„Das ist absurd“
Mit einem positiven Corona-Test verfällt automatisch das sportärztliche Zeugnis. Die Anzahl der Sportvisiten hat sich deswegen verdoppelt – weil einige zuletzt auch mehrfach zur Visite mussten.
von Lisi Lang
Bereits seit rund einem Jahr müssen alle Sportlerinnen und Sportler nach einer Covid-Infektion eine zusätzliche sportmedizinische Untersuchung absolvieren. Das alte sportmedizinische Attest verliert nämlich durch die Infektion bzw. durch einen positiven Corona-Test automatisch seine Gültigkeit.
Mit Anfang Jänner wurden vom Fachverband der italienischen Sportmediziner FMSI nun vereinfachte Empfehlungen veröffentlicht. Im Rahmen dieser Empfehlungen werden die Sportlerinnen und Sportler in verschiedene Gruppen eingeteilt und je nach Zuteilung sind zusätzlich zur sportmedizinischen Untersuchung weitere Gesundheitschecks vorgesehen. Demnach sind jetzt zwar weniger Untersuchungen für Personen ohne oder mit geringen Symptomen vorgesehen, die zusätzliche Visite aber bleibt – egal ob man einen schweren oder einen leichten Verlauf hatte.
Für die Sportmediziner bedeutet das, dass wegen der zuletzt hohen Infektionszahlen viel mehr zu tun ist. „Die Zahl der Visiten hat sich innerhalb von zwei oder drei Monaten verdoppelt“, sagt Stefan Resnyak, Primar des Betrieblichen Dienstes für Sportmedizin. „Wir können gar nicht mehr nachkommen, weil unser Dienst auf 30.000 Visiten im Jahr ausgelegt ist und jetzt sind es 60.000.“
Vor allem bei den Kindern und Jugendlichen hat die Anzahl der Untersuchungen zuletzt stark zugenommen, da es vor allem in dieser Altersgruppe viele positive Tests gab. Aber es sind nicht nur Kinder und Jugendliche betroffen, auch viele Geimpfte, die positiv getestet wurden aber komplett asymptomatisch waren, müssen die Sportvisite wiederholen. Und das gilt auch für all jene, die vielleicht erst vor wenigen Monaten die Visite durchgeführt haben.
Genau das ist laut dem Primar des Betrieblichen Dienstes für Sportmedizin auch eines der großen Probleme aktuell: Einige Patienten mussten wegen positiver Corona-Tests letzthin mehrfach die Sportvisite wiederholen. „Es gibt Kinder und Jugendliche, die im September mit Schulbeginn die jährliche Visite gemacht haben und jetzt sehen wir sie wieder“, erklärt Stefan Resnyak. Andere Patienten habe man zuletzt innerhalb eines kurzen Zeitraumes bereits zum dritten oder vierten Mal gesehen. „Nach jedem positiven Test müssen sie wieder zu uns kommen und da kann es schon sein, dass jemand öfter kommen muss“, weiß Stefan Resnyak.
Auf die Frage hin, ob das medizinisch sinnvoll ist, hat der Primar eine klare Antwort: „Nein! Es handelt sich hierbei um eine Regelung des Gesundheitsministeriums auf Vorschlag der Sportverbände, aber eigentlich macht sie keine Sinn – wir müssen Leute untersuchen, die keine Symptome hatten und auch jetzt keine Beschwerden haben, trotzdem müssen sie aber eine Untersuchung machen“, erklärt der Primar.
Weil die Nachfrage zuletzt so deutlich gestiegen ist, sind zwangsläufig auch die Wartezeiten länger geworden – laut Resnyak redet man mittlerweile von freien Terminen im April. Der Sportmediziner kann den Ärger der Betroffenen, die auf diese Termine warten müssen, nachvollziehen, aber man könne nichts machen. „Wir haben mittlerweile sogar Leute, die gerade erst positiv getestet wurden und bereits einen Termin ausmachen wollen, damit es danach schneller geht“, weiß Stefan Resnyak. „Das ist absurd“.
Die im Jänner beschlossenen Lockerungen gehen dem Primar des Betrieblichen Dienstes für Sportmedizin deswegen nicht weit genug. „Ich hätte mir erwartet, dass es nicht bei einer gesetzlichen Vorschrift bleibt, sondern dass wir Ärzte einordnen können, ob ein Patient mit Covid wieder zur Visite kommen und welche Tests er machen muss – so wie bei jeder anderen Krankheit auch“, unterstreicht Stefan Resnyak. „Nur bei Covid-19 gibt es aktuell diese Vorschrift, bei anderen Erkrankungen, wie schweren Lungenentzündungen und Co. verfällt ein Wettkampfzeugnis hingegen nicht automatisch“, unterstreicht der Primar des Betrieblichen Dienstes für Sportmedizin.
Stefan Resnyak hofft, dass sich diese Regelung schon bald wieder ändert, weil man so einfach nicht weitermachen könne – man könne nicht jeden Patienten mehrfach pro Jahr untersuchen, vor allem, da bei Corona-Patienten mit keinen oder nur leichten Symptomen bislang keine oder kaum Auffälligkeiten bei der sportärztlichen Untersuchung nach der Infektion festgestellt wurden.
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Kommentare (6)
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hallihallo
diese jährlichen visiten sind sowieso abzockerei.
weil ich einmal im jahr bei einem rennen mitlaufe oder ein skirennen bestreite , muß ich eine sportvisite machen. das gibt es im ausland nirgends.
und dann fallen profifußballer plötzlich auf dem spielfeld um. die müßten doch hundertfach untersucht worden sein.
indirekt
So ganz willkürlich ist diese Verordnung nicht,denn auf eine Infektion der Atemwege durch Viren folgt oft eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis.Wenn eine Myokarditis aufgetreten ist, sind wiederum Sport und starke körperliche Belastungen mehrere Monate lang zu vermeiden, ansonsten drohen gefährliche Komplikationen plötzlichem Herztod. Der plötzliche Herzstillstand bei Spitzensportlern, den du angesprochen hast, ist eben oft darauf zurückzuführen, dass Sportler nach einer Grippe sich unbemerkt eine Herzmuskelentzündung zugezogen hatten.
andreas1234567
Hallo nach Südtirol,
„das ist doch absurd“ hört man zuletzt öfter, die Entwicklung hat nicht erst mit einer gewissen Infektionskrankheit begonnen.
Speziell in Südtirol sind piepsende Kindersitze, die 75PS-Regel für Fahranfänger, die Nummernschildposse für ausländische Saisonkräfte und diverse „Sonderregeln“ auf Südtirols Skipisten die es sonst nirgends im alpinen Raum gibt zu erwähnen.
Immer strengere Bargeldeinschränkungen und realitätsferne Verkehrsstrafen gehören auch dazu.
Es wundert nicht wenn ein auf der Parkbank verzehrter Snack um 280, eine einsame Bergtour um 400 Euro und Kinder, die einen Zaun zu ihrem Spielplatz überklettert haben mit 600 Euro in die Strafe gestellt wurden.
Der geschilderte Fall ist nicht mehr als ein Mosaikstein eines Gesamtbildes
Trotzdem auf Wiedersehen in Südtirol
indirekt
So ganz willkürlich ist diese Verordnung nicht,denn auf eine Infektion der Atemwege durch Viren folgt oft eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis.Wenn eine Myokarditis aufgetreten ist, sind wiederum Sport und starke körperliche Belastungen mehrere Monate lang zu vermeiden, ansonsten drohen gefährliche Komplikationen plötzlichem Herztod. Der plötzliche Herzstillstand bei Spitzensportlern, den du angesprochen hast, ist eben oft darauf zurückzuführen, dass Sportler nach einer Grippe sich unbemerkt eine Herzmuskelentzündung zugezogen hatten.