Geleimte Bauern
Die in finanzielle Turbulenzen geratene Tunnelbaufirma Emaprice schuldet nicht nur Mitarbeitern und Zulieferern Geld, sondern bringt auch zwei Landwirte in Kastelbell an den Rand des Ruins.
von Karin Gamper
Der Fall Emaprice zieht immer weitere Kreise. Die Baufirma aus Treviso wurde vom Land 2019 mit der Errichtung des Kastelbeller Tunnels beauftragt. Nachdem die Arbeiten zunächst zügig vorangingen, hat das Unternehmen vor wenigen Wochen dann um einen gerichtlichen Vergleich zur Abwendung eines möglichen Konkurses angesucht. Die Bauarbeiten sind erst zu etwa Zweidritteln beendet. Soviel ist bekannt.
Wie sich jetzt herausstellt, schuldet Emaprice jedoch nicht nur Mitarbeitern und Zulieferern Geld. Die Gesellschaft bringt durch ihre finanzielle Schieflage auch zwei Untervinschger Landwirte an den Rand des Ruins.
Einer davon ist Christian Klotz.
Der Hof des Plauser Vollerwerbsbauern umfasst 2,4 Hektar Obstbaufläche, ein Teil davon befindet sich auf dem Gemeindegebiet von Kastelbell-Tschars nahe der Tunnelbaustelle.
Vor Beginn der Arbeiten im Jahr 2019 wird Emaprice vorstellig, weil das Unternehmen während des Vortriebs besagte Obstwiese als Ablagerungsplatz für Erdreich und Gestein benötigt. Klotz willigt ein. Am 30. Jänner 2019 wird zwischen Emaprice und dem Landwirt ein Mietvertrag zur gewerblichen Nutzung des Grundstücks unterzeichnet. Die Laufzeit beträgt beginnend mit März 2019 sechs Jahre, wobei die Möglichkeit einer Verlängerung um weitere 6 Jahre besteht.
Der Landwirt kann während der Dauer des Mietverhältnisses kein Obst anbauen, die bestehende Apfelanlage wird unter den Erdhaufen begraben. Als Pachtzins werden 45.000 Euro jährlich vereinbart, wobei die Raten von Emaprice monatlich zu überweisen sind.
Christian Klotz stellt bald fest, dass er alles andere als ein gutes Geschäft gemacht hat. Bereits im April 2020 kommen die Monatsraten entweder gar nicht mehr oder nur tröpfchenweise. Erst nachdem Klotz einen Anwalt einschaltet und beim Land interveniert, trudeln im Dezember 2020 die ausstehenden Mietbeträge ein.
2021 geht es ähnlich weiter. Ab August fließt gar kein Geld mehr. „Auf die Mahnungen und anwaltliche Schreiben reagiert Emaprice nicht“, berichtet Christian Klotz.
„Für mich ist das Ganze existenzbedrohend“, sagt der Landwirt offen, „wenn das 2022 so weitergeht, kann ich zusammenpacken“.
Klotz erklärt: „Die vermietete Fläche umfasst die Hälfte meiner Obstanlagen, von denen ich und meine Familie leben. Der Schaden ist dreifach: ich bekomme keine Miete, kann die Wiese nicht bewirtschaften und habe dort bis zu 12 Meter hohe Erdhaufen stehen, deren Abtransport weit über meine finanziellen Kräfte geht“.
Was nun? „Ich fordere von der Landesregierung, dass sie hier Verantwortung übernimmt und einspringt. Der Tunnel ist ein Auftragswerk des Landes, von dem die Öffentlichkeit profitieren wird. Ich sehe nicht ein, weswegen ausgerechnet ich die Zeche begleichen muss“, so Klotz.
Bisher haben die Appelle des Landwirts an die Politik keine Früchte getragen. Mehrmals hat sich Christian Klotz seit 2020 an den zuständigen Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider bzw. den Bürgermeister von Kastelbell-Tschars Gustav Tappeiner gewandt. Umsonst.
Neben der Ungewissheit, wann er wieder über sein Grundstück verfügen kann, sitzt Christian Klotz nun auf einer Anwaltsrechnung von 4.000 Euro – und seinem Ärger. „Trotz der entgangenen Mieteinnahmen musste ich die volle Einkommenssteuer entrichten“, so Klotz verbittert.
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