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Reich unter Armen

Jannik Sinner (Foto: FIT/Crocs)

Jannik Sinner hat mit dem US-Sportartikelhersteller Nike einen 150-Millionen-Vertrag abgeschlossen. Doch Fakt ist: Die übergroße Mehrheit der Tennisprofis nagt am Hungertuch.

von Artur Oberhofer

Die internationalen Gazzetten übertrumpften sich gegenseitig mit Adjektiven und prickelnden Headlines: Von einem „contratto faraonico“ war ebenso die Rede wie von einer „Millionen-Hochzeit“. Die „Gazzetta dello Sport“ sieht bei Jannik Sinner sogar Parallelen zur Basketball-Legende Michael Jordan.

Der Grund: So wie im fernen Jahr 1984, als der US-Sportartikelhersteller Nike den damaligen Jungstar Michael Jorand mit einem 5-Jahres-Vertrag über sagenhafte 2,5 Millionen Dollar längerfristig an sich band, setzt das Unternehmen nun auch voll auf Sinner.

Der erst 20-jährige Sextner hat mit Nike einen 10-Jahres-Vertrag unterzeichnet, der Sinner eine Gage von mindestens 150 Millionen Euro garantiert. Das sind 15 Millionen Euro pro Jahr.

Damit rückt der Südtiroler Tennisprofi bereits im zarten Alter von knapp 21 Jahren in den elitären Kreis der zehn bestverdienenden Tennisspieler der Welt auf.

Zum Vergleich: Novak Djokovic‘ Jahreseinkommen wird auf knapp 28 Millionen Euro geschätzt.

Jannik Sinner (Foto: FB/Sinner)

Zu den 15 Millionen Euro, die Jannik Sinner künftig von Nike alljährlich überwiesen bekommt, kommen noch rund fünf Millionen Euro dazu, die der Jungstar von anderen persönlichen und potenten Sponsoren wie Fastweb, Head, Rolex, Lavazza, Alfa Romeo, Parmigiano Reggiano, Gucci, Intesa San Paolo und Panini pro Jahr kassiert.

Und zu den 20 Millionen Euro, die Sinner von seinen Werbepartnern bekommt, kommen noch die Preisgelder dazu. In seiner erst kurzen Karriere hat der sympathische Rotschopf aus dem Hochpustertal bereits über 5 Millionen Dollar an Preisgeldern „eingespielt“.

Allein im laufenden Jahr 2022 waren es 1.386.455 Dollar.

Die Tatsache, dass der US-Multi Nike langfristig auf Jannik Sinner setzt, zeigt auf, welches Potential in der Marke „Sinner“ steckt. Der Vergleich zu Michael Jordan mag (noch) hinken. Im Fall des Basketball-Superstars produzierte Nike eine eigene Sneaker-Linie. Im Jahr 1984 kam der Air Jordan I auf den Markt. Der rot-schwarze Schuh sorgte für Aufregung, weil die Farben nicht den Uniform-Vorschriften der NBA entsprachen. Sie waren zu wenig weiß.

Michael Jordan musste 5.000 Dollar Strafe pro Spiel zahlen, Nike übernahm die Strafe gern – und bedankte sich für die Publicity. Experten sind sich einig, dass Nike ohne die Verpflichtung von Jordan vielleicht nie der größte Sportartikelhersteller der Welt geworden wäre.

Kurios: Michael Jordans Manager enthüllte später, dass sein Schützling den Vertrag mit Nike nur zögerlich unterschrieben habe, denn Jordan hätten die Nike-Schuhe überhaupt nicht gefallen.

Heribert Mayr mit Jannik Sinner

Weil aber Konkurrent Adidas nicht anbiss und Jordans Management abblitzen ließ, unterschrieb der Basketball-Star bei Nike – und wurde zu einer echten Marke.

Michael Jordans Vermögen wird von Forbes inzwischen auf 1,61 Milliarden Dollar geschätzt.

Und Nike erzielte mit dem Kult-Schuh Air Jordan allein zwischen 1986 und 1998 einen Erlös von 2,3 Milliarden Dollar.

2009 gelang es Nike erstmals, mit der eigenen Marke „Jordan Brand“ die 1-Milliarde-Umsatzhürde zu knacken.

Der 10-Jahres-Vertrag, mit den Nike den Südtiroler Tennisstar Jannik Sinner ausgestattet hat, ist also eine klare Botschaft: Der US-Sportartikelhersteller rechnet fest damit, dass dem jungen Sextner – gemeinsam mit dem spanischen Jungstar Carlo Alcaraz, der ebenfalls von Nike gesponsert wird – die Zukunft im Welttennis gehört. Diese Zukunft will Nike über diese millionenschweren Sponsorings mitgestalten – und an ihnen natürlich auch kräftig mitverdienen.

Doch die Mega-Summen, die jetzt in Zusammenhang mit dem Super-Deal zwischen Jannik Sinner und Nike genannt und kolportiert werden, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nur ganz wenige Tennisspieler in den Olymp der Sport-Millionäre schaffen.

So haben Fachmagazine errechnet, dass es bislang nur 634 männliche Tennisspieler weltweit gibt, die in ihrer gesamten Karriere über eine Million Dollar an Preisgeldern eingestrichen haben. Und von diesen 634 Tennis-„Millionären“ haben nur 167 männliche Spieler über fünf Millionen Dollar verdient.

Zu diesen 167 Profis gehört auch der Kalterer Andreas Seppi, der inzwischen auf Rang 137 der Weltrangliste abgerutscht ist, der aber in seiner langen Karriere knapp 11,7 Millionen Dollar verdient hat. Seppis beste ATP-Platzierung war Rang 18 im Jänner 2013.

Experten gehen davon aus, dass Seppi – nach Abzug von Steuern und „Betriebskosten“ – ein Drittel des Betrages übriggeblieben sein dürfte. Auch Seppi hatte private Sponsoren, allerdings standen die Verträge in keinem Verhältnis mit den Kontrakten, die Jannik Sinner hat.

Andreas Seppi (Foto: Fit)

Im Unterschied zu Fußballprofis haben die Tennisspieler viel höhere Auslagen.

Auch dazu gibt es konkrete Daten: So haben Experten errechnet, dass nur jene Tennisspieler, die in der Weltrangliste unter den Top 350 liegen, kostendeckend „arbeiten“ können. Auch deswegen gibt es nur 634 männliche Tenniscracks, die im Verlauf ihrer Karriere über eine Million Dollar verdient haben, aber es gibt derzeit 939 Fußballprofis weltweit, die über eine Million Dollar verdienen. In einer Saison!

Die Auslagen der Tennisprofis sind hoch: Ein Profi gibt pro Jahr für Reisen (bis zu 80.000 Dollar), Unterkunft und Verpflegung (bis zu 25.000 Dollar) und für das Training (25.000 Dollar) rund 120.000 Dollar aus. Diese Kosten verdoppeln oder verdreifachen sich sogar, wenn die Profi von einem Trainer, einem Physiotherapeuten und einem Mental Coach zu den Turnieren begleitet werden.

Unterkunft und Verpflegung für die Spielern zahlen in der Regel die Veranstalter, für den Rest des Trosses blecht der Spieler selbst.

Für einen Trainer sind mindestens 30.000 Dollar pro Jahr fällig.

Der Druck auf die Profis ist enorm, denn nur die Top 104 der Welt dürfen ohne Quali bei den vier größten Turnieren antreten. Diese Spieler haben aufgrund ihres Rankings automatisch das Anrecht auf einen Teil des Prämien-Kuchens. Beim letzten Turnier in Paris lag das „Startgeld“ bei 46.000 Euro.

Jannik Sinner (Archivbild)

Doch nicht nur das Profi-Leben kostet viel Geld. Hinzu kommt, dass ein Spieler, der es unter die Top 350 der Welt geschafft hat, in der Regel bereits viel Geld „verbrannt“ hat. Denn um überhaupt eine Chance auf eine Profi-Karriere zu haben, müssen die Eltern oder die Förderer von Nachwuchsspielern hohe Summen investieren und stemmen. Geht man davon aus, dass ein Talent im Alter von fünf Jahren mit dem Tennisspielen beginnt, so sind bis zum 18. Lebensjahr für Ausrüstung, Ausbildung und Reisen mindestens 300.000 Euro fällig.

Und auch wenn es ein Spieler dann nahe an die Top-100 schafft, dann zählt er noch keineswegs zu den Großverdienern.

Ein konkretes Rechenbeispiel: Der deutschen Tennisprofi Yannik Maden lag in der ATP-Rangliste zwischen Rang 120 und Rang 150. Im Jahr 2018 verdient er 233.000 Dollar an Preisgeldern. Von der Steuer bereinigt waren es 186.000 Dollar. Wenn er wenig für Reisen, Ausrüstung und Trainerstab ausgegeben hat, waren es in jenem Jahr 140.000 Euro.

Sprich: Die Nr. 126 der Welt hat 2018 gerade mal 46.000 Dollar verdient.

Auch Jannik Sinner und dessen Eltern hatten schlechtere Zeiten.

Vor fünf Jahren klopfte ein Sinner-Berater beim Land an, um vorzufühlen, ob das Land das Nachwuchstalent aus Sexten über die Dachmarke Südtirol fördern könnte.

Die Rede war damals, als Sinner noch bei Riccardo Piatti in der (teuren) Ausbildung war, von 50.000 Euro.

Doch das Land sagte Nein. Genauso wie später die Energiegesellschaft Alperia.

Jannik Sinner und LH Kompatscher

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (18)

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  • leser

    Das sind doch schöne geschichten
    TZ
    jeder kann es probieren und man muss schon gar kei e neidberichte aufsetzen

  • hallihallo

    zum letzten absatz: es hieß immer, daß Piatti Sinner kostenlos aufgenommen hatte und dafür einen prozentsatz seiner zukünftigen einkünfte erhält.
    ob das stimmt oder eine märchen war werden wir wohl nicht erfahren.

  • prof

    Bei Sinner wird es so sein wie es bei Seppi gewesen ist.
    Den Aufstieg Seppis zum Tennis-Profi haben einige Kalterer unterstützt und mit Finanziert diese haben dann für eine gewisse Zeit bei Seppis Honorare mitkassiert.

    • leser

      Prof fūr euch alles wichtog ist
      Aber den verzicht auf freizeit und die stu den am platz hat er schon gemacht oder?
      Nach meiner erfahru g macht niemand etwas umsonst
      Leite gönnt ihm den erfog
      Ihr hättet es auch machen können

  • gabriel

    Sehr geehrtes Team,

    ich möchte die gesamte Historie der Südtiroler Tennisprofis erst gar nicht kommentieren. Wir sollten froh sein, dass wir Sie haben!

    Aber der Satz am Anfang des Artikels in Fett gedruckt: „Doch Fakt ist: Die übergroße Mehrheit der Tennisprofis nagt am Hungertuch “ stößt mir auf. Ich weiß nicht ob das so korrekt ist !

    Ich möchte nur kurz ein zwei Sätze aus Wikipedia vom Dominik Thiem rausnehmen:

    Im Zuge der Diskussion um finanzielle Unterstützung schlecht platzierter Tennisspieler aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie nahm Thiem eine ablehnende Haltung ein und erklärte: „Ich würde nicht einsehen, warum ich solchen Leuten Geld schenken sollte. Ich spende lieber an Leute oder Institutionen, die es wirklich brauchen.“ Weiter erklärte er: „Keiner von uns Top-Leuten hat das geschenkt bekommen. Wir mussten uns alle hochkämpfen. Ich habe in keinem Beruf die Garantie, irgendwann einmal richtig viel Geld damit zu verdienen. Es kämpft kein Tennisspieler, auch nicht die, die weiter unten stehen, ums Überleben. Es muss keiner verhungern.“

    Beste Grüße
    Gabriel

  • andreas1234567

    Hallo nach Südtirol,

    Warum erhöht man nicht die Kurtaxe in Südtirol und kauft von den Geldern Milch, Speck, Obst, Käse bei den örtlichen Bauern damit die Tennisprofis nicht hungern müssen?

    Die Mitleidsrechnung hat übrigens eine große Lücke..
    Die meisten Tennisprofis kommen noch irgendwo als “ Tennislehrer” unter, in Clubs oder Fuenfsternebuden..
    Das sichert dann den Lebensunterhalt durch das geliebte Hobby für den Rest des Lebens..
    Und lockt Gäste in die Luxushotels welche wieder Kurtaxe zahlen.Ein Wohlstandskarussell!

    Gruß nach Suedtirol

  • olle3xgscheid

    Iaz jammer schun die Tennisprofis, obr erschtr sein amol die Bauern, Hotelliere , Lehrer, Pflegekräfte usw.
    drun 😉

  • exodus

    @andi182 Bezüglich Steuergelder, bei Sinnen bestimmt nicht, ist er doch nach Monaco geflüchtet, um sich die Steuern in Italien (Südtirol) zu ersparen.

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