„Ein aufregendes Kapitel“

Die Quarantäne-Station in Gossensass (Foto: lpa)
Nach über zwei Jahren wird die Quarantäne-Station in Gossensaß aufgelassen. Der ärztliche Leiter, Michael Engl, zieht Bilanz.
von Markus Rufin
Die Biasi-Kaserne in Gossensaß ist in der Pandemie-Zeit zu einer der wichtigsten Strukturen im Land umfunktioniert worden. Dort wurden nämlich sämtliche Personen, die keinen festen Wohnsitz hatten und positiv auf das Coronavirus getestet worden sind, untergebracht.
In der Anfangszeit handelte es sich vor allem um Touristen, später waren es überwiegend Lkw-Fahrer und Obdachlose, die ihre Quarantäne in der Kaserne verbrachten. Dabei wurden sie vom Weißen Kreuz versorgt.
Seit Auslaufen des Corona-Notstandes, am 1. April, ist die Struktur aber wieder leer. Dies wurde bereits zuvor angekündigt, allerdings gab es letzthin den Vorschlag, die Quarantäne-Struktur in eine Unterkunft für ukrainische Flüchtlinge umzuwandeln.
Das italienische Heer, das Eigentümer der Kaserne ist, hat sich nun aber dazu entschieden, die Struktur nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Somit wurde sie aufgelassen. Höchstwahrscheinlich wird sie – wie bereits in den Jahren vor der Pandemie – als Ferienunterkunft für Soldaten des Heeres und deren Familien genutzt.
Michael Engl, der als ärztlicher Leiter am Krankenhaus Sterzing für die Quarantänestation verantwortlich ist, betont, dass der Sanitätsbetrieb durchaus dazu bereit gewesen wäre, die Struktur weiter zu betreuen: „Leider kam eine negative Antwort aus Rom.“
Nichtsdestotrotz blickt Engl mit Zufriedenheit und auch etwas Stolz auf die vergangenen zwei Jahre zurück: „Das Kapitel war sehr aufregend. Wir mussten über Nacht diese Struktur öffnen. Dazu war ein Zusammenspiel von vier großen Organisationen notwendig, dass es so in Südtirol noch nie gegeben hat.“
Mit den vier großen Organisationen meint Engl das Heer, den sanitätsbetrieb, der für die medizinische Betreuung verantwortlich war, das Weiße Kreuz, das sich um die generelle Betreuung kümmerte und dem Zivilschutz, der ebenso in der Struktur mitarbeitete.
Engl zieht also eine positive Bilanz: „Man muss sagen, dass alles gut funktioniert hat. Wir haben versucht, vom ersten Tag an den Umgang mit den Patienten aber auch alles andere genau zu definieren. Daran mussten wir die gesamten zwei Jahre über nichts ändern.“
Neben der Anfangszeit kam die Quarantänestruktur vor allem im Herbst 2020 ins Schwitzen, als die zweite Corona-Welle über Südtirol hereinbrach und zahlreiche Lkw-Fahrer positiv getestet wurden. In den letzten Monaten wurden trotz neuer Rekordinzidenzen kaum mehr Patienten in der Kaserne betreut – primär handelte es sich um Obdachlose.
Der ärztliche Leiter des Krankenhauses Sterzing glaubt, dass es unter diesen Voraussetzungen auch keine neue Struktur braucht: „Das hängt aber auch mit der Pathogenität des Erregers zusammen.“
Das heißt, sollte eine deutlich aggressivere Variante auftreten und sich durchsetzen, könnte sich alles nochmal ändern, allerdings sei das Auftauchen einer solchen Variante kaum vorherzusagen.
Tendenziell geht Engl aber davon aus, dass es auch bei steigenden Zahlen im Herbst keine neue Quarantäne-Struktur braucht: „Wir haben mittlerweile viel mehr Vorteile. Wir haben die Impfungen, verschiedene Therapien, präventive Antikörper, eine hohe Durchseuchung und die Boosterungen. Die Lage hat sich also im Vergleich zu vor zwei Jahren deutlich gebessert. Vor allem war aber anfangs völlig unklar, wie man mit dem Virus überhaupt umgehen sollte. Über dieses Wissen verfügen wir nun. Kommt keine neue Variante, wird es eine solche Struktur also nicht mehr brauchen.“
Kommentare (1)
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