„Das ist unglaublich“
Eigennutz, Gutmütigkeit und Geldgier: Was die 31 Sanitätsmitarbeiter, welche nun suspendiert worden sind (darunter eine Hebamme), beim Ausstellen von „falschen“ Grünen Pässen angetrieben hat.
Von Thomas Vikoler
Den Verdacht gab es bereits seit einiger Zeit, doch den ersten nachgewiesenen Fall gab es vor gerade zehn Tagen: Mitarbeiter des Sanitätsbetriebs oder mit Coronatests beauftragte Personen, die „falsche“ Grüne Pässe ausstellten.
Mittlerweile hat der Sanitätsbetrieb, auch im Rahmen der verdeckten Ermittlung Mistery Checks, 31 Personen (von 3.000) als mutmaßliche Fälscher identifiziert und vom Dienst suspendiert bzw. ihnen den Zugang zum Datensystem untersagt.
„Das ist alles unglaublich, wir konnten es am Anfang selbst nicht glauben“, sagt Marco Cappello, Leiter der juristischen Abteilung des Südtiroler Sanitätsbetriebs.
Ihm und seinen Mitarbeitern obliegt es nun, die einzelnen Verdachtsfälle genauer zu untersuchen und Disziplinarverfahren einzuleiten. „Es wird auch Anzeigen an die Staatsanwaltschaft geben“, kündigt Cappello an.
Eine erste Analyse der 31 Fälle hat jedenfalls folgendes Bild ergeben: Die Sanitätsmitarbeiter trugen Daten in das digitale System des Sanitätsbetriebs ein, die entweder wahrheitswidrig waren oder sich nachträglich nicht überprüfen ließen und folglich Vertrauenssache sind. Unter den Erwischten befindet sich auch eine mit Corona-Tests beauftragte Hebamme, die sich von Personen auf dem Handy Fotos von durchgeführten (negativen) Antigentests schicken ließ, wodurch die Betroffenen für die nächsten 48 Stunden einen Green Pass erhielten.
Schwerwiegender und häufiger sind freilich die festgestellten Fälle, bei denen ein positiver Antigentests in das Datensystem eingetragen wurde, der nach den bisherigen Erkenntnissen entweder nicht durchgeführt worden oder negativ ausgefallen war.
Die Betroffenen wurden anschließend, gemäß dem Protokoll, unter Quarantäne gestellt, um sich dann nach gut einer Woche über einen negativen PCR-Test freitesten zu lassen.
Der Lohn für die Betroffenen, bei denen sich beinahe ausschließlich um Impfverweigerer handelt: Ein Grüner Pass als Genesener, der nach den aktuellen Regeln für sechs Monate gilt.
Wegen der bevorstehenden Over-50-Impfpflicht am Arbeitsplatz dürfte der Druck auf die Sanitätsmitarbeiter zuletzt angestiegen sein.
Aus welchen Motiven handelten sie, indem sie das Datensystem mit wahrheitswidrigen Daten fütterten?
Beim Sanitätsbetrieb hat man dazu drei Profile ausgemacht: Personen, die aus Eigennutz handelten, weil die Einträge sie selbst (mit Auswirkungen auf die geltende Impfpflicht für Sanitätsmitarbeiter) oder ihre Familienmitglieder betrafen. Zweitens: Gutmütigkeit, weil Bekannte sie zu dieser Vorgangsweise drängten. Drittens: Geldgier. Derzeit wird überprüft, ob in den 31 Fällen Geld oder Geschenke geflossen sind. Bei einem Nachweis wäre wohl auch der Tatbestand der Bestechung (neben Falscherklärung) erfüllt.
Sofort den Verdacht der Sanitätsermittler erweckt haben jene Einspeisungen in das Datensystem, die von den Mitarbeitern nach ihrer Arbeitszeit durchgeführt wurden. Zum Teil zu später Stunde. Auf die Spur der mutmaßlichen Fälscher kamen sie auch bei auffallender Häufung von positiven Antigentests an bestimmten Orten.
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