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Die Scheinheiligen

Wahlspenden an die SVP, geheime Machtspiele und lukrative Geschäfte: Wie eine Gruppe von Bozner Kaufleuten die Politik in der Landeshauptstadt bestimmen will.

von Artur Oberhofer

Es war nichts anderes als ein plumper und durchsichtiger Versuch, vom eigentlichen Skandal abzulenken.

Wenige Tage vor dem Erscheinen des Enthüllungsbuches „Freunde im Edelweiß“ hatten die Tageszeitung „Dolomiten“ und die Wochenzeitung „ff“ in stampfendem Gleichschritt über einen „Skandal“ berichtet, der am Ende keiner war: den SVP-„Spendenskandal“.

Auf der Grundlage einer (unvollständigen) Liste, in der bezeichnenderweise die Namen mehrerer bekannter Lauben-Granden fehlten, konstruierten die beiden sich sonst so spinnefeinden Blätter synchron die These, dass Renè Benkos Signa die SVP längst „gekauft“ habe und die Politik in Südtirol bestimmen wolle.

Zwar hat die Realität diese kühne These inzwischen spektakulär widerlegt, weil, erstens, die private Wahlspende von Signas Bozen-Statthalter Heinz Peter Hager mit knapp 36.000 Euro unter der Wahrnehmungsgrenze jedes noch so gierigen SVP-Schatzmeisters gelegen haben dürfte, und weil, zweitens, die Signa-Projekte von der (SVP-)Politik nicht nur nicht beschleunigt bearbeitet wurden, sondern – siehe das Virgl-Projekt – vorläufig sogar vom Tisch sind.

Auch ist inzwischen klar, dass kein einziger Cent aus Signa-Kanälen zur SVP gewandert ist. Und: Heinz Peter Hager spendet nachweislich seit 2003 für die SVP, und es ist nicht bekannt, dass Obmänner wie Siegfried Brugger, Elmar Pichler-Rolle und Richard Theiner die Hager-Spendengelder verschmäht hätten.

Auch Luis Durnwalder ist wegen der Hager-Spenden nie gefragt worden, worin denn die politische Gegenleistung bestanden habe.

Kurios ist, dass genau jene SVP-Kreise die Hager-Wahlspenden als anrüchig darstellen wollten, die – wie sich jetzt herausstellt – selbst fleißig für die Volkspartei gespendet haben. Nicht nur: Es wird immer evidenter, dass es jener Gruppe von Bozner Kaufleuten, die vorgibt, die Stadt Bozen vor dem „Schlawiner“ Renè Benko retten zu wollen, um ganz etwas anderes geht. Nämlich um den Machterhalt – und um knallharte Eigeninteressen.

Doch der Reihe nach.

Es war die SVP-Obfrau von Bozen Dorf, Paula Aspmair, die nach dem Erscheinen des Buches „Freunde im Edelweiß“ zwar einräumte, es seien Dinge ans Tageslicht befördert worden, „die nicht unseren Vorstellungen als Partei entsprechen“. Der eigentliche Skandal, so die SVP-Ortsobfrau, sei aber nicht die SAD-Geschichte, sondern der Umstand, dass mit Heinz Peter Hager „der Vertreter des Unternehmens mit den derzeit wohl größten ökonomischen Interessen im Land, der Signa“ beim Spendensammeln für die SVP mitgemischt und damit sogar Einblick in SVP-Interna hatte.

Was Paula Aspmair nicht sagte: Genau das, was die SVP-Ortsobfrau der Signa vorwirft, haben Aspmairs Ehemann, Thomas Rizzolli, und andere SVP-Kaufleute auch gemacht: Sie haben der SVP Geld gespendet, bestimmt ohne Hintergedanken.

So geht aus einer Liste über die SVP-Parteispenden im Jahr 2020, die der TAGESZEITUNG vorliegt, hervor, dass die F. Rizzolli KG des Thomas Rizzolli der SVP im Vorfeld der Gemeinderatswahlen in Bozen eine Wahlspende von 5.000 Euro überwiesen hat.

Eine Einzelspende von 5.000 Euro – das ist für einen Gemeindewahlkampf ein schöner Batzen Geld.

Unter den SVP-Spendern scheint auch die Oberalp AG der Familie Oberrauch auf. Die Oberalp AG hat 3.000 Euro in die SVP-Kassa bezahlt.

Auch Selectra-Chef Arthur Pernthaler und dessen Tochter (und SVP-Jungpolitikerin) Jessika haben jeweils 3.000 Euro an die arme SVP abgeliefert.

Weniger spendabel waren Maximin Liebl von der Madonna-Apotheke, der dem Bozner SVP-Wirtschaftsausschuss vorsteht, und der Lauben-Kaufmann Andreas Eccel, die im Jahr 2000 jeweils 500 Euro in die SVP-Kasse gezahlt haben.

500 Euro hat übrigens auch Andreas Widmann, der Anwalt und Bruder des gestürzten Gesundheits-Landesrates Thomas Widmann, an die SVP gespendet.

Heinz Peter Hager

Mit anderen Worten: Wenn ein Heinz Peter Hager an die SVP spendet, dann ist dies für bestimmte Medien und für gewisse Kreise innerhalb der Volkspartei ein Skandal oder zumindest verdächtig und anrüchig, wenn die Bozner Kaufleute der stets klammen Volkspartei Geld überweisen, ist das ganz normal, anständig und eine edle Geste.

Übrigens: Im Jahr 2020 haben auch große Betriebe wie die Technicon AG (Durst, Alupress) oder die Dr. Schär AG der SVP respektive 10.000 bzw. 20.000 Euro gespendet, ohne dass man diesen Betrieben unterstellt hätte, sie wollten sich mit ihren Zuwendungen die Gunst der SVP oder politische Gefälligkeiten erkaufen.

In Sachen Wahlspenden für die SVP wird also mit zweierlei Maß gemessen. Dabei ist das Spiel, dass die Strategen der Spannung innerhalb der SVP spielen, leicht zu durchschauen. Und es ist auch klar, wer die Strippenzieher hinter dieser Kampagne sind.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass 2018 nur der damalige SVP-Wahlkampfleiter Thomas Widmann die (vollständige) Liste der Spender hatte. Dass zwei ausgewählten Medien wenige Tage vor dem Erscheinen des Enthüllungsbuches „Freunde im Edelweiß“ eine Liste – noch dazu eine unvollständige und damit eine manipulierte Aufstellung – zugespielt worden ist, belegt, dass damit kein politisches Reinemachen, sondern ein Ablenkungsmanöver vom SAD-Skandal beabsichtigt war.

Was die Freunde im Edelweiß, die dieses Störmanöver entwickelt haben, allerdings nicht bedacht haben: Viele SVP-Spender – die meisten sind anständige Unternehmer und Geschäftsleute – haben es überhaupt nicht goutiert, dass ihre Namen in Wanted-Manier veröffentlicht wurden. „Durch die Kriminalisierung der Wahlkampfspenden wird sich die SVP im Hinblick auf den Wahlkampf 2023 schwertun, Gelder zu sammeln“, prophezeit ein hoher Funktionär in der Brennerstraße.

Und ein ehemaliger SVP- Landesrat wird im Hintergrundgespräch noch deutlicher: „Nur ein Trottel kann glauben, dass man von der Politik mit einer Spende von ein paar 10.000 Euro einen Gefallen oder eine Sonderbehandlung bekommt.“

Zurück zur Gruppe der politisch hyperaktiven Lauben-Könige:

Thomas Rizzolli & Co. belassen es nicht nur beim Spenden, sondern die Lauben-Könige haben in den vergangenen Monaten alles versucht, die Kräfteverhältnisse in der Bozner SVP zu ihren Gunsten zu verschieben.

Tatsächlich ist es dieser Gruppe nach dem Sturz von Christoph Perathoner – auch er ist wie Thomas Widmann über den „Freunde im Edelweiß“-Skandal gestolpert – gelungen, neuralgische Positionen in der Bozner SVP zu besetzen.

So ist die Ortsgruppe Bozen Dorf nun mit Paula Aspmair als Ortsobfrau und ihrem Schwiegervater Helmut Rizzolli als Delegierten im SVP-Koordinierungsausschuss fest in der Hand der Familie Rizzolli.

In der Ortsgruppe Bozen Zentrum „regiert“ Gerhard Benedikter, der ebenfalls zum Rizzolli-Lager gehört. In der Ortsgruppe Zwölfmalgrein ist Sylvia Hofer Obfrau, sie ist sehr eng mit der Familie Rizzolli verbunden und bei dieser in Wohnungsmiete. Der Frauenausschuss, der Jugendausschuss und der Wirtschaftsausschuss werden mit Angelika Huber (sie ist die Koordinatorin des Vereins BZHeartBeat), Jessika Pernthaler und Maximin Liebl ebenfalls von Exponenten aus dem Rizzolli-Lager geleitet.

Es ist legitim, dass sich die Lauben-Könige politisch engagieren und ihre Interessen wahrnehmen. Aber ein hochrangiges Mitglied im SVP-Koordinierungsausschuss Bozen vermutet: „Der Gruppe Rizzolli geht es nicht um die Rettung der Stadt vor Renè Benko, sondern einzig und allein um den Erhalt der Macht und der Privilegien.“

Was die Lauben-Könige konkret darunter verstehen, sich für das Allgemeinwohl einzusetzen, zeigt eindrucksvoll die Story über eine wundersame Geldvermehrung mit einer Tiefgarage, die Sie morgen auf TAGESZEITUNG Online lesen können.

 

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