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„Ausgleich für die Landschaftspflege“

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Eine Ortstaxen-Erhöhung zugunsten der Bergbauern sorgt für geteilte Meinungen. Der SVP-Abgeordnete Franz Locher will das Thema vorbringen, wenn im Tourismus Normalität einkehrt.

von Heinrich Schwarz

Die Soforthilfe des Landes für die Milchbauern im Ausmaß von 15 Millionen Euro schlägt weiter hohe Wellen. Selbst innerhalb der Bauernschaft sind nicht alle glücklich über die Art und Weise der Hilfe.

Die Möltner Tierärztin Marianna Frena, die täglich in Kontakt mit Bergbauern steht und vor einigen Wochen eine Online-Petition zur Unterstützung der Milchbauern initiiert hatte, hält die 15-Millionen-Soforthilfe für eine Fehlentscheidung. Denn bei einer Zuwendung aus der Steuerkasse in diesem Ausmaß entstehe nur Unfrieden in der Bevölkerung und ein Imageschaden für die Bauern. Vielmehr müsse man den Milchbauern ihre Würde zurückgeben, indem sie einen gerechten Lohn für ihre Arbeit erhalten.

Wie die TAGESZEITUNG gestern berichtete, hat Marianna Frena mehrere Lösungsvorschläge. Vor allem müsse man mit verschiedenen Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass der Milchpreis angemessen steige.

Weiters schlägt die Tierärztin einen Bauern-Euro im Tourismus vor. Also einen Aufschlag auf die von den Touristen zu zahlende Ortstaxe, der dann für die Landwirtschaft zweckgebunden wird. „Das würde keinen Cent an Steuergeld kosten und wäre ein gerechtfertigter und verdienter Lohn für die geleistete Landschaftspflege“, meint Frena.

Landeshauptmann Arno Kompatscher merkt dazu an, dass die Ortstaxe ebenfalls eine Steuer sei: „In der Tat wird sie bereits teilweise zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs verwendet. Ebenso könnte man sie für die Straßeninstandhaltung oder die Gesundheitsdienste heranziehen. Eben wie jede andere Steuer.“

Ein Tourismus-Euro für die Bergbauern ist keine neue Idee. Vor drei Jahren hatte sie der SVP-Landtagsabgeordnete Franz Locher vorgebracht: Im Tourismus solle ein Euro pro Nächtigung als Anerkennung für die landschaftlichen Leistungen der Bauern reserviert werden. Ein Euro mehr tue keinem Gast weh, so Locher damals.

Wie steht er heute dazu?

„Das Thema ist immer noch aktuell und wir werden sicherlich wieder darüber diskutieren. Es ist ein super Vorschlag, den ich damals in den Raum warf. Denn dieses Geld zahlt nicht der Wirt, sondern der Tourist – und es wird direkt als Ausgleich für die Pflege der Landschaft bis zum letzten Bergbauernhof weitergegeben.“

Locher spricht von Südtirol als eintrittsfreies Naturreservat, in dem sich jährlich Millionen von Touristen erholen. Ein Bauern-Euro wäre ein Entgelt für die Landschaftspflege, so seine Meinung.

Dass er das Thema in den letzten Jahren nicht weiterverfolgt hat, sei der Corona-Pandemie geschuldet: „Aufgrund der großen Unsicherheit im Tourismus wäre es nicht legitim und realistisch gewesen, eine höhere Ortstaxe zu verlangen“, erklärt der SVP-Bauernvertreter. Er werde warten, bis sich die Lage im Tourismus wieder halbwegs normalisiert.

„Dann werden wir sicher weiter darüber diskutieren – im Einvernehmen mit dem Tourismus. Es soll – wenn schon – eine gemeinsame Lösung sein. Die Landschaft in Südtirol sollte uns etwas wert sein“, sagt Franz Locher.

Der SVP-Arbeitnehmer Helmuth Renzler, der die Milchbauern-Hilfe umgehend kritisiert hatte, sagt zur aktuellen Diskussion: „Wir sind für eine Unterstützung der Bergbauern, weil sie unbedingt notwendig ist, aber wir haben ein Problem damit, wie die Hilfe zustande gekommen ist. Innerhalb kürzester Zeit wurde aus dem Landeshaushalt eine hohe Summe zur Verfügung gestellt, während es bei den Forderungen anderer Kategorien immer heißt, es sei kein Geld da.“

Laut Renzler müsste man – wenn schon – alle Berufskategorien, Lohnabhängigen und Rentner genauso schnell unterstützen, denn von den Preiserhöhungen seien alle betroffen. Er verweist auch darauf, dass die allermeisten Bergbauern Nebenerwerbsbauern seien, also Lohnabhängige. Daher sei es viel gescheiter, auf höhere Gehälter hinzuarbeiten.

Grundsätzlich hätte Helmuth Renzler auch nichts gegen einen Bauern-Euro im Tourismus: „Das müsste man durchrechnen, könnte aber sicherlich eine Lösung sein. Allerdings müssten gleichzeitig andere Fördermaßnahmen in der Landwirtschaft reduziert werden.“

In Rom zahle man auch teils um die sechs Euro pro Tag an Tourismusabgabe, gibt Renzler zu bedenken. Gleichzeitig ist ihm bewusst, dass sich die Südtiroler Touristiker heftig gegen einen Bauern-Euro wehren würden, was effektiv der Fall ist.

Striktes Nein

„Es ist für uns in keinster Weise nachvollziehbar, dass der Tourismus über eine Steuer einen anderen Sektor unterstützen soll“, kommentiert Manfred Pinzger die Idee eines Ortstaxen-Zuschlags zugunsten der Bergbauern. Die schwierige Lage der Bergbauern sei ein kollektives, gesellschaftliches Problem und dürfe nicht nur auf den Tourismus abgewälzt werden, sagt der Präsident des Hoteliers- und Gastwirteverbandes (HGV).

Pinzger verweist darauf, dass die Landwirtschaft lokal, national und vor allem europäisch stark gefördert werde. Diese Förderungen müsse man detailliert offenlegen, um Spielräume zu suchen.

„Wir sind mittlerweile in einer sehr guten Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft und mit Abstand die größten Abnehmer der landwirtschaftlichen Produkte“, betont Manfred Pinzger. Es sei aber die gesamte Gesellschaft gefordert, die regionalen Produkte wertzuschätzen.

Problematisch sei, dass sich die Milchhöfe außerhalb der Region einen Preiskampf liefern. „Das ist überhaupt nicht notwendig, da sie hochwertige Produkte herstellen, die überall enorme Anerkennung genießen. Die Milchhöfe müssten eine gemeinsame Linie finden, um den Auszahlungspreis anheben zu können“, findet Pinzger. Das habe Priorität.

Daneben schlägt der HGV-Chef vor, die Berglandwirtschaft bei den Förderungen stärker zu berücksichtigen: „Wenn die Talbauern den Bergbauern eine Unterstützung geben würden, wäre das in Ordnung. Wir zahlen auch gerne 50 Cent mehr für eine Flasche Wein, wenn dann von der relativ gut situierten Tallandwirtschaft etwas in die Berglandwirtschaft fließt.“

Für eine Erhöhung der Ortstaxe gibt es laut Manfred Pinzger keine Diskussionsbasis. Man finanziere mit der Ortstaxe ja bereits die Mobilität mit – die Gäste würden nicht gratis fahren. Zudem seien die kleinen Beherbergungsbetriebe bald nicht mehr konkurrenzfähig, „wenn jeder etwas abzwacken will“.

Sehr wohl sei man aber bereit, bei der Verwendung lokaler Produkte weitere Allianzen einzugehen.

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