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Aldo Moros Zeiten

Eleonora Moro (Margherita Buy) mit Aldo (Fabrizio Gifuni) zu Hause, Episode 5

Der Kinobesuch von Marco Bellocchios „Esterno notte“ lohnt aich auf jeden Fall, auch wenn die Vorstellungen lang sind. Die Länge „non pesa“.

von Renate Mumelter

1978 gab es nachts noch kein TV-Programm. Rund um Mitternacht lief die Schlusskennung, natürlich in Schwarzweiß. Eleonora Moro sah sie öfters. Sie verschlief vor dem TV, ihre Wohnung war gegen Paparazzi verbarrikadiert. Aldo war entführt, der Schlaf schwierig.

Das ist nur eine der Geschichten, die Marco Bellocchio erzählt. Er zeigt in seiner 6-teiligen TV-Serie über die Entführung Moro im Jahr 1978, wie die Menschen lebten, wie die Tapeten aussahen, die heute wieder „in“ sein könnten oder die Bettwäsche, die definitiv „out“ ist.

Bellocchio ist es wichtig, dass Details stimmen. Und die stimmen. Das weiß ich, Jahrgang 1954.

Die Entführung und spätere Ermordung des DC-Politikers, der sich für den Dialog eingesetzt hatte, löste in Italien und bei den Menschen vieles aus, und es brachte die Institutionen durcheinander. Davon erzählt Bellocchio in den ersten 3 Episoden, die als „Esterno notte 1“ bereits im Kino waren. Gezeigt wurde, wie Moro selbst und seine Familie lebten, was die Entführung in der stark verfilzten DC auslöste, und was in den obersten Gremien der Kirche geschah.

Esterno notte 2 

In den Episoden 4 bis 6 wird vom Leben und Erleben der Terroristînnen erzählt, vom Leben und Erleben der Gattin Moros, und schließlich vom Ende. Insgesamt sitzt man zwar für Teil 2 ganze 164 Minuten im Kino, aber das ist keine Mühe. Es bleibt spannend bis zum Schluss. Und ganz am Ende gibt es noch das, was es auch braucht: ein paar Originalaufnahmen aus der Zeit. Die waren damals eher rar, denn in den 1970ern wurde mehr mit Worten und Tönen erzählt. Es gibt Bruno Vespa zu sehen, der als Rai-Journalist in den TV-Nachrichten die Meldung von Moros Entführung verlas, und Emilio Fede, auch einmal Rai-Mann, der die Meldung von Moros Tod gab. Dazu Aufzeichnungen von Francesco Cossiga zum Beispiel, der als Innenminister im Fall Moro eine dürftige Rolle spielte, später aber Staatspräsident wurde, hofiert auch in Südtirol. An der DC läßt Bellocchio jedenfalls kein gutes Haar. Wohl zu Recht.

Adriana und Eleonora

Während in Teil 1 bis auf jene Episode, wo es um die Familie Moro ging, nur Männer im Mittelpunkt standen, ist das in Teil 2 anders. Bellocchio wählt für die Episoden 4 und 5 Protagonistinnen, obwohl damals in Politik und Kirche die Männer das Sagen hatten. Er stellt die Brigatistin Adriana Faranda in den Mittelpunkt, die gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Valerio Morucci den harten Kern der Gruppe rund um die Entführung stellte. Als es zum Todesurteil kommen sollte, meldete sie berechtigte Zweifel an. Die Konflikte innerhalb der Gruppe werden deutlich. Faranda sagte sich übrigens später von den BR los Sie verbüßte ihre Haft wie alle anderen, schrieb später eine Autobiografie.

Ähnlich spannend ist die Rolle von Eleonora Moro. Sie war die loyale Ehefrau, auch wenn der Mann seine ganze Energie der Politik widmete. Als ihr Mann entführt worden war, wurde sie zur selbstbewussten Kämpferin. Was sie stärkte war ihr tiefer Glaube, den sie auch noch lebte, als ihn alle Democristiani längst verlassen hatten.

Fazit 

„Esterno notte“ ist auf jeden Fall sehenswert, und das im Kino. Der Film wurde eindeutig von einem Kinomann gedreht. Bilder und Töne erblühen auf der großen Leinwand, die Darstellerînnen auch. Wer wissen übrigens will, wie es „wirklich“ war, kann sich überall ausführlich informieren.

 

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