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Für die Tonne

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Insgesamt 27,5 kg Lebensmittel landen in Südtirol jährlich pro Kopf im Müll – meist, weil zu viel gekauft wurde und die Lebensmittel deswegen verderben. 

von Lisi Lang

Südtirolweit entsorgt jeder Bürger jährlich 27,5 kg Lebensmittel ungenutzt. In einem durchschnittlichen Haushalt in Italien landen aktuell wöchentlich 0,529 kg pro Kopf ungenutzt in der Tonne. „Bei der Herstellung, Verarbeitung und dem Transport von Lebensmitteln werden kostbare Ressourcen wie Wasser, Energie und Land verbraucht. Und es werden Treibhausgase wie CO2 freigesetzt – und das völlig unnötig, wenn die Lebensmittel anschließend weggeworfen werden. Klimaschutz und Erhalt der Artenvielfalt beginnt also auf unseren Tellern“, betont Madeleine Rohrer vom Dachverband für Natur- und Umweltschutz.

Im Jahr 2016 wurde vom WWF der Tag der Lebensmittelverschwendung am 2. Mai ins Leben gerufen, um das kritische Ausmaß und die Folgen des achtlosen Umgangs mit unserer Nahrung aufzuzeigen. Der Termin Anfang Mai ist dabei nicht zufällig gewählt. „Rein rechnerisch betrachtet, werden alle seit Jahresbeginn bis zum 2. Mai hergestellten Lebensmittel für die Mülltonne produziert – so viel verschwenden wir nämlich an Lebensmitteln, ein Drittel des jährlichen Bedarfs“, erklärt die Direktorin des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz.

Lebensmittelabfälle entstehen überall: Bei der Herstellung, in der Landwirtschaft, im Handel, im Supermarkt und in lokalen Geschäften und in Restaurants. „Entlang der gesamten Lebensmittelkette werden Nahrungsmittel entsorgt oder nicht verwendet – das beginnt in der Landwirtschaft, wenn z.B. Kartoffeln nicht aufgesammelt werden, weil sie nicht der vom Handel geforderten Durchschnittsgröße entsprechen“, erklärt Silke Raffeiner, Ernährungsfachfrau der Südtiroler Verbraucherzentrale. Dann habe man Verluste bei der Lagerung, beispielsweise durch Schädlinge oder nicht optimale Lagerbedingungen, später beim Transport oder auch im Handel.

Weitaus am meisten Lebensmittel werden allerdings in privaten Haushalten verschwendet. Weil die Lebensmittel falsch gelagert werden? Weil zu viel oder falsch eingekauft wird? „Die Verbraucherzentrale hat im Jahr 2019 eine kleine Aktion durchgeführt und das Tagebuch der Lebensmittelabfälle eingeführt“, erinnert die Ernährungsfachfrau der VZS. Haushalte wurden damals eingeladen, eine Woche lang detailliert aufzuschreiben, welche Produkte entsorgt werden und warum. „Rund 50 Prozent gaben damals an, die Lebensmittel entsorgen zu müssen, weil sie bereits verdorben waren – wenn man ein bisschen weiterdenkt, bedeutet das aber auch, dass zu viel eingekauft wurde“, erklärt die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale.

Obst und Gemüse sind dabei die Produkte, die am meisten verschwendet werden (rund 1/3 der Lebensmittelabfälle der Haushalte). An zweiter Stelle folgen Speisereste. „Auch unsere Befragung hat gezeigt, dass oft zu viel gekocht wird – die Reste werden dann aber nicht mehr weiterverwendet“, bedauert Silke Raffeiner. Brot und Backwaren werden ebenfalls häufig entsorgt, weil diese nicht mehr frisch sind – „auch hier, weil vermutlich zu viel eingekauft wurde“, sagt Silke Raffeiner.

Die Ernährungsexpertin weiß, dass es oft nicht einfach ist bei den vielen, auch angebrauchten, Lebensmitteln den Überblick im Kühlschrank und im Vorratsschrank zu halten. Deswegen hat die VZS auch mehrere Tipps ausgearbeitet, die dabei helfen sollen, Lebensmittel durch gezieltes Einkaufen und die richtige Lagerung vor der Tonne zu schützen. Auch sollte man sich nicht von Angeboten im Supermarkt zu Einkäufen verleiten lassen, die man vielleicht gar nicht braucht oder rechtzeitig aufbraucht.

Die Wertschätzung für Lebensmittel hat aber insgesamt abgenommen, bedauert Silke Raffeiner. „Ich habe den Eindruck, dass viel Wertschätzung für Lebensmittel in den letzten Jahrzehnten verloren gegangen ist“, erklärt sie. Einerseits sei dafür verantwortlich, dass mittlerweile alles im Überfluss vorhanden ist. Ein weiterer Grund könnte aber auch sein, dass die Konsumausgaben für Lebensmittel in den letzten Jahren im Vergleich zu technischen Geräten, Urlaub oder Kleidung gesunken sind. „Und auch die Tatsache, dass manche Lebensmittel zu billig sind oder teilweise zu Dumpingpreisen angeboten werden, tragen dazu bei, dass die Wertschätzung verloren geht“, sagt Silke Raffeiner.

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