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Die Furbetti

Aus in Südtirol gibt es besonders „schlaue“ Hoteliers, die ihre Häuser mit der Auflage, sie in einen 5-Sterne-Betrieb umzuwandeln, großzügig ausbauen – um sie nach erfolgtem Umbau als 4-Sterne Betriebe weiterzuführen.

von Artur Oberhofer

Ein bekannter Touristiker aus dem Gadertal räumt hinter vorgehaltener Hand ein: „Es gab in den letzten Jahren vermehrt solche Fälle.“ Der Unmut unter den touristischen Mitbewerbern sei entsprechend groß. Denn schließlich handle es sich um unlauteren Wettbewerb.

Am Verwaltungsgericht in Bozen wird derzeit ein Fall ausjudiziert, der möglicherweise Präzedenzcharakter hat – und an dem sich das Phänomen des „Sterne-Schwindels“ sehr gut festmachen lässt.

Es geht, in wenigen Worten, darum: Um in den Genuss günstigerer Parameter in Bezug auf die Bruttogeschossflächen zu gelangen, täuschen besonders „schlaue“ Hoteliers die Errichtung eines 5-Sterne-Betriebes vor, führen das Haus aber nach der erfolgten großzügigen Erweiterung als 4-Sterne-Hotel weiter.

Der konkrete Casus spielt in einer Tourismusgemeinde des Gadertales.

Im Jahr 2019 hat der Hotelier mehrere Baukonzessionen zur Erweiterung des Haupthauses und der Dependance eingereicht.

Diese Baukonzessionen wurden erlassen, allerdings mit der Auflage, dass das Haupthaus nach der Erweiterung von einem Hotel mit vier Sternen in einen 5-Sterne-Betrieb heraufgestuft wird – und die Dependance von einem Hotel mit drei Sternen ebenfalls in ein Haus mit fünf Sternen.

Laut Baukonzession stellt die effektive Einstufung bzw. die Änderung der Einstufung die Voraussetzung zur Ausstellung der neuen Betriebserlaubnis dar.

Das erweiterte Hotel wurde im Sommer 2021 eröffnet.

Was die Konkurrenzbetriebe stutzig machte: Das Hotel wurde auf der Internetseite auch in der Folge als 4-Sterne-Betrieb beworben. Eine Nachfrage in der Gemeinde ergab dann tatsächlich, dass das fragliche Hotel immer noch als 4-Sterne-Betrieb und die Dependance als 3-Sterne-Haus eingestuft sind.

Ein Konkurrenzbetrieb wollte der Sache auf den Grund gehen und stellte – über einen Rechtsanwalt – zunächst bei der Gemeinde Recherchen an.

Die Gemeinde teilte auf Anfrage mit, dass im August 2021 – als das erweiterte Hotel längst wieder geöffnet war – ein Gesuch für die Einstufung als 5-Sterne-Betrieb eingereicht worden sei, doch das Verfahren sei „noch nicht abgeschlossen“.

Im Oktober 2021 wurden die Gemeinde und die zuständigen Landesstellen – immer auf dem Rechtsweg – nochmals darauf hingewiesen, dass „die Führung des Hotels als 4-Sterne-Betrieb anstatt – wie vorgeschrieben – als 5-Sterne-Betrieb eine krasse Verletzung der Auflauf laut Baukonzession“ darstelle. Die genannten Baukonzessionen waren nämlich allesamt mit der Auflage ausgestellt worden, dass vor dem Erlass der Benutzungsgenehmigung die Betriebslizenz als 5-Sterne-Hotel vorgelegt wird.

Mit anderen Worten: Da die Betriebslizenz nicht auf einen 5-Sterne-Betrieb abgeändert worden sei, fehlte seit Juni 2021 eine wesentliche Voraussetzung für die Benutzungsbewilligung. Und: Die ganze Sommersaison 2021 hatte das Hotel widerrechtlich geöffnet.

Warum wenden einige Hoteliers diesen Sterne-Trick an?

Im Fall des konkreten Beispiels aus dem Gadertal hat der Hotelier fast 1.800 Quadratmeter Bruttogeschossfläche mehr genehmigt bekommen (insgesamt wurde das Hotel um 11.800 Quadratmeter erweitert).

Für einen 4-Sterne-Betrieb wäre nur eine Erweiterung im Ausmaß von maximal 9.035 Quadratmeter zulässig gewesen. Der Hintergrund: Der betroffene Betrieb fällt in die Kategorie 120-149 Betten, es hätte also der Parameter 43 Quadratmeter pro Bett angewendet werden müssen, der unter jenem für 5-Sterne-Hotels liegt .

Die anderen Hoteliers in der Gemeinde sprechen von einem ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil.

Ein von der TAGESZEITUNG befragter Experte erklärt den Trick so:

„Wenn der Betrieb weit über das zulässige Limit hinaus erweitert wird und noch dazu anstatt als 5-Sterne-Hotel als 4-Sterne-Hotel geführt wird – also ohne die kostspieligen Auflagen für ein 5-Sterne-Hotel einzuhalten wie etwa eine 24-Stunden-Küche oder Nachportier –, ist dies eine Form des unlauteren Wettbewerbs, die nachteilige Auswirkungen auf die Auslastung und die Preisgestaltung der Mitbewerber hat. Das (betroffene) Hotel hat nämlich sein Angebot um tausende Quadratmeter (Wellness, Restaurant, größere Zimmer usw.) erweitert, indem behauptet wurde, einen 5-Sterne Betrieb errichten zu wollen, aber danach wird nur ein 4-Sterne-Standard geboten.“

Aus diesen Gründen – aber auch wegen diverser eklatanter Rechtswidrigkeiten der von der Gemeinde ausgestellten Baukonzessionen – forderten Mitbewerber denn auch ein Einschreiten der Gemeinde.

Doch diese zögerte – und zaudert bis heute.

Die Gemeindeverwaltung rechtfertigte ihr Nicht-Einschreiten unter anderem damit, dass – Zitat – „die Tätigkeit des Bauamtes der Gemeinde bis vor Kurzem aufgrund von Personalmangel – es fehlte die Figur des Gemeindetechnikers – notgedrungen eingeschränkt“ gewesen sei. Aufgrund der Komplexität sei dann ein externer Berater mit dem Fall betraut worden.

Laut Gesetz droht dem Betrieb der Abbruch der gesamten neu errichteten Kubatur.

Im konkreten Fall kommt noch der erschwerende Umstand hinzu, dass die Bausünden in einem Landschaftsschutzgebiet begangen worden sind. Es wurden also im Landschaftsschutzgebiet tausende Kubikmeter neu gebaut, ohne dass das Land dazu eine Landschaftsschutzgenehmigung ausgestellt hätte, obwohl dies (laut Art. 12 des Landesgesetzes Nr.16/1970) vorgeschrieben wäre. Außerdem hat der Hotelier nur 75 der vorgeschriebenen 150 Parkplätze errichtet.

Ein mit der Angelegenheit befasster Experte sagt: „Land und Gemeinde antworten nur, wenn ein Nachbar Rekurs macht, sonst Schweigen im Walde …“

Jedenfalls ist auch die Staatsanwaltschaft auf den Plan getreten und hat in der Zwischenzeit – nach Informationen der TAGESZEITUNG – gravierende Bauvergehen festgestellt.

Die Folge-Geschichte ist bezeichnend: Laut Baukonzession muss die Einstufung gleichzeitig mit der Benutzungsbewilligung erfolgen, also hätte diese nie ausgestellt werden dürfen, wenn nicht vorher die Hotel-Einstufung vorliegt.

Was macht die Gemeinde im geschilderten Fall? Sie traut sich offenbar nicht, eine rechtswidrige Benutzungsbewilligung auszustellen, also lässt sie den Termin verfallen, womit die Benutzungsbewilligung stillschweigend nach 30 Tagen als erteilt gilt, auch wenn sie klar rechtswidrig ist, weil die Voraussetzung, nämlich die Neueinstufung 5-Sterne, fehlt.

Nachdem durch dieses „Entgegenkommen“ der Gemeinde die Sommersaison 2021 des Hotels „gerettet“ wurde, ist Anfang 2022 eine neue Lizenz für einen 5-Sterne-Betrieb ausgestellt worden.

Die Einstufungs-Kommission hat zwar festgestellt, dass das Hotel zu wenig Personal für einen 5-Sterne-Standard hat, aber anstatt die Einstufung abzulehnen, wurde sie „provisorisch“ erteilt, weil der Hotelier versprochen hat, das Personal bis zum November 2023 aufzustocken.

Der „arme“ Hotelier kann also mit dieser provisorischen Einstufung fast zwei Jahre mit weniger Personal als vorgeschrieben weiterarbeiten – hochoffiziell und nun „legal“.

So etwas nennt man „hoteliernahe“ Verwaltung.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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