„Wahrheit wird ans Licht kommen“
Nach der Entlassung von Caritasdirektor Paolo Valente: Wie tief gespalten ist die Südtiroler Caritas?
von Markus Rufin
Die Entpflichtung von Paolo Valente als Caritasdirektor durch Bischof Ivo Muser sorgt nach wie vor für Diskussionen. Und lässt vor allem einige Fragen offen: Warum hat der Bischof erst jetzt reagiert, obwohl die Kritik an Valentes Führungsstil bereits lange bekannt war? Wie schlecht ist die Stimmung in der Caritas wirklich?
Zur Erinnerung: Am Freitag entpflichtete Bischof Ivo Muser Paolo Valente von seinen Aufgaben als Caritasdirektor. Der Bischof selbst bestätigte, dass dieser Schritt nötig war, weil Valentes Führungsstil kritisiert wurde – von fehlender Transparenz und Kommunikation war die Rede.
Diese Kritik gibt es aber nicht erst seit gestern. Spätestens seit dem Jahr 2020, damals fand eine Gewerkschaftsversammlung mit rund 100 Teilnehmern statt, wusste die gesamte Spitze darüber Bescheid.
Sie berichteten dabei über ein System der Angst, das Valente und die gesamte Direktion, aufgebaut haben. Eine ehemalige Mitarbeiterin, die anonym bleiben möchte, bestätigt diese Berichte der Tageszeitung. Jeder, der Valentes Gesinnung nicht gefolgt sei, musste dafür bezahlen. Langjährige Mitarbeiter, die verschiedene Dienste mit aufgebaut haben, wurde jegliches Vertrauen entzogen. Konkrete Fälle wollen die jeweiligen Mitarbeiter nicht nennen, denn für sie ist mit der Entlassung von Valente die Sache erledigt, sie hoffen darauf, dass die Mitarbeiter nun tatsächlich wieder mehr wertgeschätzt werden.
Valente selbst sprach im Jahr 2020 dagegen davon, dass er gemobbt werde und glaubte, dass die Divergenzen einem ethnischen Konflikt zugrunde liegen. Valente war nämlich der erste italienischsprachige Caritasdirektor, die Mehrheit der Mitarbeiter und Freiwilligen ist dagegen deutschsprachig. Diese Schilderung wird vom Bischof jedoch vehement bestritten.
Heute schweigt Valente aber zu seiner Entlassung: „Ich möchte nicht an diesem Massaker teilnehmen. Ich möchte die Schwächsten beschützen und das kann ich derzeit nur, indem ich schweige. Die Wahrheit wird aber ans Licht kommen.“
Fakt ist: Die Südtiroler Caritas ist derzeit tief gespalten. Das zeigt sich auch an den Reaktionen nach der Entlassung. Am Sitz der Caritas in der Sparkassenstraße wurde beispielsweise ein Zettel angebracht. Darauf zu lesen: „Erneut wählten sie Barabbas“. Ein Verweis auf die biblische Figur, die anstelle von Jesus begnadigt wurde. Es ist eine Botschaft, die zeigt, dass Valente auch Unterstützer in der Caritas hatte. Ehemalige Mitarbeiter berichten jedoch davon, dass seine Entpflichtung mit Freude notiert wurde.
Höchstwahrscheinlich, meint ein weiterer langjähriger Mitarbeiter, der ebenso möchte, dass sein Name nicht genannt wird, haben sich im Laufe der vergangenen Jahre aber immer mehr Mitarbeiter beim Bischof direkt gemeldet, weshalb dieser letztendlich keine andere Möglichkeit hatte, den Caritasdirektor zu entpflichten.
Es ist denkbar, dass der Bischof, der Valente selbst als Caritasdirektor ernannt hatte und mit seinem Führungsstil wohl durchaus einverstanden war, ihn entpflichten musste, um nicht selbst in die Kritik zu geraten. Valente könnte also letztendlich eine Art Bauernopfer sein.
Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)
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Kommentare (6)
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artimar
Wenn auch sehr spät, war das wohl ein längst überfälliger und notwendiger Schritt des Bischofs. Denn nur mit einem guten Arbeitsklima kann sich jede(r) wohl fühlen.
tirolersepp
Bin mal gespannt auf die Wahrheit !
pingoballino1955
@tirolersepp,ich auch,der Bischof schweigt,dann wird auch nix rauskommen.Muser weiss sicher warum er schweigt,warum hat er denn so lange mit diesem Schritt gewartet??? Er hat Angst dass er selbst ins Kreuzfeuer kommt-wie immer „HAAAAAAL“