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„Wie in Weißrussland“

Das Tagblatt der Südtiroler hat suggeriert, dass SVP-Vizeobmann Karl Zeller und LH Arno Kompatscher die Drahtzieher von Millionen-Geschäften seien. Jetzt schlägt der Ex-Senator zurück.

TAGESZEITUNG Online: Herr Zeller, wieviel haben Sie zahlen müssen, um endlich mal mit Foto in den „Dolomiten“ zu erscheinen?

Karl Zeller (lacht): So eine Ehre ist unbezahlbar. Ich werde von den „Dolomiten“ seit Jahren totgeschwiegen, zumindest mit Bild, weil ich zu denen in der SVP gehöre, die nicht mit den Interessen des Athesia-Konzerns konform gehen. Im Gegenteil …

Was meinen Sie mit „im Gegenteil“?

Ich habe mich vor kurzem geweigert, bei Gianclaudio Bressa zu intervenieren, auf dass er seine Anträge zum Athesia-Medienmonopol zurückzieht.

Ehrlich?

Ja, ich bin von beiden Ebner-Brüdern kontaktiert worden, um in Rom gegen die – unter Anführungszeichen – „minderheitenfeindliche Aktion“ von Bressa zu intervenieren. Ich habe ganz klar Nein gesagt. Erstens bin ich nicht mehr in Rom, zweitens halte ich den Vorstoß Bressas für richtig, weil es in Südtirol tatsächlich eine krasse Fehlentwicklung gibt. Es gibt in Südtirol eine enorme Konzentration im Medienbereich, die für wirtschaftliche aber auch politische Zwecke missbraucht wird, wie auch der „Dolomiten“-Artikel zeigt …

Sie meinen den Artikel vom Freitag, wo das Tagblatt über Ihre „hilfreiche Beratung bei Millionenprojekten“ berichtet und das Ganze mit einem schönen Foto von Ihnen und dem LH garniert hat?

Ja, die Methode Athesia ist ja sattsam bekannt, und dieser Artikel ist wieder einmal ein glänzendes Beispiel. Die Methode Athesia ist: Bist du nicht willig, dann wirst du – wenn es dir gut geht – totgeschwiegen, oder sonst eben mit negativen Schlagzeilen dargestellt und in ein schiefes Licht gerückt. So geht es dem Landeshauptmann schon seit Jahren. Und jetzt bin halt ich an der Reihe – aus den bekannten Gründen. Dass sich dabei eine Oppositionspartei vor den Athesia-Karren spannen lässt, das steht auf einem anderen Blatt. Ein Ruhmesblatt ist es jedenfalls nicht.

Tut Ihnen der Artikel weh?

Überhaupt nicht! Ich habe nichts zu verbergen. Mir ist diese Aktion bereits vor Monaten angekündigt worden …

Inwiefern?

Indem man mir bedeutet hat, dass man ein Dossier gegen mich zusammenstellen und meine Beratungen bei ÖPP-Projekten an die Öffentlichkeit bringen werde, weil ich in der Partei Dinge vorgebracht habe, die den SAD-Skandal betreffen. Ich fordere ja schon fast einem Jahr Aufklärung. Nachdem ich gesagt habe, dass ich nicht aufhören würde, wurde mir zugetragen, dass ein Dossier gegen mich vorbereitet werde. Aber wie gesagt: Ich habe nichts zu verbergen …

Die SVP ist eine Schlangengrube?

Ich komme mir manchmal vor wie ein Arzt, der einen Tumor entdeckt und das dem Patienten sagt. Anstatt den Tumor zu entfernen, wird der Arzt auf die Anklagebank gesetzt.

Zu Ihren ÖPP-Projekten und Ihren Millionen kommen wir noch. Sie haben gesagt, die Ebner-Brüder hätten Sie kontaktiert, um bei Bressa zu intervenieren. Wie kann man sich das vorstellen? Haben die Ebner-Brüder eine WhatsApp-Nachricht nach dem Motto: „Karl, bitte hilf“ geschrieben?

Ja, so in etwa war es! Mit dem Michl Ebner habe ich persönlich gesprochen. Dem Toni habe ich das Telefon nicht abgenommen, weil ich in einer Sitzung war. Mit ihm habe ich dann via WhatsApp kommuniziert, wobei ich ihm geschrieben habe, dass ich sein Argument, bei den Bressa-Anträgen handle es sich um einen Angriff gegen den Minderheitenschutz, nicht nachvollziehen könne. Denn die Monopol-Situation ist ja dadurch noch verschärft worden, weil Athesia den Alto Adige, Trentino und den Adige übernommen hat. Das sind meines Wissens keine Minderheitenzeitungen. Ich habe ihm geschrieben, dass diese Argumentation sehr stark hinke.

Deshalb die jetzige Attacke?

Ja, wobei sie nicht überraschend kommt. Denn bereits vor wenigen Monaten, als die „Dolomiten“ bzw. der „krah“ meine Familie angegriffen hat, hat der Kommentator anklingen lassen, dass der Zeller Geschäfte mit dem LH macht.

Machen Sie Geschäfte mit dem LH?

Wie könnte ich?! Ich bin der Anwalt des LH, ich wüsste nicht, welche Geschäfte ich mit ihm machen sollte. Das ist lächerlich. Die Wahrheit ist: Ich bin einer der wenigen Anwälte in Südtirol, die sich bei den komplexen ÖPP-Verfahren auskennen. Ich habe 2012  das erste ÖPP-Projekt in Südtirol, das Schülerheim Burgeis, rechtlich betreut. Nach meinem Ausscheiden aus dem Parlament habe ich mich in diesem Bereich noch stärker engagiert. Viele Unternehmen haben sich an mich gewandt, weil sie durch die Mundpropaganda erfahren haben, dass ich mich in Sachen ÖPP gut auskenne. Wenn das ein Verbrechen sein soll, dann müssten andere schon längst hinter Schloss und Riegel sein. Die Aktion der „Dolomiten“ ist durchsichtig: Es werden all jene diskreditiert, die den LH unterstützen. Und ich habe nun eben einmal drei Todsünden …

Die wären?

Todsünde Nr. 1, das ist die schlimmste, ist der Umstand, dass ich nicht auf Bressa Druck ausgeübt habe, auf dass er seine Anträge in Sachen Athesia-Monopol zurückzieht. Todsünde Nr. 2 ist, dass ich bekanntlich hinter dem LH stehe. Und Todsünde Nr. 3 ist, dass ich im SAD-Skandal auf das Fehlverhalten hochrangiger SVP-Vertreter hingewiesen habe. Aber ich werde auch das überleben (lacht).

Hoffen Sie jetzt, dass der SVP-Obmann Sie gegen Athesia verteidigt?

(lacht) Das müssen Sie ihn fragen. Außerdem kann ich mich selbst wehren. Ich brauche den SVP-Obmann nicht, der Karl Zeller ist selbst stark genug. Tatsache ist: Die Situation in Südtirol ist bald schlimmer wie in Weißrussland: Wenn du nicht willig bist, dann hauen sie dich in die Pfanne. Das verstehen inzwischen die Dümmsten.

Sie haben von einem durchsichtigen Manöver gesprochen …

Ja, wobei die Vorgangsweise perfid ist. Denn, erstens, hat man ein Foto Kompatschers neben meines gestellt, und zweitens haben sie den Artikel als Anfrage einer Oppositionspartei getarnt, damit ich nicht klagen kann. Ich hätte sie sonst morgen geklagt! Da sie aber genau wissen, dass sie so etwas nicht schreiben dürfen, ohne gerichtlich belangt zu werden, kam die „zufällige“ Anfrage einer ehemals großen Oppositionspartei gerade recht, die nun in die Rolle des kleinen (Andreas) Pöder geschlüpft ist, der – als „Weihnachtsmann“ getarnt – in der SAD-Geschichte der Erfüllungsgehilfe für deren Interessen war. Jetzt hat der andere Monopolist eben die Freiheitlichen für die Aktion verwendet, um mich zu diskreditieren.

Andreas Leiter-Reber als Feigenblatt?

Natürlich. Die Sache wurde den Freiheitlichen zugespielt, dem Leiter Reber wurde vermutlich gesagt: Du, frag nach, wie viele ÖPP-Projekte der Zeller betreut. Diese völlig legitime Beratungstätigkeit wird dann als anrüchige Sache, als Klüngelei mit dem LH dargestellt. Es ist die Tradition im Hause Athesia: Wer nicht genehm ist, der kommt auf die Abschlussliste. Wer – wie die Freiheitlichen – angewiesen ist auf die Medienpräsenz, der wird dann halt Mittel zum Zweck. Für die Freiheitlichen wäre ein Totschweigen viel dramatischer wie für mich. Das Droh- und Erpressungspotential bringt mich nicht um, aber andere Politiker fangen da an nachzudenken und schweigen dann oft lieber.

Nun ist es aber auch so, dass auch Sie lange vom Athesia-Konzern bzw. von der Gunst der Athesia-Medien gelebt und profitiert haben ….

Das ist richtig, das ist meine politische Sünde. Ich habe das Phänomen des Medienmonopols in seiner Dimension verkannt. Da muss ich ein großes Mea culpa machen. Ich habe diese Fehlentwicklung in Südtirol nicht erkannt und – als ich noch im Parlament war und etwas dagegen hätte tun können – auch nicht entsprechend abgewehrt. Ich habe nicht erkannt, dass dieser Konzern, gefüttert mit den Millionen aus Rom, weitere Konkurrenten übernimmt und dann noch mehr tut, was er will. Ich bin erst klüger geworden, als ich das am eigenen Leib zu spüren bekommen habe.

Was kann man gegen diese Monopolsituation tun?

Dieses Monopol ist ein Schaden für die Demokratie, diese Situation und vor allem diese Methoden sollten in einer normalen Demokratie keinen Platz haben. Die Disziplinierungsmethode des Hauses Athesia – bist du nicht willig, kriegst du eine negative Schlagzeile – ist eine bedenkliche Entwicklung. Wenn ein Konzern nach eigenen Angaben 80 Prozent des Medienmarktes kontrolliert, dann kann das nicht gesund sein für die Demokratie. Wenn ein Konzern alles bestimmen will, vom Standort eines Hotelkomplexes bis zu den Schlüsselpositionen in der Politik, und sich breitmacht wie eine Krake, dann ist das traurig. Ich weiß, dass viele das so sehen wie ich, aber oft schweigen. Auch ich hätte mich vielleicht nicht getraut, dies so klar und öffentlich zu sagen, als ich noch aktiv in der Politik war. So gesehen bereue ich, dass ich es erst jetzt sage.

Interview: Artur Oberhofer

 

 

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