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Kurnaz gegen Bush

Alexander Scheer als Menschenrechtsanwalt Bernhard Docke und Meltem Kaptam als Rabiye Kurnaz

Mit „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ gelingt Regisseur Dresen ein Spagat, der den Film dramatisch und leicht zugleich macht.

von Renate Mumelter

Filme, in denen es um Politik geht, kommen selten leichtfüßig daher. Das ist bei „Rabiye Kurnaz gegen George Bush“ anders. Andreas Dresen hat keine Angst vor heiklen Themen, und deshalb ist er einer, der das Leichte im Schweren ausgezeichnet kann. Das war schon 2008 bei „Wolke 9“ so, dieser wunderbaren aber traurigen Geschichte über Liebe und Sex im Alter, und das war 2018 beim Spielfilm „Gundermann“ über den DDR-Liedermacher, Baggerfahrer und Dissidenten auch so. 

Murat Kurnaz

Murat Kurnaz ist ein Fall aus dem realen Leben. Der Bremer war zur falschen Zeit am falschen Ort. Kurz nach den Anschlägen auf die Twin Towers 2001war der 19Jährige in Pakistan verhaftet worden. Damals wollte er gerade heimreisen, nachdem er zur Vorbereitung auf seine Hochzeit eine Koranschule besucht hatte. 

Die Pakistaner gaben ihn dann an die US-Behörden weiter, und die brachten ihn nach Guantánamo auf Kuba. Dort erlebte Kurnaz alles, auch Folter, und obwohl seine Unschuld als erwiesen galt, bekam er keinen Prozess, und freigelassen wurde der deutsche Staatsbürger auch nicht. Später zeigte sich, dass die deutsche Regierung hätte handeln können. Nachdem Murats Mutter Rabiye gemeinsam mit dem Menschenrechtsanwalt Bernhard Docke alle Hebel in Bewegung gesetzt hatte, kam Murat 2006 frei. Ohne die beiden würde Murat vielleicht immer noch ohne Prozess einsitzen wie aktuell nach wie vor 200 Menschen.

„Fünf Jahre meines Lebens. Ein Bericht aus Guantánamo“ 

Nach der Freilassung schrieb Murat seine Geschichte auf. Das Buch „Fünf Jahre meines Lebens. Ein Bericht aus Guantánamo“ fiel Regisseur Dresen ihn die Hände, und für ihn stand rasch fest, dass er daraus einen Spielfilm machen wollte. Er holte die erfahrene Drehbuchautorin Laila Stieler ins Boot. Ohne gute Drehbücher seien gute Filme nicht denkbar, betont Dresen. Deshalb habe er sich beim Verleih ausbedungen, dass sein Name nur gemeinsam mit dem von Laila Stieler genannt werden darf. Film sei Teamarbeit. 

Stieler, Kaptam, Scheer

Für Laila Stieler gab es bei der Berlinale dann auch den Drehbuchpreis. Meltem Kaptam wurde als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Sie bildet mit Alexander Scheer das umwerfende Spielteam des Films. Die Moderatorin, Komikerin und Schauspielerin Meltem Kaptam überzeugt als kämpferische Mutter. Ihr Filmpartner Alexander Scheer ist als eher zurückhaltender Menschenrechtsanwalt Bernhard Docke diesem sogar äußerlich verblüffend ähnlich. Scheer erzählt, dass er sich viel beim echten Docke aufhielt, um dessen Verhalten zu studieren.

Die in Deutschland geborene Meltem Kaptam trainierte sich für die Figur der Rabiye einen Akzent an. Als kämpferische Mutter ist Kaptam nicht nur kraftvoll und lustig, sondern auch echt überzeugend. Sie gibt dem Film Tempo. Die echte Rabiye Kurnaz sagt, sie habe sich in der dargestellten Figur wiedergefunden.

Nach dem Kino 

Der Heimweg nach dem Kinobesuch ist bitter beschwingt. Dieses kräftig Leichte bleibt gemeinsam mit der bohrenden Frage, warum Kurnaz so lange bleiben musste. Es gab schwere Vorwürfe an die damalige grün-rote Regierung. Andreas Dresen wünscht sich jedenfalls, dass die Menschen mit dem Gefühl aus dem Kino gehen, dass sie selber etwas bewegen können, so wie Rabiye Kurnaz das im echten Leben gemacht hat. 

Noch zwei Polit-Filme

Prossliners Dokumentarfilm über Leopold Steurer „Heimat – die andere Erzählung“ ist noch diese Woche zu sehen. 

„Nawalny“ von Daniel Roher ist gerade erst angelaufen. Roher möchte mit dieser wahren Geschichte über den Erzfeind Putins dazu beitragen, dass Nawalnys Schicksal nicht vergessen wird. Nawalnys Haftstrafe wurde während des Ukrainekriegs auf neun Jahre Haft verlängert. 

 

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