„Außer Kontrolle“
Der Landtag spricht sich mehrheitlich gegen radikale Maßnahmen zur Eindämmung der „Babygangs“ aus. Wie die SVP ihren Koalitionspartner Lega auf Linie gebracht hat.
Von Matthias Kofler
Sogenannte „Babygangs“ treiben vor allem in den größeren Städten ihr Unwesen. Immer wieder versetzen Jugendbanden BürgerInnen in Angst und Schrecken. Sie randalieren und vandalieren, knacken Getränkeautomaten, lärmen, schlägern oder drohen gar mit dem Messer, wenn man ihnen in die Quere kommt.
Mit einem Beschlussantrag im Landtag wollte Alessandro Urzì, Abgeordneter von Fratelli d’Italia, Gegenmaßnahmen setzen. So sollte eine ständige digitale Beobachtungsstelle eingerichtet werden. Die Familien von minderjährigen Gangmitgliedern, die ihren elterlichen Pflichten der Erziehung und der Aufsicht nicht ausreichend nachgekommen sind, sollten durch Zwangs- und Präventionsmaßnahmen zur Verantwortung gezogen werden, etwa durch den Entzug der zugeteilten WOBI-Wohnung und die Umsiedlung der in die Tat verwickelen Personen.
Zur Wiedereingliederung der Täter sollte ein Lehrgang zu Erziehungs- und Umerziehungsmaßnahmen vorgesehen werden. Darüber hinaus sollten auf staatlicher Ebene die Strafen bei Straftaten gegen die Person oder das Vermögen deutlich verschärft werden. Die Maßnahmen seien notwendig, weil aufgrund der zunehmenden Jugendgewalt die Situation mittlerweile außer Kontrolle sei, argumentierte der FDI-Politiker.
Die SVP sprach sich gegen den Urzì-Antrag aus. Die Begründung: Zwangs- und Präventionsmaßnahmen für Familien minderjähriger Bandenmitglieder seien rechtlich nicht umsetzbar und richteten sich an die falschen Adressaten. „Bevor wir die Eltern straffälliger Jugendlicher zur Verantwortung ziehen oder sie aus zugeteilten WOBI-Wohnungen verweisen sollten wir alles unternehmen, um diese Mädchen und Burschen von kriminellen Aktionen und Angriffen abzuhalten. Und das kann unter anderem durch gute Präventionsarbeit gelingen“, zeigte sich Fraktionschefin Magdalena Amhof überzeugt. Hierfür sei selbstverständlich die beharrliche Kontrolle vonseiten der Ordnungskräfte notwendig, ausgesetzte Orte müssten sicherer gestaltet werden.
„Wir können die Rahmenbedingungen schaffen und die enge Zusammenarbeit zwischen Sicherheitskräften und Gemeinden weiterhin fördern, doch vor allem sind jetzt gute Sicherheitskonzepte gefragt, die den gezielten Einsatz von Jugendorganisationen und Streetworkern mitberücksichtigen“, so Amhof.
Auch der Koalitionspartner Lega, der lange mit einer Zustimmung liebäugelte, stimmte auf Geheiß der SVP letztlich gegen den Urzì-Antrag. „Wir haben die Sitzung unterbrochen, um uns genauer über den Beschlussantrag zu unterhalten“, erklärte Lega-Landesrat Massimo Bessone. Man könne nicht leugnen, dass es ein Problem mit den Babygangs in Südtirol gebe. Allerdings sei man innerhalb der Mehrheit zum Schluss gekommen, gegen den Antrag zu stimmen, weil dieser zum einen sehr populistisch sei. Zum anderen gebe es in Südtirol bereits eine Beobachtungsstelle. „Im Veneto wurde der Antrag zwar angenommen, dort gibt es aber diese Beobachtungsstelle nicht“, betonte Bessone und kündigte an, dass die Lega im Parlament für eine Verschärfung der Strafen stimmen werde.
Der Antrag wurde mit einem Ja, 23 Nein und fünf Enthaltungen abgelehnt.
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