Sportlicher Sonderweg
In Italien werden ab Herbst rund 2.000 ausgebildete Sportlehrer an den Grundschulen unterrichten. Nicht so in Südtirol. Warum man hierzulande einen eigenen Weg geht.
von Lisi Lang
Schon seit vielen Jahren wird in Südtirol aber auch auf nationaler Ebene über die Einstellung von eigenen Sportlehrern in den Grundschulen diskutiert. Immer wieder haben die Vertreter der Sportlehrer ihre Forderung erneuert, dass auch an den Grundschulen ausgebildete Sportlehrer die Schüler unterrichten sollen. Bislang ohne Erfolg.
In Italien steht im Herbst nun eine große Änderung an. Ab September sollen rund 2.000 Sportlehrer in den 5. Klassen der Grundschulen unterrichten. Ein Jahr später, im Herbst 2023, sollen dann auch die 4. Klassen dazukommen. „Das ist ein wichtiger Schritt“, unterstreicht Monika Prossliner, Vorsitzende der Interessensvertretung der Südtiroler Sportlehrer. „Ich habe 1986 angefangen zu studieren und schon damals haben wir in Verona ein Sit-in gemacht, dass Sportlehrer in den Grundschulen Sport und Bewegung unterrichten“, erinnert sich die Vorsitzende der Interessensvertretung der Südtiroler Sportlehrer. Jetzt habe man in Rom endlich einen Schritt in die richtige Richtung gemacht und gleichzeitig auch die Anzahl der Sportstunden erhöht.
In Südtirol konnten die Sportlehrer laut Monika Prossliner bereits in den letzten Jahren einige Erfolge erzielen. „Wir haben Fachberater in den Grundschulen, die eine ziemlich anspruchsvolle Ausbildung gemacht haben und diese helfen dann ihren Kollegen weiter“, erklärt Monika Prossliner. Das sei zwar ein Fortschritt im Vergleich zur Situation vorher, so die ISSL-Vorsitzende, aber auch diesen Lehrern fehle das Universitätsstudium. „Das war sicher eine kleine Hilfe, wenn man bedenkt, dass es in Grundschulen immer noch heißt: Wenn ihr nicht brav seid, gehen wir nicht turnen“, weiß die Sportlehrerin. „Auch haben viele Grundschullehrer Angst, dass im Sportunterricht etwas passiert und oder ziehen sich nicht einmal eigene Sportkleidung an“, kritisiert Monika Prossliner.
Landesschuldirektorin Sigrun Falkensteiner ist bewusst, dass über die Erhöhung der Sportstunden in der Grundschule und die Frage nach der Qualifikation der Lehrpersonen schon seit Jahren diskutiert wird, allerdings habe man dieses Thema in Südtirol schon vor einigen Jahren in Angriff genommen. „Wir haben im deutschen Bereich die Anzahl der Sportstunden erhöht und es sind jetzt flächendeckend zwei Stunden Bewegung und Sport vorgesehen“, erklärt Sigrun Falkensteiner. Diese Änderung konnte man vornehmen, so Falkensteiner da man in Südtirol die Zuständigkeiten für die Rahmenrichtlinien in der Grundschule habe. „Parallel dazu haben wir in den letzten Jahren drei Ausbildungslehrgänge für Lehrpersonen der Grundschule im Bereich Sport durchgeführt, wo die Teilnehmer aus allen Landesteilen Zusatzqualifikationen erworben haben, um die Qualität des Sportunterrichts zu steigern“, erklärt Falkensteiner. Auch sei es aufgrund der Schulsprengel bereits jetzt möglich, dass Lehrpersonen der Mittelschulen über verschiedene Projekte oder das Übertragen von Stunden in die Grundschulen gehen können.
Die Ausgangssituation in Südtirol sei also eine andere als im restlichen Staatsgebiet, betont die Landesschuldirektorin, auch deswegen werde man diese Neuerung nicht übernehmen. „Was uns auch unterscheidet, ist die Tatsache, dass in Südtirol mehr als die Hälfte der Grundschulen Schulen mit Abteilungsunterricht sind, wo praktisch mehrere Klassenstufen gleichzeitig unterrichtet werden“, erklärt Sigrun Falkensteiner. „Und wir müssen hier schon auch aufpassen, dass wir nicht irgendwann Schulen der Serie A und der Serie B haben, nach dem Motto: in der Peripherie unterrichten die Grundschullehrer SPort und Bewegung und wo es eine Mittelschule gibt, sind die Sportlehrer zuständig – das wäre die ungünstigste Situation“, so Falkensteiner.
Heißt im Klartext: In Südtirol wird man diese Regelung nicht übernehmen, weshalb es ab Herbst keine eigenen Sportlehrer in der 5. Grundschule geben wird. „Wir werden unseren Weg weitergehen und die Qualität des Sportunterrichts in den Grundschulen insgesamt weiter steigern“, unterstreicht Sigrun Falkensteiner.
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Kommentare (7)
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erich
Was in Südtirols Grundschulen an Sport unterrichtet wird ist eine Katastrophe. Mit Abschluss der Mittelschule können die meisten Kinder die Beine gstreckt nicht einmal bis zum rechten Winkel heben. Jede Gemeinde in Südtirol verfügt über eine Turnhalle, da wird es wohl möglich sein, dass Grundschullehrer, drei mal pro Woche in die Turnhalle gehen und 5 Dehnungsübungen machen.
heinz
Mit ausgebildeten Sportlehrern würde die Qualität des Sportunterrichts sicher steigen. Aber Hauptsache, Südtirol geht wieder einmal einen eigenen Weg…
puschtramadl
Es wäre begrüßenswert Fachlehrer für den Sport- und Musikunterricht einzustellen. Für den Musikunterricht wäre es noch wichtiger. Die meisten Oberschule haben Musik von ihrem Stundenplan gestrichen. Die Lehrerausbildung an der Uni in Brixen für das Fach Musik ist für viele deshalb unzureichend.Es geht aber auch um die Finanzierung. Haben die Lehrer mehrere Schulstellen müssen sie pendeln. Und dieses Pendeln zwischen den Schulstellen kostet Geld. Es ist also eine Frage der Finanzierung.
dn
Ausgebildete Sportlehrer müssen zuschauen, wie in der Grundschule großteils Sport betrieben wird; ich möchte gar nicht wissen, was diese sich dabei denken. Viele Lehrerinnen drücken sich vor dem Fach, das bekommen dann die Jungen und Neuen. Nachdem es in Zukunft weniger Nachfrage beim Lehrberuf geben wird, wäre diese Lücke bereits jetzt mit ausgebildetem Personal zu schließen. Das wäre der einzige sinnvolle Weg. Man kann ruhig auch einmal den staatlichen Weg gehen, der ist nicht immer schlechter.