Das Stimmungsbild
Die Frühjahrsausgabe des Wirtschaftsbarometers vom WIFO – Institut für Wirtschaftsforschung der Handelskammer Bozen zeigt bei den landwirtschaftlichen Genossenschaften ein sehr heterogenes Geschäftsklima.
Mehr Optimismus herrscht bei den Kellereien, die eine gute Ernte und die Erholung der Nachfrage im vergangenen Jahr melden. Das Stimmungsbild der Obstgenossenschaften ist ebenfalls eher positiv, trotz der Schwierigkeiten, die in den letzten Monaten hinsichtlich der Logistik und der Kosten aufgetreten sind. Bei den Sennereien und Molkereien hingegen verbessert sich das Geschäftsklima nicht, was vor allem auf den Anstieg der Produktionskosten zurückzuführen ist.
Die Situation im Weinsektor hat sich 2021 eindeutig verbessert: Die im vergangenen Jahr erzielte Ertragslage wird von fast der Hälfte der Kellereien als „gut“ und in fast allen Fällen zumindest als „zufriedenstellend“ angesehen. Die Ernte im letzten Herbst erbrachte mehr als 450.000 Dezitonnen Trauben, woraus rund 318.000 Hektoliter Wein produziert wurden. Die Qualität wird von den Kellermeister/innen sehr positiv bewertet. Für das Jahr 2022 wird mit einem weiteren Anstieg der Umsätze gerechnet, insbesondere auf dem italienischen und den ausländischen Märkten. Dies ist auch auf eine Erhöhung der Verkaufspreise zurückzuführen, die notwendig ist, um mit den steigenden Produktionskosten zurecht zu kommen. Sowohl die Ertragslage als auch die Auszahlungspreise an die Weinbäuerinnen und Weinbauern dürften auf jeden Fall mindestens „zufriedenstellend“ und oft auch „gut“ sein.
Das Jahr 2021 war auch für den Südtiroler Obstsektor insgesamt positiv: Die an die Landwirte entrichteten Auszahlungspreise werden von allen Genossenschaften zumindest als „befriedigend“ angesehen, in 40 Prozent der Fälle als „gut“. Die Apfelernte im vergangenen Herbst belief sich auf rund 935.000 Tonnen, was einem Anstieg von 4,1 Prozent gegenüber 2020 entspricht. Dennoch sind die Rentabilitätserwartungen für 2022 eher verhalten, da die Apfelproduktion in Europa noch stärker gestiegen ist, und zwar um etwa 10 Prozent. Dies könnte sich negativ auf die Preise auswirken. Außerdem können polnische Äpfel aufgrund der Krise zwischen Russland und der Ukraine nicht mehr nach Belarus exportiert werden. Zusammen mit den logistischen Schwierigkeiten im interkontinentalen Seeverkehr wird dies das Überangebot auf dem europäischen Markt noch verschärfen. Gleichzeitig schmälern die steigenden Energie- und Verpackungskosten die Gewinnspannen der Genossenschaften. Die meisten Obstgenossenschaften sind jedoch zuversichtlich, dass sie auch heuer eine zufriedenstellende Ertragslage erzielen werden.
Die Sennereien und Molkereien befinden sich nach wie vor in Schwierigkeiten und nur ein Viertel ist mit der Rentabilität im Jahr 2021 zufrieden. Das Geschäftsklima wird vor allem durch die Kostenentwicklung belastet, die sich im Laufe des vergangenen Jahres aufgrund der steigenden Energiepreise immer weiter verschlechtert hat. Auch die Umsatzentwicklung ist eher schwach geblieben, insbesondere auf dem Südtiroler Markt. In der zweiten Jahreshälfte gab es aber einige Anzeichen einer Erholung, auch dank des allmählichen Anstiegs der Milchpreise auf den internationalen Märkten. Für 2022 rechnen die Sennereien und Molkereien mit zunehmenden Verkaufspreisen, die Ertragslage und die Auszahlungspreise an die Landwirte werden aber in den meisten Fällen unzureichend ausfallen. Dies ist auf die anhaltend ungünstigen Rahmenbedingungen zurückzuführen, vor allem im Hinblick auf die Entwicklung der Energie- und Futtermittelkosten, die durch den Ausbruch des Krieges zwischen Russland und der Ukraine noch verschärft wurden. Trotzdem erwarten die Sennereien und Molkereien einen Anstieg der Investitionen in Maschinen und Gebäude.
Michl Ebner, Präsident der Handelskammer Bozen, kommentiert: „Die Landwirtschaft ist von den steigenden Energie- und Rohstoffpreisen stark betroffen. Nicht immer ist es möglich, diese gestiegenen Kosten an die Preise der landwirtschaftlichen Endprodukte weiterzugeben. Somit gehen Kostenerhöhungen zumeist zu Lasten der Bauern und Bäuerinnen.“
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