Die Waffen-Posse
Der Ex-Parlamentarier Karl Zeller hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Südtiroler Schützen wieder Salven schießen und Säbel tragen dürfen. Warum er glaubt, dass sich Sven Knoll & Co. eine Lockerung der Waffengesetze abschminken können.
von Artur Oberhofer
Sven Knoll wurde ganz warm ums weiß-rote Herz.
Das Alpenregionstreffen der Schützen in Passeier wäre, so schwärmte der STF-Abgeordnete im Landtag, ein gelungenes Beispiel grenzüberschreitender Brauchtumspflege gewesen, wenn nicht, ja wenn nicht diese bösen „Walschen“ wieder einmal dazwischengefunkt hätten.
Den Schützen aus Tirol und Bayern sei nämlich verwehrt worden, mit ihren historischen Säbeln und Gewehren nach Südtirol einzureisen.
Weil Sven Knoll den LH grundsätzlich für alle Schandtaten dieser Welt verantwortlich macht, ob das nun die 3,9-Prozent-Neigung des Schiefen Turms von Pisa oder die staatlich verordnete Maskenpflicht an den Schulen ist, musste Arno Kompatscher für die Süd-Tiroler Freiheit auch in Sachen Schützenwaffen als Buhmann herhalten.
Sven Knolls Vorwurf an die Adresse des LH: Dieser habe „das Problem“ der Schützenwaffen nicht nur nicht angesprochen, er habe auch nie etwas dafür getan, um das unsägliche Verbot aufzuheben.
Wie so oft, wenn Sven Knoll sich am LH reibt, sagt der STF-Landtagsabgeordnete nur die halbe Wahrheit. Es mag sein, dass der LH derzeit größere Weltprobleme sieht als die Leiden der Stöpselgewehr-tragenden Schützen und den Frust der Tiroler und der bayerischen Schützen, die sich ohne Büchse und Säbel nackt fühlen. Aber Tatsache ist: Das Tragen von scharfen Waffen in der Öffentlichkeit ist in Italien (zum Glück!) verboten. „Italien hat auch aufgrund des Terrorismus die strengsten Waffengesetze in Europa“, weiß Karl Zeller, ein ausgewiesener Fachmann in Sachen Schützen & Waffen.
Wenn Sven Knoll wolle, dass die Schützen scharfe Waffen tragen dürfen, müsse das italienische Waffengesetz geändert werden. Vor dem Hintergrund der vielen Amokläufe und der Tatsache, dass man sogar in den USA über eine Verschärfung der Waffengesetze diskutiert, wäre ein solcher Vorstoß ein Anachronismus.
Karl Zeller spricht in Zusammenhang mit der Kritik der Süd-Tiroler Freiheit von einer „billigen Polemik“.
Karl Zeller kennt die Thematik nur allzu gut.
Denn der Meraner SVP-Politiker und Luis Durnwalder waren es, die 1999 mit der italienischen Regierung einen „Waffen-Kompromiss“ verhandelt haben, und zwar mit den Ministern Enzo Bianco und Rosa Russo Jervolino.
Dieser Kompromiss bestand darin, dass die Südtiroler Schützen abgestumpfte Säbel und Stutzen tragen dürfen, die faktisch keine Waffen sind. Die Schützen-Stutzen gelten vor dem Gesetz als „strumenti di segnalazione acustica“.
Laut Karl Zeller war dies der einzig mögliche Kompromiss, mit dem auch die Schützen zufrieden waren. „Die Schützen wollten ja mit ihren Stutzen nur Salven schießen und nicht mit ihren Gewehren auf die Jagd gehen“, so bringt es der Ex-Parlamentarier auf den Punkt.
Jede weitreichendere Lösung wäre politisch nicht durchsetzbar gewesen, glaubt Zeller. Zwar habe auch er jahrelang versucht, eine Ausnahmeregelung für historische Umzüge oder Aufmärsche zu erreichen. „Wir haben 25 Jahre lang probiert, eine Lösung zu finden, sind aber nie damit durchgekommen, der gute Sven Knoll kann es ruhig selbst versuchen, wenn er meint, dass Italien die Waffengesetze lockert, um die Schützen zufriedenzustellen“, so Zeller nicht ohne Polemik.
Im Unterschied zu Knoll sieht der Ex-SVP-Parlamentarier eigentlich keinen Handlungsbedarf und hält die Debatte über die Schützen-„Waffen“ für ein „Luxusproblem“.
Karl Zeller hätte auch für das Problem der bayerischen und österreichischen Federhutträger die mit ihren (scharfen) Waffen nicht nach Italien einreisen dürfen, eine pragmatische Lösung parat. Er schlägt vor: „Die Südtiroler Schützen sollen den Bayern und den Tirolern ihre Waffen leihen oder ein Depot mit Reservewaffen anlegen, von außen schauen die Stutzen der Südtiroler Schützen genau gleich aus wie jene der bayerischen und der Tiroler Schützen, das würde niemand merken, es merkt ja auch niemand, dass die Säbel der Südtiroler Schützen eine abgestumpfte Spitze haben.“
In Bayern und in Österreich sind die Waffengesetze weniger restriktiv.
Dass Italien die Waffengesetze lockert, damit die Schützen scharfe Waffen tragen dürfen, hält Karl Zeller für aussichtslos. Der einzig gangbare Weg wäre, sich auf eine Prozedur zu verständigen, so wie sie bei Jagdwaffen gilt, also eine Art Sondergenehmigung. Allerdings wäre so eine Lösung mit viel Bürokratie verbunden, gibt der Ex-Parlamentarier zu bedenken.
Bliebe dann immer noch die Frage der Opportunität – gerade in Zeiten, wo in Europa ein Krieg tobt.
Karl Zeller sieht, erstens, keinen Sinn darin, dass Schützen scharfe Waffen tragen, wenn sie – wie er sagt – „ohnehin nur Salven schießen wollen“.
Und, zweitens, gibt der Ex-Parlamentarier zu bedenken: „Wer garantiert dafür, dass nicht ein Norreter dabei ist, der statt der Platzpatronen eine richtige Kugel in sein Gewehr steckt?“
Kommentare (8)
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