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Nach dem Sturm Vaia

Der Sturm Vaia hat eindrücklich aufgezeigt, wie stark der Klimawandel das Überleben der Wälder in den Alpen gefährden kann.

Ihre Widerstandsfähigkeit kann auch durch hochpräzise Technologien unterstützt werden, wie dies LIDAR ermöglicht.

Die Fakultät für Naturwissenschaften und Technik hat gemeinsam mit der Abteilung Forstwirtschaft und der Agentur Landesdomäne der Autonomen Provinz Bozen ein Projekt zur Erfassung des Baumbestandes im Latemar-Gebiet gestartet, das die Ausarbeitung des Zehnjahresplans für die Waldbewirtschaftung flankiert.

Im 10-Jahresrhythmus sind öffentliche Einrichtungen (Autonome Provinzen und Regionen) angehalten,ein Instrument zur Bewirtschaftung ihres Walderbes zu erstellen, den so genannten „Waldbewirtschaftungsplan“. Dieses amtliche Dokument zeigt den Weg auf, wie die Gesundheit der Wälder erhalten werden kann und gibt Aufschluss über Anzahl und Vielfalt der Pflanzen in den Wäldern und wie viele Bäume zu welchem Zeitpunkt gefällt werden dürfen, um die Ökosystemfunktionen zu erhalten. Die Abteilung Forstwirtschaft der Autonomen Provinz Bozen bereitet in Zusammenarbeit mit der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik ein neues Waldbewirtschaftungskonzept vor.

Das Projekt, das von Prof. Giustino Tonon (der am 7. Juli vergangenen Jahres tragisch verstorben ist) initiiert und vom Forscher und Dozenten Enrico Tomelleri in Zusammenarbeit mit der Abteilung Forstwirtschaft und der Agentur Landesdomäne der Autonomen Provinz Bozen weitergeführt wurde, ist sowohl methodisch als auch inhaltlich innovativ. Einerseits wird die LIDAR-Technologie eingesetzt, die eine hochauflösende 3D-Rekonstruktion der Wälder mit einer hohen Genauigkeit der tatsächlichen Baumdichte ermöglicht, andererseits wird das Latemar-Gebiet, das im Oktober 2018 vom Sturm Vaia verwüstet worden ist, als Fallstudie herangezogen.

„Durch die Beobachtung der Geschehnisse im Eggental haben wir die Möglichkeit zu verstehen, welch katastrophalen Auswirkungen der Klimawandel auf die Wälder hat, und somit nicht nur zu einer Standardplanung beitragen, sondern für eine gesamtheitliche Planung zu sorgen, welche die Wahrscheinlichkeit von Extremereignissen berücksichtigt, die in den kommenden Jahren immer wahrscheinlicher werden“, unterstreicht Tomelleri.

Die klassische Methode zur Erstellung eines Waldbewirtschaftungsplans setzt voraus, dass die betreffenden Waldparzellen hinsichtlich der Dichte und der vorhandenen Arten als einheitlich angesehen werden. Die Innovation des Projekts von unibz und der Provinz ist hingegen der Einsatz der LIDAR-Technologie: Die betroffenen Waldgebiete werden überflogen und mittels Laser gescannt.

Diese Technologie ermöglicht es, die Höhe der Baumkronen zu messen und gleichsam die Struktur des Waldes in 3D auf einem PC zu rekonstruieren. „Messungen am Boden, wie beispielsweise des Durchmessers von Bäumen, werden durch diese Methode nicht vollständig ersetzt, sondern ergänzt“, erklärt Tomelleri.

„So können detailliertere Karten des Waldes erstellt und Informationen für eine präzise Waldbewirtschaftung gewonnen werden. Der Forscher*innen der unibz und die Mitarbeiter*innen der Autonomen Provinz Bozen erstellten Holzvolumenkarten und eine strukturelle Klassifizierung des Staatswaldes am Latemar, welche die vor Ort gesammelten Daten mit jenen aus der LIDAR-Technologie gewonnenen Daten integrieren.

Das Ergebnis der Erhebungen und der Verarbeitung der gesammelten Daten sind Waldkarten mit einer Bodenauflösung von einigen hundert Quadratmetern und damit wesentlich detaillierter als die herkömmlich erhältlichen Karten. „LIDAR-Anwendungen ermöglichen die Erfassung von Informationen in feineren Maßstäben als in der Vergangenheit und liefern wertvolle Indikatoren für die Variabilität der Waldeigenschaften (biologische Vielfalt und Schutz vor Naturgefahren). Mit Hilfe der LIDAR-Technologie lassen sich sowohl die horizontale als auch die vertikale Struktur eines Bestandes charakterisieren und ihre Entwicklung im Laufe der Zeit verfolgen. Die Verfügbarkeit von detaillierten Karten dieser Objekte ist die Grundlage für präzise Managemententscheidungen“, fügt Tomelleri hinzu.

Der Sturm Vaia verursachte einen geschätzten Schaden von 1.492.060 m3 gefällter Bäume im Vergleich zu einer durchschnittlichen jährlichen Wiederaufforstung von 660.000 m3 (siehe sechster Bericht des Forstministeriums über den Sturm Vaia). Um den Bestand vor dem Windwurf zu charakterisieren, wurden bestehende Daten und LIDAR-Daten verwendet, die 2011 im Rahmen eines früheren Projekts erhoben wurden. Eine anschließende spezielle Datenerfassungskampagne wurde im Jahr 2020 durchgeführt und ermöglichte es, die Bestandssituation nach dem Sturm zu erfassen.

„Mithilfe von Methoden des maschinellen Lernens haben wir aus den oben genannten Daten die Volumen- und Strukturkarten erstellt. Die Karten vor (2011) und nach Vaia (2020) wurden dann für die Planung waldbaulicher Eingriffe verwendet und können präzise Managemententscheidungen unterstützen, um den Latemar-Wald ‚fit für die Zukunft‘ zu machen“, schließt der Forscher.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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