Liebe und ihre Facetten
Die Südtirol Filarmonica tritt erneut auf, präsentiert 31 neue MusikerInnen und feiert 50 Jahre Autonomie. Die Konzerte finden in Toblach, Bozen und Meran statt.
Wer heutzutage ein klassisches Orchester gründet, sollte einen guten Grund dafür haben. In der Klassikszene herrscht ein ziemliches Gedränge, das Publikum ist seit der Pandemie vorsichtig bis zurückhaltend, finanziell sind die Zeiten für die Kultur ohnehin klamm und manche Ideen sind schlicht nicht wirklich durchdacht . Nicht wenige zu Beginn in allen Regenbogenfarben schillernden Projekte enden darob als Eintagsfliegen.
Nicht so das vom Kulturverein ARTON gegründete Projekt Südtirol Filarmonica, das 2019 beim Traubenwirt in Brixen von den Musikerinnen Cornelia und Isabel Goller aus Mellaun, dem Dirigenten Michael Pichler aus Lüsen und dem Manager Zeno Kerschbaumer aus Brixen ausgeheckt wurde. Zu Beginn stand die verrückte, aber zündende Idee, die über die halbe Welt verstreuten Südtiroler Musiker in ein temporäres Sinfonieorchester einzubinden und für einige Konzerte in die Heimat zurückzuholen.
Innerhalb von nur 48 Stunden trudelten 131 Anmeldungen ein, mittlerweile zählt Filarmonica bereits 286 Südtiroler MusikerInnen, die bei Orchestern wie dem New York Philharmonic, den Wiener Philharmonikern, dem Orchestra del Teatro alla Scala di Milano, aber auch dem Malaysia Philharmonic Orchestra und dem Zhejiang Symphonieorchester in China engagiert sind.
Mit drei ausverkauften Konzerten im vergangenen Jahr war das Debüt des neuen Sinfonieorchesters ein durchschlagender Publikumserfolg und hinterließ beglückte MusikerInnen: „Saugeil, grandios, Herzensprojekt, Feuerwerk“ und lauteten die Attribute.
Kein Wunder also, dass es heuer eine Neuauflage gibt. 65 von den 286 MusikerInnen sind für die heurigen Konzerte eingeladen, 31 davon sind erstmals dabei. Der Künstlerische Leiter und Dirigent, Michael Pichler: „Es ist uns wieder gelungen, ein Orchester von besonderer Vielfalt zu kreieren. Durch ein rotierendes Prinzip und die größere Besetzung im Vergleich zum Vorjahr dürfen wir uns in diesem Jahr über insgesamt 31 neue Gesichter im Orchester freuen.”
Darunter befinden sich herausragende Musikerpersönlichkeiten wie der Trompeter Bernhard Plagg, der im Konzerthausorchester in Berlin engagiert ist oder Isabel Goller, international freischaffende Harfenistin und Mitinitiatorin der Südtirol Filarmonica. Die längsten Anreisen werden diesmal der Hornist Armin Terzer aus China und der Fagottist Denis Plangger aus Malaysia auf sich nehmen.
Liebe und ihre Facetten bilden das künstlerische Leitmotiv, weshalb Pichler eine geballte Ladung Tschaikowsky auf das Programm gesetzt hat. Die Ouvertüre zu „Romeo und Julia“ wird den Abend eröffnen. Anschließend wird seine 5. Sinfonie in e-Moll mit ihrer Dramatik das Publikum auf eine musikalische Reise schicken, die von tiefen persönlichen, inneren Auseinandersetzungen des Komponisten zeugt, und in einem der großartigsten und feierlichsten Finalsätze der sinfonischen Literatur des 19. Jahrhunderts das Konzert zum Höhepunkt führen wird.
Der Vorsitzende des Kulturvereins ARTON Zeno Kerschbaumer sieht die heurigen Konzerte als Beitrag zu den Feierlichkeiten „50 Jahre Autonomie“. „Miteinander“ und „Inklusion“ seien die Werte von Südtirol Filarmonica, was sich bereits in der Orchesterbesetzung zeige. 64 Prozent gehören der deutschen Sprachgruppe an, 24 der Italienischen, 7 der Ladinischen und 5 Prozent der sog. neuen Sprachgruppe. „Dieser einmalige Klangkörper versinnbildlicht die Werte eines guten Miteinanders ebenso wie die Vielfalt in unserem Land: Zusammenwirken und gute Musik gelingen durch gegenseitigen Respekt, Anerkennung und Vertrauen“, sagte LR Philipp Achammer bei der gestrigen Präsentation.
Die Konzertreihe der Südtirol Filarmonica umfasst 3 Auftritte: Freitag 7. Oktober in Toblach, Gustav-Mahler-Saal; Samstag 8. Oktober in Bozen, Konzerthaus; Sonntag 9. Oktober 2022 in Meran, Kursaal. Tickets und Infos unter www.suedtirol-filarmonica.it (Heinrich Schwazer)
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