Zweierlei Wärme
In Bruneck steigt der Preis für die Wärme um 20 Prozent. In Toblach sinkt er gleichzeitig um acht Prozentpunkte. Wie kann das sein?
von Silke Hinterwaldner
Die Nachricht stand just am 1. April in den Zeitungen: Die Stadtwerke Bruneck müssen für die Wärme in Zukunft 20 Prozent mehr verlangen, nachdem der Gaspreis empfindlich gestiegen ist. Manch einer hielt das für einen Aprilscherz, vor allem in Toblach oder Innichen. Denn: Wenige Tage zuvor hatten die Abnehmer des Heizwerkes in Toblach einen Brief bekommen, in dem ihnen mitgeteilt wurde, dass der Preis für die Wärme um acht Prozent günstiger wird.
Aber sowohl das eine als auch das andere hat nichts mit Aprilscherzen zu tun. Es bedeutet einfach nur: Wer in Bruneck, Gais oder Percha Wärme benötigt, zahlt zukünftig rund 13 Cent pro Kilowattstunde (abhängig auch vom jeweiligen Vertrag). In Toblach und Innichen aber zahlt man zumindest beschränkt auf das heurige Jahr nur 8,5 Cent. Wie kann das sein?
Hanspeter Fuchs, Präsident des Fernheizwerkes ToblachInnichen und Präsident des Energieverbandes, erklärt sofort, dass die unterschiedliche Preisgestaltung auch damit zu tun hat, dass jeder Wärmeanbieter unterschiedliche Technologien und Rechtsmöglichkeiten habe. So unterscheiden sich die Stadtwerke und das Fernheizwerk in Toblach auch grundsätzlich, weil das erste eine Inhouse-Gesellschaft der Gemeinde und das zweite eine Genossenschaft ist.
Ein grundlegender Unterschied besteht auch darin, dass das Heizwerk in Toblach nicht zur Gänze mit Hackschnitzel befeuert wird, rund 25 Prozent muss Gas dazugegeben werden, um die Spitzen etwa frühmorgens abzudecken. In Toblach aber heizt man ausschließlich mit Biomasse, auch weil die Gasleitung gar nicht ins obere Pustertal reicht. Diese Hackschnitzel kommen zu einem Drittel aus den Wäldern der Umgebung, der Rest wird über mehrjährige Verträge vor allem auch von großen Lieferanten gebracht.
Und: Das Fernwärmewerk in Toblach hatte auch Glück. Dort produziert man nebenbei Strom. Für den Verkauf dieses Stroms hatte man sich nicht recht viel mehr als 100.000 Euro im Jahr erwartet. Aber weil der Strom jetzt teurer verkauft werden konnte, hat man wesentlich mehr verdient: In Toblachhatte man Mehreinnahmen (insgesamt 500.000 Euro für den Strom), die man an die Kunden weitergeben kann. Das heißt: Die Abnehmer bekommen zeitlich begrenzt für das Jahr 2022 einen Preisnachlass von acht Prozent. Für diesen Zeitraum kostet die Wärme nicht mehr 9,2 Cent pro Kilowattstunde, sondern 8,5 Cent. Nach Dezember 2022 muss die Situation dann neu bewertet werden. „Ob wir weiterhin einen so günstigen Preis anbieten können“, sagt Hanspeter Fuchs, „hängt auch vom Holzpreis ab.“
In Südtirol gibt es insgesamt 77 Genossenschaften, die ihre Kundschaft mit Hackschnitzel-Wärme versorgen, aber nur 13 davon koppeln auch eine Stromproduktion an ihr Werk. Strom ist dabei ein Zweitprodukt der Wärme. In Toblach gibt es das größte Strommodul des Landes mit 1.500 Kilowattstunden. Die grünen Zertifikate sind dort mittlerweile ausgelaufen, vor einem Jahr hatte man sich deshalb darauf beschränkt so viel Strom zu produzieren, wie man selbst benötigt. So wurde kein Strom mehr am Markt verkauft: Aber mit den steigenden Strompreisen wurde das Geschäft wieder attraktiv. In Toblachist man dort mittlerweile wirtschaftlich gut aufgestellt: Investitionen konnten mit Eigenmitteln abgedeckt werden und in der Bilanz gibt es hohe Rücklagen. Dabei muss auch erwähnt werden: Die Stadtwerke in Bruneck betreiben das größte Heizwerk in Südtirol. Toblach aber folgt auch dem Fuß: Dort werden 60 Megawatt thermische Energie verkauft (in Bruneck sind es rund 90 Megawatt).
Wie aber kann Toblach die Spitzen abdecken, ohne auf fossile Brennstoffe zurückgreifen zu müssen? Hanspeter Fuchs sagt: „Wir decken die Spitzen mit Pufferspeichern ab. Das muss man sich vorstellen wie einen Boiler, der sich morgens und abends leert. Untertags kann er wieder aufladen. Jedes Heizwerk hat auch Ausfallkessel, die mit Öl laufen, aber nur im Notfall eingesetzt werden.“ Derzeit setzen nun freilich alle Betriebe darauf, Strom und Gas einzusparen oder die Wärme in Pufferspeichern zu konservieren. Die Preissteigerung hat manche kalt erwischt, weshalb diese Heizwerke nun nachrüsten werden, um nicht mehr so abhängig etwa vom Gas zu sein.
Und wie wird sich die Hackschnitzelpreis entwickeln? Bei der Bauernversammlung in Bruneck war durchgeklungen, dass der Preis derzeit zu tief angesetzt sei. „Wir verbrauchen 150.0000 Schüttraummeter, 50.000 davon kommen von den Bauern aus der Umgebung. Es gibt bei uns derzeit 40 Euro pro Festmeter, das ist ein guter Preis“, sagt Fuchs. Er sagt aber auch, dass ein Heizwerk langfristig planen muss, auch unabhängig von einem Windwurf. In der Holzbeschaffung müsse man deshalb einen goldenen Mittelweg finden: Sicherheit für die Wärme muss im Gleichgewicht sein mit den kleinen Kreisläufen.
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Kommentare (4)
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rumer
In Bruneck kommt noch ein Unterschied dazu: über die Strom- und Wärmepreise finanzieren die Stadtwerke die Verluste des Schwimmbads in Reischach mit. Als der Gaspreis tief war, fiel das nicht auf.
arnold
Da stimmt etwas nicht: „Ein grundlegender Unterschied besteht auch darin, dass das Heizwerk in Toblach nicht zur Gänze mit Hackschnitzel befeuert wird, rund 25 Prozent muss Gas dazugegeben werden, um die Spitzen etwa frühmorgens abzudecken. „
perikles
der Unterschied liegt wohl daran, dass die diversen Stadtwerke bzw. gemeindeeigenen Energiegesellschaften natùrlich immer auch den Vorgaben der jeweiligen Stadtpolitik ausgesetzt sind. In Bruneck finanzieren die Stadtwerke eben das Hallenbad oder die neue Eishalle mit. Eine privat gefùhrte Gesellschaft oder Genossenschaft ist eben nur ihren Gesellschaftern verpflichtet und entscheidet ausschliesslich in deren Interesse.