Die Gendermedizin
Eine Delegation aus Kärnten ist zu einem grenzüberschreitenden Austausch über die Entwicklungen der geschlechtsspezifischen Medizin nach Bozen gekommen.
Immer mehr wissenschaftliche Erkenntnisse belegen die Notwendigkeit eines geschlechtersensiblen Ansatzes in der Medizin. Männer und Frauen sind unterschiedlich anfällig für bestimmte Krankheiten. Auch kann ein und dasselbe Krankheitsbild je nach Geschlecht unterschiedliche Symptome hervorrufen, etwa ein Herzinfarkt. Hinter dem Begriff Gendermedizin steht somit das Ziel, die bestgeeigneten Methoden zur Diagnose und Behandlung von Krankheiten je nach Geschlecht zur Anwendung zu bringen.
Auch in Südtirol befasst sich eine Arbeitsgruppe seit rund 15 Jahren mit dem Thema, und in Kärnten hat man ein Konzept für eine „Modellregion Gendermedizin Kärnten“ entwickelt. Nun hat sich eine Delegation mit Landtagsabgeordneten aus Kärnten, darunter Landeshauptmann-Stellvertreterin Beate Prettner, mit den Gendermedizin-Verantwortlichen in Südtirol ausgetauscht. An dem Treffen beteiligten sich unter anderem auch Landeshauptmann Arno Kompatscher, die Gleichstellungsrätin Michela Morandini, die Präsidentin des Beirates für Chancengleichheit, Ulrike Oberhammer, Vertretende des Südtiroler Sanitätsbetriebes sowie der Landesfachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana.
In seinen Grußworten betonte Landeshauptmann Kompatscher die Wichtigkeit des grenzüberschreitenden Austausches: „In diesem Bereich ist vieles noch in der Entwicklung. Es braucht Forschung, Weiterbildung des Personals, aber auch die Information und Sensibilisierung der Bevölkerung. Daher ist es besonders wertvoll, wenn man auf die Erfahrungen unterschiedlicher Realitäten aufbauen kann.“
Seit 2007 koordiniert das Landesamt für Gesundheitsordnung verschiedene Initiativen zum Thema Genderhealth, darunter Symposien und Informationskampagnen. 2016 wurde eine Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern des Sanitätsbetriebes, der Claudiana, des Landesbeirates für Chancengleichheit und des Frauenbüros gegründet. „Frauen und Männer unterscheiden sich nicht nur biologisch voneinander, sie sind auch unterschiedlichen psychosozialen Belastungen ausgesetzt. Daraus folgen andere gesundheitliche Bedürfnisse“, betonte Veronika Rabensteiner, Direktorin des Amtes für Gesundheitsordnung. Für eine bestmögliche Gesundheitsversorgung sei es wichtig, das komplexe Zusammenspiel von Umwelt, Biologie und psychosozialen Faktoren zu erforschen und in der alltäglichen Praxis als Wissenshintergrund zu integrieren.
Irene Unterhofer, Verantwortliche für Gendermedizin auf Landesebene, gab einen Überblick über den gesetzlichen Rahmen für die Umsetzung der Gendermedizin in Italien. 2018 wurde auf Staatsebene ein Gesetz eingeführt, das 2019 zu einem „Umsetzungsplan zur Anwendung und Verbreitung der Gendermedizin“ und zur Einführung der nationalen „Beobachtungsstelle für Gendermedizin“ geführt hat. Im Unterschied zu Kärnten, wo man vor allem auf Aufklärung, Aus- und Weiterbildung des Personals und Betreuungspfade setzt, ist die Förderung der Forschung in Sachen Gendermedizin eine weitere Säule des Umsetzungsplans in Italien. Zu diesem Punkt referierte Michael Mian, Leiter des Dienstes für Innovation, Forschung und Lehre des Südtiroler Sanitätsbetriebes.
Großes Interesse zeigte die Kärntner Delegation an der gesetzlichen Verankerung der Gendermedizin in Italien, die es in dieser Form in Österreich derzeit nicht gibt. Der Austausch über die jeweiligen Initiativen, Erkenntnisse und Herausforderungen soll auch in Zukunft weitergeführt werden.
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