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Koalition der Willigen

Während der Trentiner Landtag die Fahrtspesenrückvergütung für Politiker abschafft, hat sich die SVP mit Teilen der Opposition zusammengetan, um die Privilegien zu retten.

von Matthias Kofler

Brigitte Foppa spricht wörtlich von einer „Hinhaltegeschichte“: Die SVP wolle erreichen, dass der Sonderausschuss seine Arbeiten ohne Ergebnis abschließt, warnt die Grüne. Auch Maria Elisabeth Rieder geht mit der Edelweißpartei hart ins Gericht: „Die wollen gar nicht über den Abbau der Privilegien sprechen – doch da spielen wir nicht mit“, betont die Team-K-Mandatarin.

Worum geht es?

Der Landtag hat auf Vorschlag von Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) einen Sonderausschuss eingerichtet, der die Gehälter und Renten der Mandatare neu regeln soll. Doch mehrere Oppositionspolitiker – darunter Brigitte Foppa und Maria Elisabeth Rieder – haben bereits durchblicken lassen, dass sie den Ausschuss verlassen werden.

Der Grund: die Parteienfinanzierung, die als Zusatzthema mitdiskutiert werden soll. Für eine Erweiterung der Themenliste haben sich neben der SVP auch die Freiheitlichen, die STF sowie die Ein-Mann-Fraktionen Enzian und Perspektiven für Südtirol ausgesprochen. Dagegen stimmten das Team K, die Grünen, die Lega, die 5-Sterne-Bewegung, Forza Italia und Fratelli d’Italia. Letztere argumentieren damit, dass die Parteienfinanzierung staatlich verboten sei. Die Bemühungen, hier einen Südtiroler Sonderweg einzuschlagen, dürften daher im Sand verlaufen, während wichtige Themen, beispielsweise die Reform der Fahrtkostenrückvergütung, auf der Stecke blieben, so Rieder und Co.

Maria Rieder

Seit dem Rücktritt von Jasmin Ladurner müsste den meisten Volksvertretern bewusst sein, dass die Fahrtspesen-Regelung in dieser Form nicht mehr zu rechtfertigen ist. Die Jungpolitikerin konnte jahrelang Fahrten nach Trient abrechnen, die sie gar nicht getätigt hatte. Der Trentiner Landtag zieht jetzt die Reißleine: Abrechnungen von Fahrten seien nicht mehr möglich, teilt Präsident Walter Kaswalder mit. Begründet wird die einschneidende Maßnahme mit dem Monti-Dekret von 2012. Dieses sieht eine Obergrenze für Politiker-Gehälter von 11.100 Euro brutto im Monat vor.

Seit der Erhöhung der Entschädigungen im vergangenen Sommer liegen die Abgeordneten aber deutlich über dieser Obergrenze. Die Brutto-Entschädigung beträgt seitdem 10.241,16 Euro. Hinzu kommen eine monatliche Nettopauschale von 732,23 Euro, eine Spesenvergütung durch den Regionalrat im Ausmaß von bis zu 784,53 Euro monatlich sowie eine Reisekostenrückerstattung durch den Landtag von bis zu 8.000 Kilometern im Jahr. Unter die Kategorie der Spesenrückvergütungen fallen das Fahrtengeld in Höhe von 33 Prozent des Preises für bleifreies Benzin, Autobahn- und Parkplatzgebühren, Taxispesen, Mahlzeiten bis zu 90 Euro täglich sowie Übernachtungen mit Frühstück von täglich 220 Euro.

Obwohl die BürgerInnen einen großen Teil des Jahres 2021 im Lockdown verbringen mussten, kommt Gert Lanz auf eine Spesenrückvergütung von stolzen 14.940,92 Euro. Der SVP-Fraktionschef ist damit Spitzenreiter im Abrechnungs-Ranking. Brisant: Lanz‘ Spesen sind in etwa so hoch wie das Durchschnittsgehalt eines einfachen Arbeiters. Das Argument des Pusterers, er müsse eine besonders lange Fahrt zum Arbeitsplatz auf sich nehmen, steht auf wackligen Füßen. Denn zu den Viel-Abrechnern gehören auch SVP-Politiker, die vergleichsweise kurze Strecken zurücklegen müssen: etwa der Sarner Franz Locher (6.528,12 Euro) oder der Bozner Helmuth Renzler (3.338,86 Euro).

Jasmin Ladurner und Gert Lanz

Der Großteil der Opposition verzichtet hingegen zur Gänze auf die Rückerstattungen. „Keiner der Abgeordneten des Team K hat jemals auch nur einen einzigen Cent an Fahrtkosten oder sonstigen Rückerstattungen verlangt – ganz unabhängig vom Wohnort der einzelnen Abgeordneten. Unser Gehalt ist mehr als ausreichend, um diese Ausgaben zu decken. Dass wir keine Spesen verlangen, ist für uns eine Frage des Respekts gegenüber den Arbeitnehmern, die diese Möglichkeit nicht haben“, sagt Maria Elisabeth Rieder, die wie Lanz aus dem Pustertal stammt. In den vergangenen acht Jahren haben sich Südtirols Abgeordnete sage und schreibe 285.000 Euro an Reisekosten rückerstatten lassen.

Das Team K will mit einem Antrag die Spesenrückvergütung abschaffen – und kann dabei mit der Unterstützung der 5 Sterne rechnen. „Ethisch halte ich Reiserückvergütungen für falsch, insbesondere wenn sie mit stark umweltbelastenden Privatfahrzeugen durchgeführt werden“, sagt Diego Nicolini. Die Nettopauschale reiche völlig aus, um Übernachtungen oder Fahrten in Ausübung des politischen Mandats abzudecken.

Ein Glaubwürdigkeitsproblem bekommen der Freiheitliche Andreas Leiter Reber und die STF-Abgeordnete Myriam Atz-Tammerle, die sich Fahrten im Wert von 1.900,20 Euro bzw. 2.021,12 Euro haben rückerstatten lassen. Ihre Unterstützung für das Ansinnen der SVP, eine Parteienfinanzierung einzuführen, hat vor dem Hintergrund ihrer Spesenabrechnung ein Geschmäckle. Koalieren sie mit der Edelweißpartei, um die eigenen Privilegien zu retten?

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