„Doppelt gestraft“
Die aktuelle Inflationsrate von 4% straft Südtirols Arbeitnehmer gleich in zweifacher Hinsicht ab: Zum einen kratzt sie an der Kaufkraft der Löhne, zum anderen nagt sie an den Ersparnissen vieler Arbeitnehmerfamilien.
von Artur Oberhofer
Stefan Perini nimmt die Antwort vorweg: „Ja, Südtirols ArbeitnehmerInnen sind doppelt gestraft.“
Für die Winterausgabe des AFI-Barometers haben Perini & Co. untersucht, ob die Corona-Pandemie das Sparverhalten der Südtiroler Arbeitnehmer/innen verändert hat. Und, wenn ja, auf welche Weise?
Das AFI kam zum Schluss, dass die aktuelle Inflationsrate von 4% Südtirols ArbeitnehmerInnen gleich in zweifacher Hinsicht bestraft. „Zum einen kratzt sie an der Kaufkraft der Löhne“, zeigt sich AFI-Direktor Stefan Perini besorgt, „zum anderen nagt sie an den Ersparnissen vieler Arbeitnehmerfamilien“.
Die Corona-Pandemie habe sich in den letzten zwei Jahren nicht nur auf das soziale Leben der Menschen ausgewirkt, sondern auch ihr Sparverhalten beeinflusst. Das belegten Studien sowohl auf gesamtstaatlicher als auch auf europäischer Ebene.
Wie jedes Jahr hat das Arbeitsförderungsinstitut auch in der aktuellen Winterausgabe des AFI-Barometers das Sparverhalten der Südtiroler Arbeitnehmer/innen in den Blick genommen.
Wofür sparen Südtirols Arbeitnehmer/innen?
Die Südtiroler sparen in erster Linie für unvorhersehbare Ereignisse (von 56% der Befragten als einer von zwei Spargründen angegeben), für ihre Kinder (55%), für eine Wohnung (45%) und fürs Alter (44%).
Im Vergleich zu den Befragungen vor der Corona-Pandemie, hat sich das Sparen für Notfälle zum Hauptgrund herauskristallisiert und das „Sparen für die Kinder“ (zuvor stets der Spitzenreiter) im Ranking überholt.
Allerdings variiert die Bedeutung der einzelnen Spargründe im Lebensverlauf stark: die Unter-30-Jährigen sparen hauptsächlich für die Wohnung, Personen mittleren Alters für die Kinder, die Über-50-Jährigen für Unvorhergesehenes und fürs Alter, so das AFI.
Die „Schere“ zwischen Sparern und Nicht-Sparern
Durch die Corona-Pandemie und den damit verbundenen Konsumeinbruch hat die Sparquote der italienischen Familien stark zugenommen.
Die gesamtstaatlichen Daten zeigen für die Familien in Italien eine pandemiebedingte Zunahme der Bankeinlagen von 110 Milliarden Euro.
Mit Blick auf die Sparmöglichkeiten gehen die Einschätzungen in der Südtiroler Arbeitnehmerschaft aber ziemlich auseinander, hat das AFI nun festgestellt.
Die Daten: 17% der Befragten sind überzeugt, in den nächsten 12 Monaten „sicherlich“ Geld auf die hohe Kante legen zu können, 41% „eher schon“, 29% „eher nicht“ und 13% „sicher nicht“. „Demnach sind 42% der Südtiroler Arbeitnehmer/innen nicht von den Sparmöglichkeiten ihrer Familien überzeugt“, präzisieren die Experten des AFI. Die Ersparnisse und das verfügbare Vermögen auf den Bankkonten nehmen zwar zu; allerdings sind bei weitem nicht alle in der Lage, Geld auf die hohe Kante zu legen.
Interessant ist der Umstand, dass es bei Südtirols ArbeitnehmerInnen beträchtliche Unterschiede zwischen Vollzeit- und Teilzeitangestellten und zwischen den Altersgruppen gibt.
52% der Teilzeitangestellten geben an, kein Geld auf die hohe Kante legen zu können; bei den Vollzeitangestellten trifft dies nur auf 38% zu.
Interessanterweise schätzen die Unter-30-Jährigen ihre Sparmöglichkeiten am besten ein, während die Über-50-Jährigen sich diesbezüglich schwerer zu tun scheinen.
Sparziele: Sicherheit über alles
Vom Sparverhalten her setzen Südtirols ArbeitnehmerInnen immer mehr auf Sicherheit. Ausdruck findet dies in der Präferenz für Liquidität – vermehrt nimmt sie den Status einer „eisernen Reserve“ ein – und in einer geringen Investitionsbereitschaft in Anlagen mit höherem Risiko. Liquidität vermittelt Sicherheit aufgrund ihrer unmittelbaren Verfügbarkeit. Im Unterschied zu den Spargründen ändern sich die Sparziele nicht mit dem Alter. „Die Prioritäten haben sich dort seit 2014 nicht verändert – auch nicht in Zeiten von Covid-19“, so das AFI.
Die Inflation nagt an den Ersparnissen
Die Inflation macht sich derzeit vor allem durch stark steigende Treibstoffpreise, Strom- und Gasrechnungen und zum Teil auch durch höhere Lebensmittel- und Konsumgüterpreise bemerkbar. In Südtirol ist sie im Dezember 2021 auf knapp 4,0% geklettert. Diese Entwicklung schmälert nicht nur die Kaufkraft der Löhne, sondern kratzt bei annähernden Nullzinsen auch das an, was im Laufe eines Erwerbslebens angespart wurde. „Doch auch die Flucht in riskante Geldanlagen, nur um eine positive Nettorendite zu erwirtschaften, kann nicht die Lösung des Problems sein“, mahnt Perini an.
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