Der Freispruch
Kein Vorsatz, keine Absprache, kein Amtsmissbrauch: Warum der frühere Bozner Bürgermeister Luigi Spagnolli zur Causa Twenty am Landesgericht freigesprochen worden ist.
Von Thomas Vikoler
Er beschäftigt sich inzwischen als Direktor des Landesamtes für Jagd und Fischerei vornehmlich mit Bären und Wölfen. Im März 2014 befasste sich Luigi Spagnolli, damals Bürgermeister der Stadt Bozen, ausnahmsweise mit einer Baugenehmigung. Nicht irgendeine: Spagnolli erließ am 13. März jenes Jahres die Baukonzession für die Erweiterung des Einkaufszentrums Twenty in der Galileistraße um 20.000 Quadratmeter Detailhandelsfläche.
Das Twenty war zuvor von einer Kommission des Landes zum Landeseinkaufszentrum bestimmt worden. Der Anlass: Die Südtiroler sollten in der Landeshauptstadt ein Shopping-Center bekommen, das sie davon abhält, ihre Kaufkraft außerhalb des Landes einzusetzen.
Wegen dieser Baukonzession klagte die Staatsanwaltschaft Spagnolli wegen erschwerten Amtsmissbrauchs an. Der Bürgermeister, der wegen Befangenheit der damaligen Urbanistikstadträtin Chiara Pasquali eingesprungen war, soll negative Gutachten (der Baukommission, der Landesurbanistikkommission der Flugbehörde ENAC) übergangen haben. Vor allem aber wurde Spagnolli vorgehalten, den Flughafenrisikoplan, von dem das Bauareal damals betroffen war, ignoriert zu haben. Auch Absprachen mit Giovanni Podinivon der projektbetreibenden Podini Holding wurden ihm unterstellt.
Luigi Spagnolli ist am 9. Juli vergangenen Jahres am Landesgericht von einem Senat unter Vorsitz von Stefan Tappeiner in Abwesenheit voll freigesprochen worden. Weil seine Handlungen keine Straftat darstellen.
In der nun vorliegenden 89-seitigen Urteilsbegründung wird der Fall minuziös unter die Lupe genommen. Es wird etwa darauf hingewiesen, dass es für die Twenty-Erweiterung auch positive Fachgutachten gab: Der Autobahnverwaltung, des Transportministeriums, des Amtes für Luft und Lärm, des Landes-Rechtsamtes, dazu den Beschluss der Landesregierung zur Umwidmung des Bauareals. Wenige Tage vor der Baukonzession hatte die Gemeinde zudem mit der Podini Holding eine Vereinbarung zum Bau der Radbrücke von Don Bosco zum erweiterten Twenty abgeschlossen, welche das Gericht als von öffentlichem Nutzen einstuft.
Allein wegen dieser Sachlage könne nicht von einem Vorsatz Spagnollis ausgegangen werden, gegen seine Amtspflichten der Podini Holding einen rechtswidrigen Vorteilverschafft zu haben, schreibt das Gericht. Es habe sich auch kein Nachweis dafür finden lassen, dass der Bürgermeister mit dem Bauwerber eine Absprache zur Lösung des Risikoplan-Problems getroffen hatte. „Es gibt keine elektronische Nachrichten, die das auch ansatzweise nahelegen“, heißt es in der Urteilsbegründung. Nachgewiesen ist hingegen ein Rechtsgutachten des Bologneser Anwalts Francesco Paolucci, welches Giovanni Podini dem Bürgermeister zukommen ließ. Mittels Boten.
Letztlich habe Spagnolli durch seine Baukonzession für das Twenty II im öffentlichen Interesse gehandelt, die damit verbundene Fünf-Millionen-Euro-Investition eines Privaten habe Geld in die Gemeindekassen gespült.
Bemerkenswert ist die „Lösung“ des Gerichts zum Risikoplan-Problem: Das Bauareal sei damals zwar davon betroffen gewesen, der Plan habe sich nachträglich aber als zu rigide herausgestellt und sei von der ENAC im Sinne des Twenty abgeändert worden. Außerdem wird der Zeugenaussage eines Flughafenexperten namens Emilio Corea großes Gewicht gegeben. Corea hatte bereits vor der Causa Twenty die Gemeinde darauf hingewiesen, dass die Risikozonen im 2010 vom Gemeinderat gutgeheißenen Plan im Vergleich zu anderen Flughäfen „überdimensioniert“ seien. Übertriebenes Risiko.
Und auch die Geschichte um die Genehmigung der Twenty-Brücke auf einem teilweise privaten Grundstück hat sich im Laufe der Zeit erledigt: Renato Tamanini, der Grundeigentümer, ließ sich, wie es im Urteil heißt, die Fläche um 3,5 Millionen Euro von der Podini Holding abkaufen. Weit über dem Marktwert.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit welchem die Ausweisung des Twenty zum Landeseinkaufszentrum für rechtswidrig erklärt wurde, spielt im Strafurteil Spagnolliübrigens keine Rolle. Diese habe mit dem damaligen Bürgermeister nichts zu tun, heißt es.
Mit dem Urteil befasst sich Ende März der Staatsrat.
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Kommentare (2)
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prof
Sehr gut,jetzt kann sich Herr Spagnolli für die nächsten Landtags-Wahlen vorbereiten. Vorher aber bitte mit den Bären und Wölfen aufräumen.
artimar
Und für diese Erkenntnis hat es tatsächlich acht Jahre gedauert