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„Ich habe einen Plan“

Arno Kompatscher schwebt in Sachen Neubesetzung des Gesundheits-Ressorts eine nachhaltige Personallösung vor: Der LH will sich eine Koryphäe mit ins Boot holen, die auch bei den Wahlen 2023 auf der SVP-Liste antritt. Die Hintergründe.

von Artur Oberhofer

Noch vor wenigen Tagen hatte er Thomas Widmann als seinen „großen Lehrmeister in jeder Hinsicht“ bezeichnet.

Doch auch das Berufsleben nach Widmann und mit dem neuen Gesundheits-Landesrat Arno Kompatscher ist für Florian Zerzer noch lebenswert. „Es gibt keine radikale Änderung, wir haben auch mit dem LH unser wöchentliches Briefing, so wie wir es unter Landesrat Widmann hatten“, bekennt der Generaldirektor des Sanitätsbetriebes. So auch am vergangenen Donnerstag, als Arno Kompatscher mit der Sabes-Spitze, Ressortdirektor Günther Burger und Spitzenvertretern des Rettungswesens über drei Stunden lang konferiert hat. „Die Arbeit im Gesundheitswesen geht ganz normal weiter“, sagt Zerzer.

Es war wieder einmal die Opposition, die in verdächtiger Eintracht eine Lüge so oft wiederholt hat, bis sie zur vermuteten Wahrheit wurde. Nämlich: Nach dem erzwungenen Abgang von Landesrat Thomas Widmann riefen Gelbe, Blaue, Grüne und Weiß-Rote den Notstand im Gesundheits-Ressort aus. Ganz nach dem Motto: Hilfe, wie kann es ohne Thommy weitergehen!?

Es wurde vonseiten der Opposition außerdem suggeriert, ein LH könne ein Super-Ressort wie jenes der Sanität nicht so nebenbei leiten – auch nicht für wenige Wochen. Wobei man sich – je nach politischer Couleur – nicht ganz einig war, ob das große Problem nun darin besteht, dass Kompatscher zu viel Geld verwaltet (als Finanz-Landesrat bestimmt er so oder so über das gesamte Budget), oder ob der Aufschrei von Mitleid getragen ist, weil der arme LH so viel Mehrarbeit nicht derpackt.

Der Aufschrei der Opposition ist auch deswegen unglaubwürdig und kafkaesk, weil es bezeichnenderweise Köllensperger, Mair, Foppa & Co. immer waren, die den leidenschaftlichen Motocrosser und Skifahrer Thomas Widmann stets als den sitzungsfaulsten, unnahbarsten und inhaltlich nicht immer sattelfesten Regierungsvertreter gebrandmarkt hatten.

Als Widmann in die Grube fiel, der er selbst gegraben hatte, war „der Thommy“ für die Opposition plötzlich der beste Hengst im SVP-Stall.

Was die Opposition ebenfalls nicht gesagt hat: Nach jeder Landtagswahl dauert es Monate, ja sogar ein halbes Jahr, bis ein neuer politischer Ressortchef das Ruder effektiv übernimmt und sich einarbeitet, ohne dass es deswegen zu einem Stillstand kommen würde. Der Südtiroler Sanitätsbereich ist – im Unterschied zu anderen wichtigen Ressorts – mit der landeseigenen Hilfskörperschaft Sabes und der eigenen Abteilung beim Land so strukturiert, dass er operativ eigenständig funktioniert.

Das sagt auch Sabes-„General“ Florian Zerzer: „Der Sanitätsbetrieb ist eine Hilfskörperschaft des Landes und als solche ein eigenständiges Rechtssubjekt mit einer betrieblichen und finanziellen Eigenständigkeit, ich bin der rechtliche Vertreter dieses Betriebes, der dafür sorgt, dass die Operativität gewährleistet bleibt.“

Übersetzt aus dem Bürokraten-Deutsch heißt das: Der Sanitätsbetrieb schmeißt den Laden, und falls es brennt, gibt es den politischen Chef.

Florian Zerzer und Thomas Widmann

Den angeblichen Notstand, den die Opposition der Öffentlichkeit vertickern möchte, gibt es folglich nicht. Es braucht keinen Landesrat, der von früh bis spät und von Montag bis Samstag im Büro sitzt und erreichbar sein muss. Der Landesrat gibt „nur“ die politischen Leitlinien vor. Genau das macht der interimistische Landesrat Arno Kompatscher.

Der LH selbst sagt gegenüber der TAGESZEITUNG: „Die Leute wissen, wo sie mich finden, sie brauchen pro Woche fünf bis sechs Entscheidungen von mir, und die bekommen sie, und die Termine, bei denen es den Politiker, also den politisch Verantwortlichen braucht, nehme ich war.“

Als Chef der Landesregierung sei er obendrein über die Projekte, die Thomas Widmann vorbereitet hat, informiert.

Auch sagt Kompatscher: „Die Kontakte zum Gesundheitsminister habe bereits in der Vergangenheit ich selbst gehalten und nicht der Landesrat.“ Also sei die interimistische Lösung „kein Drama“.

Das Spiel der Opposition ist gleichwohl durchsichtig wie gefährlich: Der bunte Haufen, der im Zuge Skandal-„Aufarbeitung“ zu einer toxischen Allianz zusammengewachsen ist, sieht nicht im „Freunde im Edelweiß“-Skandal und im aufgedeckten Sittenbild das Problem, sondern darin, dass Arno Kompatscher am Ende als der große moralische Sieger dastehen und als solcher in den Wahlkampf 2023 ziehen könnte. Und zeigt Arno Kompatscher jetzt, dass er auch noch Gesundheits-Landesrat kann, dann wäre das für die Opposition eine Schmach.

Das eigentliche Problem der Opposition ist, dass sie in einem historischen Moment, in dem die Volkspartei in ihren Grundfesten erschüttert wurde und das Sammelpartei-Modell sich als Kartenhaus entpuppt hat, nicht nur kein glaubwürdiges, cooles, alternatives Projekt anzubieten hat, sondern dass sie wirklich alles tut, um selbst eine schlechtere SVP zu werden.

Das große Glück der SVP ist also die Schwäche der Opposition.

Paul Köllensperger

Dabei ist die Entscheidung, wer bis zu den Landtagswahlen 2023 das Gesundheits-Ressort verwaltet, noch nicht gefallen.

LH Arno Kompatscher lässt sich nicht in die Karten blicken. Er sagt auf Anfrage lediglich: „Ich habe einen Plan A und einen Plan B, doch bevor ich darüber öffentlich spreche, rede ich mit dem Obmann meiner Partei und mit meiner Fraktion.“

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Berufung einer Koryphäe von außen die Lieblingslösung des Landeshauptmannes wäre. Wobei Arno Kompatscher – das sagte er zuletzt im engsten Kreis – eine Lösung möchte, die über das Jahr 2023 hinausgehen sollte. Sprich: Der externe Landesrat sollte dann auch bei den Wahlen 2023 antreten. Auf der Liste der Volkspartei.

Über die möglichen Namen dieser Koryphäe, die nach Vorstellung des Landeshauptmannes eine Exzellenz sein sollte, zu der die Opposition nur sehr schlecht Nein sagen könnte, wird viel spekuliert.

Es gibt die in der SVP, die sagen, Arno Kompatscher wolle den ehemaligen Neonatologie-Primar Hubert Messner von außen in die Landesregierung berufen und ihn zu einer Kandidatur bei den Wahlen 2023 bewegen. Messner sagte vor wenigen Tagen auf Anfrage: „Ich bin von niemandem kontaktiert worden.“

Weitere Namen von möglichen Kandidaten sind der Immunologe Bernd Gänsbacher, der bereits SVP-Kandidat bei den Landtagswahlen 2018 war und der sicher Ja sagen würde. Das wäre eine Südtiroler Lauterbach-Lösung (mit vielen Risiken, weil der Sarner Professor mehr Diva als Teamplayer ist und als nicht sehr pflegeleicht gilt).

Einer anderer Name, der zirkuliert, ist jener des renommierten Transplantationschirurgen Alfred Königsrainer, den es nach einer brillanten Karriere wieder Richtung Heimat zieht.

Arno Kompatscher möchte also eine High-Level-Lösung mit einem parteipolitisch unabhängigen, allseits anerkannten Fachmann (oder einer Fachfrau).

Messner, Gänsbacher und Königsrainer: Das wären effektiv drei Namen, bei denen die Opposition – deren Stimmen es für die Berufung eines externen Landesrates braucht – nur mehr aus Trotz Nein sagen könnte.

Dennoch bleibt ein Mitglied der SVP-Fraktion, das in diesem Kontext nicht namentlich genannt werden möchte, skeptisch: „Ich glaube, Kompatscher kann auch einen Nobelpreisträger bringen, dann sagen die Ulli Mair und der Paul Köllensperger immer noch: ,Nicht mit uns! Wir wollen den Ploner Franz.‘“

Im Falle eines Njet von den Oppositionsbänken könnte Arno Kompatscher seinen Plan B spielen und genau den Experten, den die Opposition nicht als von außen berufenen Landesrat will, zum Super-Berater ernennen.

Bernd Gänsbacher

Das unwahrscheinlichste Szenario ist, dass Arno Kompatscher das Assessorat ohne einen externen Landesrat bzw. Super-Experten selbst weiterführt.

Wenn der Landeshauptmann sich eine absolute Vertrauensperson ins Gesundheits-Ressort holt, dann wird es eine nachhaltige Personalie sein. Sprich: Der Super-Berater oder die Super-Beraterin wird dann wohl auch dem Kernteam angehören, mit dem Arno Kompatscher 2023 in den Landtagswahlkampf geht. „Das Signal sollte nicht jenes einer Nullachtfuffzehn-Lösung bis zum Legislatur-Ende sein“, heißt es aus Kompatschers Umfeld.

Sicher ist, dass Arno Kompatscher keinen Schritt setzen wird, der nicht von SVP-Obmann Philipp Achammer und folglich von der SVP-Fraktion im Landtag mitgetragen wird.

Und sicher ist außerdem:

Die Personalie Gesundheits-Landesrat ist – so gesehen – ein erster Testlauf für Arno Kompatscher und Philipp Achammer im Hinblick auf das „Projekt 2023“, mit dem die beiden starken Männer der Südtiroler Volkspartei in den Landtagswahlkampf ziehen werden.

So, wie es derzeit aussieht, gemeinsam.

 

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