Gedämpfte Stimmung
Die Erwartungen zur Ertragslage im Einzelhandel und im Bereich Kfz-Handel und -Reparatur haben sich verschlechtert. Mehr Optimismus herrscht bei den Unternehmen im Großhandel.
Das Jahr 2021 war für die meisten Südtiroler Unternehmen im Handelssektor positiv. Mit Blick auf das laufende Jahr haben sich aber die Erwartungen zur Ertragslage im Einzelhandel und im Bereich Kfz-Handel und -Reparatur verschlechtert. Mehr Optimismus ist bei den Unternehmen im Großhandel zu finden, da sie bis jetzt vergleichsmäßig weniger Schwierigkeiten hatten, die Teuerungen beim Wareneinkauf durch Erhöhungen der Verkaufspreise auszugleichen. Dies geht aus der Frühjahrsumfrage des Wirtschaftsbarometers vom WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen hervor.
Im vergangenen Jahr erlebte der Großhandel einen starken Aufschwung: 89 Prozent der Unternehmen sind mit der Ertragslage 2021 zufrieden und mehr als zwei Drittel verzeichneten eine Umsatzsteigerung, vor allem auf dem Südtiroler und dem italienischen Markt. Im November und Dezember war das Geschäftsvolumen um mehr als 20 Prozent höher als in den Vorjahresmonaten. Dies ist zum Teil auch auf Preiserhöhungen zurückzuführen, welche von den Großhandelsunternehmen vorgenommen wurden, um die höheren Kosten beim Wareneinkauf auszugleichen.
Die Erwartungen der Großhändler/innen für das laufende Jahr sind ebenfalls positiv, insbesondere was die Umsatz- und Investitionsentwicklung betrifft. Optimismus herrscht vor allem in den Branchen der Baumaterialien sowie der Bekleidung, wo rund zwei Drittel der Unternehmen 2022 ein „gutes“ Betriebsergebnis erwarten. Auch in der Branche „Einrichtung und Haushaltsartikel” ist das Geschäftsklima positiv. Die Aussichten der Handelsvermittler bleiben hingegen verhalten: Ein Viertel der Handelsagenten und ‑vertreter/innen erwartet heuer eine unbefriedigende Rentabilität.
Im Einzelhandel ist die Stimmung weniger optimistisch:
Nach dem Aufschwung im Jahr 2021 wird heuer mit einer allgemeinen Verschlechterung der Ertragslage gerechnet. Jedes fünfte Unternehmen befürchtet ein unbefriedigendes Betriebsergebnis, vor allem aufgrund von Kostensteigerungen bei den Waren, die nur schwierig auf die Kundschaft abgewälzt werden können. Besonders verhalten sind die Erwartungen im Bereich der Super- und Minimärkte, wo auch eine Verschärfung der Konkurrenz gemeldet wird. Die besten Aussichten sind in der Bekleidungsbranche zu beobachten, wo mehr als ein Drittel der Einzelhändler/innen ein „gutes“ Betriebsergebnis erwartet.
Im Sektor „Kfz-Handel und -Reparatur“ war das Jahr 2021 insgesamt positiv.
Das Geschäftsvolumen hat zugenommen und 91 Prozent der Unternehmer/innen waren mit der Ertragslage zufrieden. Die Erwartungen für 2022 deuten jedoch auf eine Verschlechterung hin. Es gibt Sorgen um die künftige Entwicklung der Nachfrage, denn die stark angestiegene Inflation und die teuren Treibstoffe könnten den Ankauf von Fahrzeugen durch Haushalte und Firmen beeinträchtigen. Darüber hinaus werden die steigenden Rohstoffpreise und die Versorgungsengpässe bei einigen Kfz-Komponenten die Kosten nach oben treiben. Aus diesen Gründen erwartet heuer mehr als ein Fünftel der Unternehmen eine schlechte Ertragslage.
Der Präsident der Handelskammer Bozen, Michl Ebner, fordert eine langfristige Strategie zum Ausbau der Energieproduktion in Südtirol: „Nach dem Nachfragerückgang aufgrund der Pandemie sind die Händler/innen und Unternehmen in Südtirol nun mit enormen Steigerungen der Energiepreise konfrontiert. Das Potenzial für Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen muss in Südtirol vollständig ausgeschöpft werden.“
Nachfolgend die Stellungnahmen der Vertreter der Wirtschaftsverbände:
Philipp Moser, hds-Präsident
„Während die Stimmung im Großhandel (noch) relativ positiv zu sein scheint, ist die Situation im Einzelhandel getrübt. Die Unsicherheit ist groß. Dieser Sektor, aber auch die Gastronomie und die Dienstleistungen, versuchen mit allen Mitteln, die enormen Kosten nicht an Kund/innen und Konsument/innen weiterzureichen. Und das nach zwei Jahren Pandemie und in einer Zeit, in der die Betriebe die notwendige Erholung und einen Aufschwung brauchen, um Wohlstand und Arbeitsplätze zu sichern.“
Elena Messina Bonaldi, Präsidentin Confesercenti Südtirol
„Der Groß- und Einzelhandel sowie die Handelsvermittlung brauchen stabile Kosten und Preise. Die starke Inflation, verschärft durch einen katastrophalen Krieg vor unserer Haustür, stimmt nicht optimistisch. Es ist jedoch nicht das erste Mal, dass Handelsunternehmen mit schwierigen Situationen konfrontiert sind. Eine stärkere Zusammenarbeit mit den Produktionssektoren, ein leichterer Zugang zu Krediten und eine Politik der Unterstützung der Unternehmen werden uns helfen, diese Krise zu überwinden.“
Ähnliche Artikel
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.