„Ein falsches Denken“
Neben den Touristikern kommt auch vom Handelsverband hds ein striktes Nein zu einem Ortstaxen-Euro für die Berglandwirtschaft.
von Heinrich Schwarz
Franz Locher sorgt mit seinem Vorschlag für eine Polemik innerhalb der Wirtschaftsverbände. Der SVP-Landtagsabgeordnete und Bauernvertreter hat in diesen Tagen seine Forderung bekräftigt, einen „Tourismus-Euro“ für die Berglandwirtschaft einzuführen.
Konkret soll die von den Touristen bezahlte Ortstaxe um einen Euro erhöht werden. Dieses Geld soll für die Bergbauern als Entgelt für deren Landschaftspflege zweckgebunden werden. Das sei eine schnelle und einfache Lösung, um einen Beitrag zum Erhalt der Berglandwirtschaft zu leisten, meint Franz Locher.
Der Tourismus-Euro für die Bauern habe seine Berechtigung, weil die landschaftliche Einzigartigkeit Südtirols der Hauptanziehungspunkt für die Touristen sei. Ein Euro pro Gast am Tag sei nicht viel und belaste weder die heimische Wirtschaft noch die Tourismustreibenden, so der Sarner Politiker.
Von den Touristikern ist aber bereits scharfe Kritik am Vorschlag Lochers gekommen. „Es ist für uns in keinster Weise nachvollziehbar, dass der Tourismus über eine Steuer einen anderen Sektor unterstützen soll“, sagte Manfred Pinzger, Präsident des Hoteliers- und Gastwirteverbandes (HGV). Die schwierige Lage der Bergbauern sei ein kollektives, gesellschaftliches Problem und dürfe nicht nur auf den Tourismus abgewälzt werden.
Dasselbe ist vom SVP-Tourismusvertreter und Landtagsabgeordneten Helmut Tauber zu hören.
Jetzt meldet sich zur Debatte auch der Handelssektor zu Wort. Philipp Moser, Präsident des Handels- und Dienstleistungsverbandes (hds), meint: „Steuern werden von der Politik für die Allgemeinheit eingehoben und dann wieder verteilt. Wenn wir aber damit beginnen, Steuern zweckbestimmt in einem Sektor einzuheben, um damit andere Bereiche zu finanzieren, dann fallen mir in Südtirol tausende verschiedene Quervernetzungen ein. Denn wir sind alle voneinander abhängig.“
Moser sagt, der Handel etwa könne einen Tourismus-Euro für die Leistungen in der Stadt- und Ortsentwicklung verlangen. Oder die Gemeinden für den Erhalt der Straßen und die Müllentsorgung.
„Das kann es aber nicht sein. Das ist ein von Grund auf falsches Denken“, betont Philipp Moser. Man könne nicht Gelder von einem Sektor holen und zu einem anderen hinschieben.
„Es muss dabei bleiben, dass die Politik Steuern einhebt, die in einen Topf gehen und anschließend nach bestem Wissen und Gewissen verteilt werden“, fordert der hds-Präsident.
Wie soll also die Berglandwirtschaft langfristig erhalten werden?
„Nicht mit einer direkten Verknüpfung mit einem anderen Sektor“, bekräftigt Philipp Moser seinen Grundsatz. Stattdessen müssten Fachleute die Geldmittel aus dem Steuertopf je nach Bedarf und nach fundierter Analyse zuweisen. So habe er nichts gegen die vor wenigen Wochen genehmigte 15-Millionen-Euro-Soforthilfe für die Milchbauern, sagt Moser.
„Aber so wie Franz Locher darf man nicht denken, denn damit würde das ganze Konzept auf den Kopf gestellt. Es bräuchte keine Politik mehr, wenn sich jeder Steuergelder von jemand anderem holt“, erklärt der hds-Chef.
Kommentare (34)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.