Grenzwertiges Plakat
Das Strafverfahren gegen Vertreter der Südtiroler Freiheit wegen des Ärzte-Plakats ist weiter aufrecht. Nun wird nach einer außergerichtlichen Lösung gesucht.
von Thomas Vikoler
Die Plakatkampagne „Deutsche Sprache im Krankenhaus“, welche die Südtiroler Freiheit im Jahre 2019 lancierte, kann nachträglich als erfolgreich bezeichnet werden. Sie erhielt eine erhebliche öffentliche Aufmerksamkeit vor allem deshalb, weil Ärzte- und Zahnärztekammer deswegen Strafanzeige erstatteten und die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren wegen übler Nachrede gegen die SF-Vertreter Eva Klotz, Sven Knoll, Werner Thaler und Stefan Zelger einleitete.
Auch gegen die Verantwortlichen einer Werbeagentur und der zur Athesia-Gruppe gehörenden Plakatierungsfirma First Avenue, welche das umstrittene Plakat mit den Füßen eines Toten mit dem Schildchen „Der Arzt konnte kein Deutsch“ oder „Hier stirbt das Recht auf Muttersprache“ auf Bushaltestellen ausgehängt hatte.
Im März vergangenen Jahres beantragte die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens. Begründung: Fehlender Vorsatz. Die Anklagebehörde erachtete die Aufmachung des Plakats zwar für „grenzwertig“, letztlich habe aber eine Abwägung zwischen dem Grundrecht auf freie Meinungsäußerung dem Grundsatz der Gleichheit der Würde aller Bürger vorgenommen werden müssen. Mit dem Vorrang von ersterem.
Die Ärzte- und Zahnärztekammer wollte das nicht so hinnehmen, und legte über den Anwalt Beniamino Migliucci Einspruch gegen den Archivierungsantrag der Staatsanwaltschaft ein.
Gestern hätte am Landesgericht darüber verhandelt werden sollen, doch wegen eines Richterwechsels – der Fall wurde nun Ex-Gerichtspräsidentin Elsa Vesco zugeteilt – gab es eine Vertagung auf den 24. Mai.
Doch zu einer Verhandlung zum Archivierungsantrag der Ärzte wird es möglicherweise nicht kommen: Die Verfahrensparteien verhandeln über eine Rücknahme des Einspruchs der Kammer unter der Bedingung, dass die Südtiroler Freiheit ihre Beweggründe hinter der Plakatkampagne öffentlich klarstellt.
Und die könnten in etwa so lauten:
Man habe bewusst ein drastisches Bild gewählt habe, um auf das Problem der Nichteinhaltung der Zweisprachigkeit in der Sanität aufmerksam zu machen. Es habe nie die Absicht bestanden, die Fähigkeiten der Ärzte in Frage stellen.
Alles nicht so gemeint wie aufgefasst, also.
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Kommentare (11)
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steve
Da sieht man vor allem eins, wie die Ärztekammer tickt und welche Leute da bereits in den Führungsgremien sitzen.
So ein Plakat kann man doch mit ein bisschen Schmunzeln abtun.
heracleummantegazziani
Schmunzeln? Echt jetzt? Es reiht sich nahtlos ein in die geschmacklosen Provokationen der STF. Wo Geschmacklosigkeit Stil wird, muss man sich wirklich fragen, ob man das so einfach hinnehmen muss.
steve
Ist es so schlimm wenn eine politische Partei auf das Recht auf Zweisprachigkeit hinweist.
In der Medizin könnten Verständigungsprobleme wirklich fatale Folgen haben.
Das Plakat ist recht geistreich und gut gemacht, wie ich finde.
Viel schlimmer ist meiner Meinung nach eine Standesvertretung, die meint ständig die Italianità retten zu müssen.
Darüber regen sie sich natürlich nicht auf!
Was Herr Yannis schreibt vergessen wir mal, interessiert auch keinen.
heracleummantegazziani
Nein, die Verständigungsschwierigkeiten gibt es nicht, denn entweder zweisprachige Pfleger oder zweisprachige Ärzte, die den deutsch- oder italienischsprachigen Patienten (ja die Fälle gibt es umgekehrt auch), werden immer in ihrer Sprache aufgeklärt. Die STF beklagt sich übrigens bei umgekehrten Fällen nicht.
Es geht nicht darum, dass eine Partei auf das Recht auf Zweisprachigkeit hinweist, die ist ja in der Autonomie festgeschrieben, es geht darum, welche Botschaft sie aussendet und die im Plakat ist falsch.
robby
In Anbetracht der Deutschkenntnisse eines großen Teils der italienischsprachigen Ärzte in den Krankenhäusern hat die Plakataktion durchaus ihre Berechtigung.
heracleummantegazziani
Nicht in dieser Form. Hier wird suggeriert, dass Menschen wegen fehlender Sprachkenntisse gestorben sind.
artimar
Wohl eine typische SLAPP, eine Klage, die den Zweck hat, Kritiker einzuschüchtern und ihre öffentlich vorgebrachte Kritik zu unterbinden.