern der autonomiefreundlichen Oppositionskräfte im Landtag, um einen parteiübergreifenden Schulterschluss für die Parlamentswahlen am 25. September zu finden. Primäres Ziel der Edelweißpartei ist es, die deutsche Opposition dazu zu bewegen, auf eine eigene Kandidatur zu verzichten. In der Parteileitungssitzung am Montag hat der langjährige Parlamentarier Karl Zeller darum geworben, den Kontakt mit der Opposition zu suchen. Ein Antreten von Freiheitlichen, Süd-Tiroler Freiheit und Co. gefährde die Minderheitenvertretung im Parlament, warnt der SVP-Stratege.

„Das heutige Wahlgesetz, das im Wesentlichen auf jenem fußt, das wir 2017 mit Elena Maria Boschi, Matteo Renzi und Ettore Rosato vereinbart haben, sichert der Minderheit trotz Kürzung der Parlamentarier um ein Drittel dieselbe Vertretung zu, wie sie sie traditionell seit 1948 hatte, nämlich zwei Senatoren und drei Kammerabgeordnete“, erklärt Zeller. Damit steige das Gewicht in einem verkleinerten Parlament sogar, da die deutsche und ladinische Minderheit nur 0,5 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmache. Für die Deutschen und Ladiner sei das Wahlgesetz folglich ein „aufgelegtes Spiel“. Dies setze aber voraus, dass die Minderheit relativ geschlossen wähle.

„Störkandidaturen, die ohne jede Aussicht auf Erfolg sind, können nur eines bewirken, nämlich die Schwächung der Vertretung Südtirols in Rom, wenn einer oder mehrere Sitze – namentlich der proportionale Kammer-Sitz und der Kammer-Sitz im Wahlkreis Meran/Bozen – nicht an Vertreter der Minderheit gehen“, betont der SVP-Vizeobmann und appelliert an das „Verantwortungsbewusstsein“ der Opposition: „Für die Freiheitlichen oder andere Oppositionsparteien ist kein Sitz erreichbar. Das ist nicht höhere Mathematik und müsste eigentlich auch für einen Andreas Reber Leiter erfassbar sein. Deshalb sollte die Opposition das politische Kleinklein sein lassen und an das große Ganze denken. Wenn wir uns zersplittern, enden wir wie die Slowenen, die überhaupt keinen Vertreter mehr im römischen Parlament haben“, so Zeller.

Die Freiheitlichen haben schon einmal – nämlich im Jahr 1996 – zugunsten der SVP auf eine Parlamentskandidatur verzichtet. F-Obmann Andreas Leiter Reber fordert von SVP-Chef Philipp Achammer, zumindest in einem der Wahlkreise einen Kandidaten „ohne Parteikartl“ ins Rennen zu schicken, der von allen autonomiepolitischen Kräften mitgetragen werden könne. Die SVP steckt in einem Dilemma, weil sie wegen der Verkleinerung des Parlaments einen der drei amtierenden Parlamentarier – Manfred Schullian, Albrecht Plangger oder Dieter Steger – in die Wüste schicken muss. Dass Philipp Achammer und Co. den Wahlkreis Bozen-Meran einem Unabhängigen überlassen, gilt daher als äußerst unwahrscheinlich.

Die SVP-Strategen in der Brennerstraße können sich aber ein Entgegenkommen bei programmatischen Punkten vorstellen. Denkbar wäre ein gemeinsames Wahlabkommen mit der deutschen Rechten, die unter anderem den Ausbau und die Verteidigung der Autonomie, den entschiedenen Widerstand gegen eine Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und die Stärkung des Ehrenamts beinhaltet. Die Freiheitlichen erhoffen sich aber auch Zusicherungen im Hinblick auf die Landtagswahlen im kommenden Jahr. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Achammer – auch mit Blick auf die zu erwartende Mitte-Rechts-Regierung in Rom – am liebsten die Koalition mit der Lega fortsetzen würde. Sollte es aber numerisch nicht mehr reichen, könnten die Freiheitlichen als Mehrheitsbeschaffer einspringen. „Der Leiter Reber ist ja ein halber SVPler“, verweist man im Landtag auf dessen auffallend regierungsfreundlichen Kurs, den er beispielsweise als Vorsitzender des SAD-Untersuchungsausschusses fährt.

Indes verdichten sich die Anzeichen, dass die SVP im Senats-Wahlkreis Bozen-Unterland auf eine eigene Kandidatur verzichtet, sollte die italienischen Mittelinks-Kräfte einen gemäßigten Italiener wie Bozens Ex-Bürgermeister Luigi Spagnolli ins Rennen schicken. Der Kandidat muss sich im Gegenzug bereit erklären, Mitglied der Autonomiegruppe zu werden. Laut der neuen Geschäftsordnung des Senats braucht es für die Bildung einer Fraktion mindestens sieben Abgeordnete – ausgenommen von dieser Regel ist die Autonomiegruppe, für die vier Senatoren ausreichen. Es ist derzeit aber alles andere als sicher, dass die SVP diese vier Mitglieder zusammenbekommt. Zwar sind Julia Unterberger und Meinhard Durnwalder gesetzt. Der Wahlkreis Bozen-Unterland, die drei Wahlkreise im Trentino und der Wahlkreis im Aostatal könnten jedoch allesamt an die Rechte gehen.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (33)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.

2025 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen