Die Scheinheiligen
Lega, Freiheitliche, Süd-Tiroler Freiheit, Forza Italia und Fratelli d’Italia haben erst vor einem Jahr die Aufhebung aller Wirtschaftssanktionen gegen Russland gefordert. Jetzt schlagen sie sich auf die Seite der Ukraine.
Von Matthias Kofler
Der Regionalrat hat gestern einstimmig einen Antrag zur Ukraine gutgeheißen, den die Fraktionssprecher gemeinsam vorgelegt haben. Demnach verurteilt der Regionalrat den Krieg Russlands gegen die Ukraine mit aller Schärfe und spricht der ukrainischen Bevölkerung seine volle Solidarität und Verbundenheit aus; er lehnt jegliche Form von Krieg und Gewalt ab und unterstützt alle diplomatischen Initiativen, die darauf abzielen, die russische Invasion in der Ukraine zu beenden sowie jegliche Gefahr einer Ausdehnung des Krieges zu vermeiden; darüber hinaus unterstützt die Region auch finanziell die verschiedenen Solidaritätsinitiativen, um den ukrainischen Flüchtlingen in Europa, auf gesamtstaatlicher und regionaler Ebene und in den beiden Provinzen beizustehen und sie aufzunehmen.
Unter den Erstunterzeichnern des Antrags findet sich mit Alessandro Urzì ein Abgeordneter, der vor einem Jahr noch das genaue Gegenteil gefordert hat: nämlich die Aufhebung aller EU-Sanktionen gegen Russland. Die Sanktionen seien „kontraproduktiv“, argumentierte der Vertreter von Fratelli d’Italia im März 2021. Starke Länder, die sanktioniert würden, machten daraus eine Chance und setzten die Länder unter Druck, die die Sanktionen verhängt hätten. Russland kopiere nun italienische Lebensmittel wie die Mozzarella und anderes.
Auch die Lega gehört zu jenen Parteien, die immer gegen eine harte Politik gegenüber Russland eingetreten sind. Noch vor einem Jahr bemängelte der Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti, dass die Sanktionen „ein Schaden für unsere Wirtschaft und nicht unbedingt gerecht“ seien. Nun vollzieht der „Carroccio“ eine Kehrtwende und stellt sich auf die Seite der Ukraine. Der vom Regionalrat verabschiedete Antrag sei ein „Zeichen der Reife und der Einheit angesichts dieser Krise“, sagt Lega-Fraktionssprecher Mirko Bisesti.
Ein doppeltes Spiel spielt auch Carlo Vettori: Der Kommissar von Forza Italia gehörte zu den Mitunterzeichnern des Antrags gegen die EU-Sanktionen. Russland sei für diese Region wichtig, als Exportland und für den Tourismus, philosophierte Vettori.
Zu den Putin-Verstehern gehörte bis vor kurzem auch die Süd-Tiroler Freiheit. Im März 2021 sprach sich Sven Knoll für eine sofortige Aufhebung der Sanktionen aus. Die EU wiege Menschenrechte gegen Wirtschaftssanktionen auf und wende ein ungleiches Maß an. China werde nicht sanktioniert, weil es ein starker Wirtschaftspartner sei, während man den Vertretern der katalanischen Unabhängigkeit die Immunität entziehe. Darüber hinaus hätten die Betroffenen keine Verbesserung bei ihren Menschenrechten erfahren. Es bräuchte daher „mehr Dialog mit Russland“, so Knoll.
Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn man sich die Wortmeldungen der Freiheitlichen ansieht. Deren Fraktionssprecher Walter Blaas erklärte im Jahr 2016: Südtirol habe traditionell gute Beziehungen zu Russland, vor allem über die russische Gemeinschaft in Meran. Mit Sanktionen werde man Russlands Politik nicht ändern, und der neue amerikanische Präsident verstehe sich mit Putin recht gut, daher könnten wir nicht die letzten sein, die diese Sanktionen noch aufrecht erhielten.
Der Krieg gegen die Ukraine widerlegt die Politik der Russland-Versteher. Landeshauptmann Arno Kompatscher hatte bereits in der vergangenen Legislatur davor gewarnt, die Sanktionen, für die es „triftige Gründe“ gebe, aufzuheben. Das Ziel müsse eine friedliche Lösung im Sinne des Völkerrechts sein, was mit der Politik von Präsident Wladimir Putin derzeit nicht möglich sei. Vor allem die osteuropäischen Staaten würden eine einseitige Aufhebung der Sanktionen nicht verstehen, so Kompatscher.
Auch die Grünen müssen ihre Russland-Politik nicht überdenken. Die Sanktionen gegen Russland seien ein „nachhaltiges und nachvollziehbares Druckmittel“, betonte Hans Heiss im Jahr 2016 während einer Debatte im Regionalrat. Die Aggression Russlands gegen die Ukraine bezeichnete der Grüne als „Ausdruck des wiederkehrenden russischen Imperialismus“.
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Kommentare (40)
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erich
Diese Anschuldigung ist bei den Haaren herbeigezogen, wenn diese Parteien vor einem Jahr nach heutiger Sicht daneben lagen, dann waren sie in bester Gesellschaft. Wer weiß, hätte man vor mehreren Jahren Russland mehr einbezogen und nicht wegen Nawalny, der schließlich selber wusste wie weit du als Systemkritiker gehen darfst, ganz Russland sanktioniert hätte, ob es überhaupt zu diesem Völkermord in der Ukraine gekommen wäre.
leser
Erich obo gonz sauber bisch du net gell
Les amol noch welchn krompf du do doherfaselsch
Der putin hot koan problem jemand zu vergiften, der net des sog wos er hearn will
Trottl wie du tatn ihm dofir no an orden gebm
besserwisser
ja eben, man kann sich ja mal täuschen …
und was interessiert mich mein geschwätz von gestern, wichtig ist immer ganz nah am futtertrog bleiben …..
george
‚erich‘, willst du auch zu jenen gehören, die den Völkermord legitimieren wollen? Bist du auch ein solcher Menschenfeind?
andreas
Wir, die Guten, was die andere Hälfte der Welt aber nicht so sieht, sanktionieren die russischen Bürger, welche auch gegen den Krieg sind und fühlen uns als Helden.
Durch das harte Vorgehen Putins im Inland, ist es für die Bürger schwierig sich aufzulehnen und die Meldungen aus Russland deuten nicht darauf hin, dass das Volk, wie im dritten Reich, begeistert mitzieht.
Wir ignorieren internationales Recht, für die Beschlagnahmung oder Enteignung von Immobilien oder Schiffen gibt es so gut wie keine rechtliche Basis und nehmen willkürlich alle in Sippenhaft, welche meines Wissens aber abgeschafft wurde.
Diverse Länder merken gerade, dass diese Willkür auch sie treffen kann.
Indien will billiges Öl aus Russland kaufen und die USA droht ihnen, obwohl Europa auch weiter Öl aus Russland bezieht, da die dafür zuständigen Unternehmen und Banken von den Sanktionen verschont wurden.
Es gibt momentan 21 Kriege weltweit und in den meisten ist der Westen direkt oder indirekt durch Waffenlieferungen involviert, so lange aber nur Kinder und Frauen im Jemen starben, war es uns egal, dass sie auch mit deutschen Waffen erschossen wurden.
leser
Anderle
Due beschlagnahme haben keine rechtlichen grundlagen
Ist schon lustig dass du dieses vorgehen anprangerst, aber bei grundrechtsverlwtzungen bei der impfpflicht betest du die autokraten an
Oh anderle, deine auffassung von gerecht hat wahrlich komische auswüchse
Aber schliesslich kaufet russland ja unsere schneekanonen und äpfel, ohne diese unsere wirtschaftsbilanz am boden wäre
steve
@andreas im Krieg werden eklatante Rechtsbrüche begangen und unschuldige Menschen getötet. Andere begegnen diesen eklatanten Rechtsbrüchen indem sie selbst welche begehn und genauso andere Unschuldige umbringen.
Wir sequestrieren nur die Schiffe von ein paar nicht ganz Unschuldigen!
Also was soll dein Gejammer!
In ein paar Monaten haben sie ihre Schiffe eh wieder, weil sie eh nur einer Briefkastenfirma mit unbekanntem Besitzer auf den Caymaninseln gehören.
Dann kannst du wieder glücklich sein. 🙂
george
Du ziehst deine Aussagen aber auch völlig bei den Haaren herbei. Was bewegt dich, so zu schreiben?
hallihallo
und was sagt ihr über franceschini?? russland und ukraine sind mitten im krieg und er schreibt , er wird den wiederaufbau des theaters finanzieren (äh italien wird den wiederaufbau finanzieren) nur um in der italienischen presse eine gute figur abzugeben. heuchlerischer geht es nicht mehr.
wer deutsche presse liest, weiß wie sich die deutschen manager und unternehmer nur sehr langsam und nur teilweise aus russland zurückziehen wollen. den sie wollen trotz krieg weiter geld in russland verdienen. und auch wir haben im januar russische gäste beherbergt. deshalb schämen wir uns nicht: ist unsere arbeit und unser brot.
criticus
@andreas
Internationales Recht fängt mit Redefreiheit an und die gibt es in Russland nicht.
Und wenn jemand wie ein Salvini unseren Staatspräsidenten Mattarella mit Putin tauschen möchte, dann sagt das schon alles! Ich würde mich als Lega-Politiker Südtirols für diese Äußerung in den Boden schämen. Doch die Lega ist wie ein Fähnchen im Wind, passt gut zur SVP.
leser
Criticus
Hätten wir in italien eine gutes gesetz, wären typen wie salvini im knast oder zumindest vor einen richter
Aber so können sie munter von der rettung des stiefelstaates predigen nicht zuletzt mit russischen parteispenden
huggy
Sind ja auch nur Politiker.
vinsch
so ein lächerlicher Artikel… Wer hat denn die Verträge mit den Russen abgewickelt in den letzten Jahren???? Und wer hat die Türken in die Nato geholt, als wenn Erdogan ein Demokrat wäre, der derzeit Krieg mit den Kurden führt??? Wir machen uns mit den Waffenlieferungen alle schuldig. Waffen an Zivilpersonen zu verteilen und dann kämpft mal schön… wir betrachten das Ganze vom Wohnsessel aus …., zum Schämen!!!!
hallihallo
vinsch, du kannst ja vom wohnsessel aufstehen und nach kiev fahren, wenn du der held sein will. vielleicht geht es dann deinem gewissen besser.
tirolersepp
Dramatische Situation in der Ukraine
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https://nachbarinnot.orf.at/nin/2022-hilfe-ukraine100.html