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„Wir zerbröseln“

Reinhold Messner

Reinhold Messner bekommt mit Lilli Gruber und Joseph Zoderer das Ehrenzeichen des Landes Tirol. Welche Botschaft er darin sieht.

von Artur Oberhofer

Es war das Nachrichtenportal Salto.bz, das als erstes Medium die Nachricht lancierte: Lilli Gruber, Reinhold Messner und Joseph Zoderer werden mit dem Ehrenzeichen des Landes Tirol ausgezeichnet. Damit werde, so das Portal, „das andere Südtirol“ gewürdigt.

Die TAGESZEITUNG hat bei Reinhold Messner nachgefragt.

TAGESZEITUNG Online: Herr Messner, Sie bekommen das Ehrenzeichen des Landes Tirol. Was empfinden Sie?

Reinhold Messner: In dieser Konstellation ist es akzeptabel, denn mit uns haben drei liberale, relativ freie, sozialdemokratisch denkende Menschen dieses Angebot erhalten.

Sie sprechen von Angebot?

Ja, weil man ja vorher gefragt wird, ob man die Auszeichnung annimmt. Ich habe früher auch öfter Nein gesagt. Aber in der derzeitigen Konstellation, die wir Südtirol haben, ist die Auszeichnung ein Statement …

Mit Konstellation meinen Sie?

Die ganze Konstellation im Rahmen der Vergabe der Bus-Konzessionen, die SAD-Affäre. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ich fühle mich derzeit in Südtirol nicht gerade glücklich. Ich sehe, dass wir zerbröseln. Und ich denke dabei nicht nur an den SAD-Skandal. Wir erleben auch in Südtirol das, was in anderen Demokratien passiert, ich denke da an die vielen Menschen, die sich nicht impfen lassen. Uns als Minderheit erwischt es dabei härter, als andere Demokratien. Wir haben – wenn Sie nach Deutschland blicken – eine Situation wie in den 1920er-Jahren. Ich bin ein älterer Herr, völlig zufrieden, ich lebe – auch aufgrund der Pandemie – zurückgezogen und beobachte die Welt noch mehr als sonst.

Sie haben keinen Augenblick daran gedacht, die Auszeichnung nicht anzunehmen?

Nein, weil die Auszeichnung auch ein Statement zugunsten des Landeshauptmannes ist …

Arno Kompatscher steht derzeit mächtig unter Druck …

Weil ihm die „Dolomiten“ die Hölle heiß macht? Nein, ich finde nicht, dass er unter Druck steht. Das sieht man an den hervorragenden Umfragewerten, die Kompatscher hat. Das ist ein wichtiges Zeichen, denn das bedeutet, dass die größere Zahl der Menschen in Südtirol endlich kapiert hat, dass das, was medial passiert, nicht mehr trägt wie früher. Früher war jemand, der von den Athesia-Medien abgestraft wurde erledigt. Heute funktioniert das nicht mehr …

Finden Sie?

Ja, schauen Sie sich die Umfragewerte Kompatschers an. So schlimm wie Kompatscher und dessen Getreue wurde von den „Dolomiten“ schon lange niemand mehr abgestraft. Aber die Menschen haben verstanden, dass der Landeshauptmann integer ist. Er hat das durchgestanden. Mit anderen Worten: Wenn jemand so attackiert wird wie der Landeshauptmann und dann trotzdem weitaus die Nummer eins ist, dann heißt das, dass die Leute sich nicht mehr beeinflussen lassen. Das macht mir Freude.

Ich habe nichts gegen Athesia …

Sondern?

Ich habe etwas gegen das Medienmonopol und gegen die Art und Weise, wie sie es seit 50 Jahren nutzen.

Sind die Ehrenzeichen für Lilli Gruber, Joseph Zoderer und Sie eine Würdigung des anderen Südtirol?

Wir waren in den 1970er Jahren mit Alexander Langer sicher unter jenen Köpfen, die über unser Land nachgedacht haben. Dass jetzt drei aus dieser Zeit kommende und in die heutige Zeit hineinwirkende Andersdenkende ausgezeichnet werden, das passt. Ich hätte die Auszeichnung nicht gerne mit Wirth Anderlan bekommen.

 

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