Wie geht Berglandwirtschaft?
Berglandwirtschaft ist jene Landwirtschaft, die mit Wiesen, Almen und Vieh zu tun hat. Ein Dokumentarfilm könnte auch in Südtirol Debatten anregen.
von Renate Mumelter
Am Anfang standen eine trampelnde Kuh, ein junger Bauer und ein Journalist aus Wien. Ihr Streit begann über soziale Netzwerke. Falter-Chefredakteur Florian Klenk vertrat die Meinung, dass Kühe hinter den Zaun müssen. Bergbauer Christian Bachler hielt dagegen, dass dieser „Oberbobo“ aus Wien keine Ahnung von Landwirtschaft habe. Christian Bachler plagten große Existenzängste, das wurde aber erst im Lauf des Geschehens klar. Florian Klenk saß ohne Existenzängste in der Redaktion in Wien. Ein ungleiches Paar. Es kam zu einem Praktikum auf Bachlers Bergerhof Krakauebene in der Steiermark, und zu einem Tauschpraktikum beim Falter.
Im Buch „Der Bauer und der Bobo. Wie aus Wut Freundschaft wurde“ schrieb Klenk die Story auf.
Der Bauer und der Bobo. Der Film
Diese Woche hatte der Film „Der Bauer und der Bobo“ in Wien Premiere, und jetzt läuft er schon im Filmclub Bozen. Im Film wird schnell klar, dass Bachler ein etwas anderer Landwirt ist, einer, der sich nicht mit dem abfinden will, was ist. Solche Landwirte gibt es auch in Südtirol, wenige zwar, aber es werden mehr. Sie jammern nicht sondern versuchen innovativ zu denken. Das gefällt nicht allen. Deutlich wird das in einer Filmszene, wo steirische Landwirtskollegen über Bachler herziehen. Sein Hof sei„schlampig“. Davon ist im Film nichts zu sehen.
Bachler züchtet schwarze Alpenschweine, die keinen Sonnenbrand bekommen und „automatisch“ funktionieren: vorne wühlen sie den Boden auf, hinten düngen sie. Seine Produkte vertreibt der Bauer auch digital. Die Digitalisierung sei für die Landwirtschaft genauso revolutionär wie es einst der Traktor war, sagt er. Der Traktor vernichtete Arbeitsplätze, die Digitalisierung schaffe aber welche.
„Der Bauer und der Bobo“ lebt von der Eloquenz der beiden Protagonisten, von deren Dialogbereitschaft und von der Sympathie der Tiere. So oft es möglich ist begleiten Klenk und Bachler Film und Buch. Ihnen geht es nämlich nicht um ihre persönliche Geschichte sondern darum, Denkprozesse über eine zukunftsfähige Landwirtschaft anzuregen. Damit wären sie in Südtirol genau richtig.
Kurt Langbein
einer der bekannten Dokumentarfilmer Österreichs drehte den Film. Indirekt hat Langbein mit Südtirol zu tun, denn Langbeins Lehrmeister war der Sextner Claus Gatterer mit dem kritischen TV-Magazin „teleobjektiv“, wo Langbein das Handwerk lernte.
Die letzten Österreicher
Lukas Pitscheiders Film „Die letzten Österreicher“ ist seit Donnerstag endlich auch in Bozen zu sehen. Festivals hat er schon viele besucht, Preise gab’s auch, u.a. den Silbernen Enzian in Trient. Pitscheider erzählt von Menschen, die in Königsfeld in der Ukraine leben oder lebten.
Ust-Schorna liegt in den Karpaten im Westen des Landes. Maria Theresia brauchte im 18. Jhdt. Holz. Also ließ sie Waldarbeiter aus dem oberösterreichischen Salzkammergut in das neu gegründete Dorf ziehen. Einige von ihnen blieben mitsamt ihrer Sprache, einem gut verständlichen Deutsch. Einige Familien überlebten alle historischen Verwerfungen unter den diversen Regimes, andere gingen wieder zurück. Der Film fängt vor allem eine Stimmung ein, Gemütszustände in einem Dorf, das schon vor dem Ukrainekrieg wenig Zukunft zu haben schien. Wenn nämlich die Wälder alle gerodet sind, haben weder Waldarbeiter noch Sägewerke Arbeit. Und danach schaut’s aus. Erwähnenswert ist die Musik von „Folksmilch“.
Der aus Gröden stammende Regisseur Lukas Pitscheider geriet durch Zufall nach Königsfeld.
P.S. Lukas Pitscheider veranstaltet jedes Jahr das Filmfestival „Dolomitale“ in Gröden.
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