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Verhinderte Wahlfrau

SVP und Lega wollten die Freiheitliche Ulli Mair zur Staatspräsidentenwahl nach Rom entsenden – doch ausgerechnet ihr Obmann Andreas Leiter Reber legte sich quer.

von Matthias Kofler

Am Montag beginnt in Rom die Kür des neuen Staatsoberhauptes. Die Region Trentino-Südtirol entsendet drei Vertreter in die italienische Hauptstadt, die an der bedeutsamen Wahl teilnehmen können. Es ist üblich, dass zwei von drei Delegierten der politischen Mehrheit angehören und die Institutionen Region und Regionalrat vertreten. Die Koalitionsparteien Lega und SVP verständigten sich darauf, Regionalratspräsident Sepp Noggler und den Präsidenten der Region, Maurizio Fugatti, als Delegierte zu nominieren. Einer der drei Vertreter bei der Staatspräsidentenwahl gehört hingegen der politischen Minderheit an. Das Bewerberfeld hierfür war groß: Neben dem Grünen Riccardo Dello Sbarba wurden auch der Rechtspartei Fratelli d’Italia Ambitionen nachgesagt.

Nach Informationen der Tageszeitung hatte eine Abgeordnete von Anfang an die Nase vorn: Ulli Mair. Die Freiheitliche hätte bei der Abstimmung im Regionalrat mit einer breiten Unterstützung rechnen können. Die Lega und die SVP waren bereits Tage vor der Regionalratssitzung an die Blauen mit der Bitte herangetreten, Ulli Mairs Kandidatur abzusegnen. Dies bestätigt Obmann Andreas Leiter Reber: „Die Trentiner Lega hat uns gefragt, ob wir einen eigenen Kandidaten – am besten eine Frau – ins Rennen schicken können.“ Ulli Mair sollte den Abgeordneten als Alternative für die oppositionelle Linke im Regionalrat dienen. „Wir hätten sie in jedem Fall gewählt“, betonen Vertreter von Lega und SVP.

Ulli Mair hat den Vorschlag freudig angenommen: „Ich bin im Vorfeld der Abstimmung von der Koalition gefragt worden. Ich habe nicht Nein gesagt, sondern mir Zeit für Gespräche mit dem Obmann und der Partei gebeten. Zudem habe ich sofort klargestellt, dass ich im Falle einer Kandidatur klarstellen würde, nicht Silvio Berlusconi zu wählen – und das hätte gepasst. Frau bin ich auch, was angeblich ja so wichtig war“, sagt die Freiheitliche mit einem Augenzwinkern. Für die Grande Dame der Südtiroler Volkstumspolitik hätte die Teilnahme an der Staatspräsidentenwahl einen Höhepunkt ihrer bisherigen politischen Karriere dargestellt. Die Steineggerin sitzt seit 2003 im Landtag – damit ist sie zusammen mit Landesrat Thomas Widmann die Rekordhalterin.

Eine Mehrheit der Freiheitlichen Parteibasis nahm den Vorschlag, das Aushängeschild nach Rom zu entsenden, mit Wohlwollen zur Kenntnis. Auch Ehrenobmann Pius Leitner befürwortete eine Kandidatur seiner langjährigen Weggefährtin. Doch Ulli Mair machte die Rechnung ohne den Wirt: Und dieser heißt Andreas Leiter Reber.

Der Parteiobmann, der anfangs auch für eine eigene Kandidatur war, berief am Sonntag, am Tag vor der entscheidenden Abstimmung im Regionalrat, eine Online-Vorstandssitzung ein, die mit einem Veto für Ulli Mair endete. „Der Kandidat der politischen Minderheit soll alle Kräfte der Opposition widerspiegeln. Ich bezweifle, dass dies bei Ulli Mair der Fall gewesen wäre. Außerdem treten wir als Freiheitliche Partei für eine größtmögliche Unabhängig von diesem Staat ein. Eine Teilnahme an der Staatspräsidentenwahl hätte unserer Rolle als Minderheitenpartei geschadet“, sagt Leiter Reber.

Diese Argumentation sorgt im Umfeld von Ulli Mair für großes Kopfschütteln. Die Blauen wollen mehrheitlich nicht den Weg der Süd-Tiroler Freiheit einschlagen, für die alles, was mit dem Staat zu tun hat, tabu ist. Dies stellte Ulli Mair auch in ihrer Rede im Regionalrat unmissverständlich klar: „Für eine Minderheit ist es nicht egal, wer Staatspräsident wird. Es sollte eine Person sein, die unabhängig von den Machtzentren agiert.“

Der Freiheitlichen-Obmann – so ist aus Parteikreisen zu vernehmen – habe seiner Kollegin den Erfolg nicht gegönnt und verstecke sich nun hinter einem Vorstandsbeschluss. In der Entscheidung des Vorstands, Ulli Mair nicht zu nominieren, werden die parteiinternen Divergenzen offenkundig, die es zwischen der alteingesessenen Mandatarin und der von Leiter Reber angeführten „neuen Generation“ gibt. Minuten vor der Abstimmung im Regionalrat wurden die beiden Blauen von der Trentiner Lega bekniet, es sich noch einmal anders zu überlegen – jedoch vergebens. Dass der Obmann der eigenen Parteikollegin aus Neid und Bosheit eine einmalige Erfahrung verwehre, zeuge von Missgunst und Kleinkrämerei, heißt es aus der Freiheitlichen-Basis. Leiter Reber habe sich aus der Verantwortung gestohlen, keine eigene Kandidatin aufgestellt (die dank der Unterstützung der Mehrheitsparteien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch gewählt worden wäre) und damit erreicht, dass mit Sara Ferrari vom PD eine Vertreterin der linken Opposition nach Rom fahren dürfe.

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