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„Ein problematisches Urteil“

Ein herber Schlag für die Architektenkammer: Welche Konsequenzen das Urteil des Staatsrates zur Gestaltung des Hofburggartens in Brixen haben könnte.

von Erna Egger

Große Enttäuschung in der Architektenkammer: Der Staatsrat hat das erstinstanzliche Urteil des Verwaltungsgerichts gekippt und die Direktvergabe zur Gestaltung des Hofburggartens in Brixen an den Multimediakünstler André Heller für rechtens befunden. Die Kammer der Architekten hatte gegen diese Wettbewerbsverzerrung gerichtliche Schritte eingeleitet und ist vor das Verwaltungsgericht gezogen. Das Verwaltungsgericht Bozen nahm den Rekurs der Architektenkammer an und befand, dass die Gestaltung von der Gemeinde ausgeschrieben werden müsse. Die Gemeinde Brixen legte gegen dieses Urteil Rekurs vor dem Staatsrat ein und dieses befand zugunsten der Gemeinde – mit der Begründung, dass es sich beim Projekt um Kunst und nicht um Architektur handle (Tageszeitung berichtete).

Ein herber Schlag für die Architektenkammer, zumal dieses Urteil weitreichende Konsequenzen haben könnte.

Wolfgang Thaler, Präsident der Architektenkammer, und sein Vorgänger, Johann Vonmetz, unter dessen Vorsitz das Gerichtsverfahren gestartet wurde, im Interview. 

TAGESZEITUNG Online: Herr Thaler, Herr Vonmetz, das Urteil zum Hofburggarten ist gefallen…

Wolfgang Thaler: Das Urteil ist für unsere Kategorie ein herber Schlag. Es hat im Urteil eine völlige Kehrtwende stattgefunden, was wir uns nicht erwartet hätten.

Johann Vonmetz: Wir haben in diesem Fall die Notwendigkeit gesehen, für die ausschließlichen Zuständigkeiten unserer Berufskategorie zu kämpfen. Der Staatsrat hat den Sachverhalt anders als das Verwaltungsgericht gesehen und das ist zur Kenntnis zu nehmen.

Was sagen Sie zum Urteil? 

Wolfgang Thaler: Wir können die Argumentation des Staatsrates, dass es sich um ein Kunstwerk handle, nicht nachvollziehen. Wir sind erstaunt, dass es mit diesem Urteil für rechtens befunden wird, dass die Gemeinde einen Planungsauftrag in Höhe von 1,2 Millionen Euro über eine Direktvergabe vergeben kann. Das ist für uns äußerst sonderbar. Bei jedem kleinen Auftrag, auch unter 40.000 Euro, wo eine Direktvergabe möglich wäre, bevorzugen es Gemeinden, mehrere Angebote einzuholen. Aber wir müssen das Urteil nun zur Kenntnis nehmen.

Johann Vonmetz: Es handelt sich um sehr problematisches Urteil, nicht nur für die Südtiroler, sondern für die Architektenschaft italienweit. Denn jede Vergabestelle kann nun ein Projekt, sofern es als „künstlerisches Projekt“ definiert wird, direkt vergeben. Damit werden Tür und Tor geöffnet für Direktvergaben, ohne Konkurrenzverfahren oder Planungswettbewerbe durchzuführen. Und das ist unsere größte Sorge und die große Problematik. Das Urteil könnte für unsere Sparte weitreichende Konsequenzen haben, derer sich der Staatsrat wahrscheinlich nicht bewusst war.

Nach dem erstinstanzlichen Urteil rechnete die Architektenkammer mit einem anderen Ausgang…

Wolfgang Thaler: Ursprünglich waren im Projekt von Heller auch der Bau einiger Gebäude enthalten. Diese Bauten haben nichts mehr mit Kunst zu tun, das sind rein planerische Aufgaben. Sofern die Gemeinde gedenkt, die weiteren Planungsleistungen intern zu erbringen, müsste der Entwurf dieser Gebäude vonseiten der internen Techniker erbracht werden. Ich möchte gesondert darauf hinweisen, dass bei denkmalgeschützten Liegenschaften, zu denen auch der Hofburggarten zählt, die Planung den ArchitektInnen vorbehalten ist.

Das Urteil ist nun ein Freibrief für Gemeinden, Planungsarbeiten unter dem künstlerischen Deckmantel direkt zu vergeben? 

Wolfgang Thaler: Das ist sehr wohl unsere Sorge. Ein Kunstwerk ist ein Einzelobjekt und beinhaltet nicht eine komplette Planung von Gebäuden. Das ist unserer Ansicht nach nicht der Zuständigkeitsbereich der Künstler, sondern der Architekten.

Und jetzt?

Johann Vonmetz: Wir werden das Urteil nun genau mit unserer nationalen Kammer analysieren und dann entscheiden, wie man weiter vorgehen kann.

Welches Vorgehen wäre Ihrer Meinung nach von der Gemeinde korrekt gewesen? 

Johann Vonmetz: Die Gemeinde Brixen hat zum Hofburggarten einen Planungswettbewerb ausgeschrieben, was wirklich vorbildlich war. Dann ist sie jedoch politisch umgeschwenkt und hat eine andere Lösung angepeilt. Das ist legitim und wir stellen dies auch nicht infrage. Aber dann hätte die Gemeinde auch unter Beteiligung von Künstlern das Gesamtpaket neu ausschreiben müssen. Damit wäre wieder ein klares Wettbewerbsverfahren in die Wege geleitet worden und es hätten sich auch andere Künstler beteiligen können. Denn ich glaube nicht, dass nur Heller einen Garten gestalten kann. Die Gemeinde Brixen hat jedoch einen anderen Weg eingeschlagen, den wir als sehr problematisch erachten. Der Staatsrat hat nun der Gemeinde recht gegeben, das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Aus unserer Sicht ist dieses Urteil für die Wettbewerbskultur und für die Architektenschaft ein problematischer Richterspruch.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (4)

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  • meinemeinung

    @diplomat – Architektur und Handwerk sind wieder 2 Paar Schuhe
    Architekten meinen , Sie seien Künstler, aber ohne Handwerklichen können.
    Künstler sind wieder eigene Köpfe , da mußt du schon neben dem Projekt / Objekt stehen und der Künstler erklärt dir was das darstellen soll. Ohne Künstler verstehst meistens nicht was das soll.
    Hoffe beim Garten versteht man dies!!

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