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Masken in den Sondermüll

Am Landesgericht wird das unendliche Beweissicherungsverfahren zur ersten Oberalp-Maskenlieferung abgeschlossen: Christoph Engl und Florian Zerzer müssen mit einer Anklage rechnen.

Von Thomas Vikoler

Auf das da capo aus formalen Gründen folgt nun der formelle Abschluss eines Beweissicherungsverfahren, das unglaubliche eineinhalb Jahre gedauert hat. Das Beweissicherungsverfahren am Bozner Landesgericht zur sogenannten ersten Oberalp-Lieferung von Masken und Schutzausrüstung am Beginn der Corona-Pandemie Ende März 2020.

Vorverhandlungsrichter Andrea Pappalardo hat nach der letzten Verhandlung am Mittwochnachmittag die Akten zurück an die Staatsanwaltschaft gesandt. Diese muss nun über die weiteren Schritte entscheiden: Anklage oder Archivierung des Strafverfahrens gegen die beiden Tatverdächtigen Christoph Engl, Verantwortlicher von Oberalp, und Sanitätsgeneraldirektor Florian Zerzer.

Aller Voraussicht nach wird ihr Verfahren von jenen zu weiteren Oberalp-Lieferungen mit acht Tatverdächtigen und dem gegen Ex-Sanitätslandesrat Thomas Widmann wegen der Schlauchtüchter-Lieferung durch die Firma seines Cousins abgetrennt.

Engl und Zerzer müssen mit einer Anklage wegen Verletzung einer Bestimmung zur Lieferung an die öffentliche Verwaltung rechnen.

Auch deshalb, weil das Ergebnis des zweiten Gerichtsgutachtens des Chemikers Giovanni Stella vernichtender ausfiel als das erste, welches nach Einwänden der Verteidigung neu erstellt werden musste.

Stella kam zum Schluss, dass die gelieferten KN95-Masken weder für den individuellen Schutz vor dem Corona-Virus noch als chirurgische Masken etwas taugten. Die chinesischen KN95-Masken entsprächen generell zwar dem westlichen FFP2-Standard, seien im konkreten Fall aber qualitativ derart schlecht, dass Stella ihre „Entsorgung als Sondermüll“ empfiehlt.

Die Lagerung der Masken habe – möglicherweise durch Feuchtigkeit – ihre Schutzwirkung zusätzlich geschwächt, betont der Gutachter.

Nachträglich lässt sich sagen, dass die zu Beginn des Corona-Notstandes via Österreich gelieferten Masken nicht hätten eingesetzt werden sollen. Auch wegen der bei Tests bekanntgewordenen Mängel.

Die Sachverständigen der Verteidigung beanstanden die Erkenntnisse Stellas teilweise, die Verteidiger verweisen auf den damaligen weltweiten Mangel an Schutzausrüstung.

Nicht beantwortet werden konnte von den Gerichtsgutachtern im Beweissicherungsverfahren die zweite Fragestellung. Nämlich jene zum Nutzen der gelieferten Oberalp-Ausrüstung für das Sanitätspersonal, das das Material für rund zwei Wochen verwendete. Hier kam der Gerichtsmediziner Sandro La Micela zum Schluss, dass die verschiedenen Material-Profile und Einsatzgebiete zu komplex seien, um eindeutige Rückschlüsse auf den tatsächlichen Schutz bzw. Nicht-Schutz gegen das Corona-Virus machen zu können.

Diese Frage war vor allem im Hinblick auf die Interessen der beiden Zivilparteien in dem Verfahren, die Krankenpflegergewerkschaft Nursing-Up und der Ärztegewerkschaft, interessant.

Das laufende Strafverfahren Oberalp II, in dessen Mittelpunkt Lieferungen an das Österreichische Rote Kreuz stehen (auch die österreichische Staatsanwaltschaft ermittelt), wird aller Voraussicht nach erst im kommenden Jahr abgeschlossen. Derzeit wird der komplexe Telefonverkehr zwischen den – in Italien – acht Tatverdächtigen ausgewertet.

Die Position von Landeshauptmann Arno Kompatscher ist jüngst abgetrennt und archiviert worden.

 

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