„In existenzieller Gefahr“
Die Neurorehabilitationsabteilung wird im Wipptal als Garant für den Fortbestand des Krankenhauses Sterzing gesehen. Droht nun aber eine Umsiedlung der Einrichtung nach Bozen? Der wissenschaftliche Leiter, Leopold Saltuari, ist besorgt.
Tageszeitung: Herr Saltuari, welche Auswirkungen hat die Neuausrichtung der Chirurgie in Sterzing auf die Neuroreha?
Leopold Saltuari: Diese Umstrukturierung beeinträchtigt unsere Arbeit relativ wenig. Das ist für uns kein entscheidendes Problem. Die Allgemeinchirurgie hat nicht allzu viele Berührungspunkte mit der Neuroreha. Natürlich ist es von Vorteil, wenn man einen Chirurgen im Haus hat, aber unsere Berührungspunkte beschränken sich vorwiegend auf die interne Medizin, die Orthopädie sowie die anderen Abteilungen. Unser großes Problem ist ein anderes.
Das wäre?
Dass die Hälfte unserer Betten, also 12 von 24, gesperrt sind. Es wäre für uns dringend notwendig, die notwendigen Mitarbeiter von der Pflege aktivieren zu können, um die Betten wieder eröffnen zu können.
Wird das Krankenhaus Sterzing durch die Neuausrichtung nicht noch unattraktiver für das Pflegepersonal?
Das erwarte ich mir nicht. Das Hauptproblem ist, dass Sterzing als Wohnort für Pflegekräfte nicht sehr attraktiv ist. Das Notwendigste ist meiner Ansicht nach ein leistbares Wohnen für Pflegekräfte. Wenn wir diesen Schritt nicht schaffen und sich die Situation nicht ändert, sehe ich das gesamte Krankenhaus Sterzing in existenzieller Gefahr.
Die Neuroreha soll eine Forschungseinrichtung werden. Zum Teil ist sie dies schon, gerade wegen der Forschungen zu Post-Covid. Wie geht es nun weiter?
Forschungsmäßig sind wir sehr aktiv, wir haben eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten publiziert, auch im Bereich von Long-Covid. Klinisch nehmen wir akute Patienten auf und entlasten somit die Intensivstationen. Zur akuten Corona-Zeit haben wir weiter voll durchgearbeitet und auch schwer betroffene Post-Covid-Patienten betreut. Wir hatten während der Pandemie keine Reduktion unserer Tätigkeit. Die derzeitige Reduktion der Tätigkeit ist rein auf den Pflegemangel zurückzuführen.
Vor der Einrichtung der Neuroreha in Sterzing wurden Kämpfe zum Standort ausgefochten. Sie haben sich strikt gegen eine Ansiedlung am Krankenhaus Bozen ausgesprochen. Im Wipptal wird die Neuroreha als Garant für den Fortbestand des Krankenhauses gesehen. Nun wird eine Zusammenarbeit mit dem Zentralkrankenhaus in die Wege geleitet…
Das stimmt. Wir haben aber einen landesweiten Auftrag, die schwer betroffenen neurologischen Patienten zu versorgen. Wir können aber die Patienten aus den Intensivstationen nicht aufnehmen, wenn wir für die Betten kein dementsprechendes Personal haben. Teilweise wandern unsere Pflegekräfte nach Bozen ab. Wir diskutieren nun in Zusammenarbeit mit der Sanitätseinheit, eventuell Betten in Bozen zu eröffnen, da der Pflegekräftemangel in Zentralkrankenhäusern geringer ist.
Wie könnte man das Problem lösen?
Ein Vorschlag wäre, den Standort des Seniorenheimes, das ja angrenzend an das Krankenhaus besteht, nochmals zu überdenken und die Diskussion wieder aufzunehmen. Auf diesem Areal könnte leistbares und günstiges Wohnen für das Pflegepersonal geschaffen werden, denn wenn wir von dieser Seite her nicht attraktiv werden, wird das Krankenhaus in absehbarer Zeit aufgrund des Mangels von Pflegekräften existenziell gefährdet werden. Einige wenige Bürgermeister des Wipptals haben das Problem erkannt, leider nicht alle. Letztere scheinen nicht erkannt zu haben, in welchen Schwierigkeiten sich das Krankenhaus Sterzing befindet. Wir müssen wirklich alles versuchen, um das Krankenhaus Sterzing zu retten. Und derzeit ist das Hauptproblem der akute Mangel in der Pflege.
Das heißt: Man hat sich früher immer gegen einen Standort in Bozen gewehrt, jetzt könnte es zu einer Umsiedlung der Neuroreha kommen, weil die Pflegekräfte fehlen?
Wir müssen die Patienten versorgen und das ist derzeit in Sterzing in vollem Umfang nicht möglich, weil Mitarbeiter von der Pflege fehlen. Gerade für die schwer Betroffenen ist die Pflege ein ganz entscheidender Parameter. Wir haben keine andere Alternative, wenn das Pflegeproblem in Sterzing nicht gelöst wird. Die Abteilung in Sterzing funktioniert sehr gut. Prinzipiell wollen wir nicht übersiedeln. Wenn aber der massive Pflegekräftemangel nicht behoben wird, ist nicht nur die Neuroreha, sondern das gesamte Krankenhaus existenziell bedroht. Prinzipiell braucht es eine kritische Größe, dass ein Krankenhaus bestehen bleibt. Für die Bewohner des Wipptales ist ein lokales Krankenhaus sicherlich eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität.
Es hängt alles an den Pflegekräften?
Ja, vorwiegend derzeit am Pflegekräftemangel. Wir sind in Sterzing nicht die einzigen, die unter diesem Problem leiden, aber kleine Krankenhäuser sind davon stärker betroffen. Dieses Problem existiert in ganz Mitteleuropa, aber in Südtirol ist es besonders stark ausgeprägt.
Wie sieht die vorläufige Zusammenarbeit mit Bozen aus?
Das muss noch geklärt werden. Es ist noch nicht klar, wie sich die Covid-Situation im Herbst entwickeln wird. Anfang nächsten Jahres werden weitere Schritte geklärt werden. Zurzeit ist es zu früh, eine Struktur konkret anzudenken und die Zusammenarbeit zu definieren.
12 der 24 Betten auf der Neuroreha sind gesperrt. Die Pläne sahen einst eine Aufstockung dieser Betten vor…
Mein Ziel war immer, eine Abteilung auf 40 Betten auszurichten, eine Zahl, die, sei es vom ökonomischen als auch vom klinischen her, sinnvoll erscheint. Derzeit sind wir aufgrund des Pflegekräftemangels nicht erweiterungsfähig. Diese Betten zu bespielen, wären wir mit den Therapeuten und Ärzten imstande, aber das Pflegepersonal reicht nun mal nur für 12 Betten.
Wie lange sind die Wartelisten jetzt?
Wir brauchen nicht von Wartelisten zu sprechen. Wir können derzeit eine große Anzahl von Patienten, die dringend einer Behandlung bedürften, nicht aufnehmen und betreuen. Diese Patienten sind teilweise auf anderen Abteilungen stationär aufgenommen, denen die Fachkräfte für die Betreuung dieser Patienten fehlen. Die derzeitige Situation zur Betreuung von Neuroreha-Patienten erscheint mir deshalb dramatisch.
Interview: Erna Egger
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Kommentare (13)
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unglaublich
Die sog. Sammelpartei hat die unteren Gehaltsklassen ausgehungert. Ethisch und praktisch eine verwerfliche und dumme Politik.
besserwisser
bozen wäre als standort besser geeignet. haben eine große tiefgarage (wird zwar ab und zu bei 40% im freien einfach mal einen halben tag gesperrt und die leute müssen kilometerweise weit laufen), sind bestens organisiert, die ärzte sind immer erreichbar, man fühlt sich rundherum einfach in sicheren händen.
über die paar stunden in der ersten hilife kann man da wohlwollend drüberlhinwegsehen …
andreas
Wie oft ist der Grund für mangelndes Personal eigentlich das zickenhafte Verhalten und die Machtkämpfe der Primare und nicht die der anderen, wen immer auch die Schuld gegeben wird.
Primare sind hochbezahlte Angestellte mit Gehältern, welche höher als die des LH sind.
Sie haben durchaus Entscheidungsbefugnisse, scheinen aber bei jeder Kleinigkeit einen Sündenbock zu suchen.
Die Schwierigkeit der letzten 30-40 Jahre, die Sanität zu sanieren, scheint wohl auch das Ego der Primare zu sein, an welches sich niemand rantraut.
pingoballino1955
Andreas,und du bist derjenige,der das alles weiss? Klär uns doch mal konkret auf! Bist du im Entscheidungsgremium? Ich habe da anderslautende Infos von „sicherer“ Quelle.
nochasupergscheiter
Immer mehr gibt der gekauft mainstream mittlerweile zu, dass die Impfung doch gravierende Nebenwirkungen hat…
Volle Schränke mit einem Mittel dessen positive Wirkung zweifelhaft ist… Und das eigentlich gar nicht zugelassen ist…
Und doch wieder Briefe und schreiben an die Mitarbeiter dass ohne drittimpfung die Suspendierung droht…
Verzweiflung bei den Mitarbeitern, die Politik untätig, macht dem ganzen charadenspiel kein Ende…
Auch hier wird berichtet dass Leute nicht zu ihrer Behandlung kommen…
Obwohl man weiss dass nur über 80jährige MIT Corona sterben, holt man die Mitarbeiter nicht zurück, verbrennt die anderen…
Primäre die 24 Stunden durcharbeiten sterben an Herzinfarkt aufgrund arbeitsüberlastung..
Obwohl klar ist dass der ungeimpfte wohl als schlauerer aus der ganzen hexenverfolgung hervorgeht, werden diese fast weniger ansteckenden Mitarbeiter nicht zurück geholt und neue vergrault..
Ich kann dem sanitätspersonal nur raten sich bei ihren vorgesetzten zu wehren
autonomerbuerger
Wir wissen schon lange, dass wir sehr viele Arbeitnehmer aus dem Ausland brauchen werden, um unsere Lebensstandarts zu halten. Ca. 40.000 in den nächsten 10 Jahren. Wir brauchen also ca. 20.000 bezahlbare Wohnungen. Die Landesregierung schläft. Die öffentlichen Angestellten werden seit 20 Jahren systematisch ausgehungert. Auch damit hat sich immer wieder jemand politisches Kapital herausgeschlagen. Jetzt ist es zu spät und Schuld ist nur die Landesregierung.