Chronik eines Abgangs
Wie es zum Rücktritt von Jasmin Ladurner gekommen ist. Und warum der LH und der Obmann die Jungpolitikerin fallengelassen haben.
Von Matthias Kofler
Die Nachricht von Jasmin Ladurners Rücktritt schlug im Landtag ein wie eine Bombe. „Ich habe Fehler gemacht, stehe dafür gerade und ziehe daraus die Konsequenzen“, teilte die 28-jährige SVP-Abgeordnete am Silvestertag in einer WhatsApp-Nachricht mit. Für Jasmin Ladurner, die einräumen musste, „11 bis 15 Fahrten“ nach Trient zu Unrecht verrechnet zu haben, wird die Brixnerin Paula Bacher ins Hohe Haus nachrücken.
Die TAGESZEITUNG rekonstruiert den Ablauf des spektakulären Abgangs einer Abgeordneten, die 2018 mit dem Ziel angetreten war, „frischen Wind“ in die verstaubte Südtiroler Politik zu bringen.
Am vergangenen Mittwoch hatte die TAGESZEITUNG enthüllt, dass die Partschinserin dem Regionalrat mindestens zwei Fahrten verrechnet hatte, die sie mit dem Enzian-Mandatar Josef Unterholzner gemacht hatte. Als Beifahrerin. Bereits am Vortag, als die TAGESZEITUNG Ladurner erstmals mit den Vorwürfen konfrontiert hatte, hatte sie den Regionalrat in einer PEC-Mail darüber in Kenntnis gesetzt, „vier Fahrten irrtümlicherweise falsch verrechnet zu haben“.
Nach der Veröffentlichung des TAGESZEITUNG-Berichts meldeten sich mehrere SVP-Kollegen, darunter Manfred Vallazza, Arnold Schuler, Helmut Tauber und Magdalena Amhof, die berichteten, Ladurner ebenfalls mindestens einmal mit nach Trient genommen zu haben. Es mussten also rein rechnerisch mehr als die von der Jungmandatarin zugegebenen Fahrten gewesen sein. Nach Informationen der TAGESZEITUNG war die Stimmung in der SVP-Fraktion so aufgeheizt, dass Konsequenzen gefordert wurden. Ein Mandatar sagte am Donnerstagvormittag im Hintergrundgespräch: „Es muss mindestens das passieren, was im Fall Tauber passiert ist.“
Der Abgeordnete Helmut Tauber hatte nach den TAGESZEITUNG-Enthüllungen zur Inanspruchnahme des 600-Euro-Corona-Bonus alle politischen Zusatzämter zurücklegen müssen.
Schien es zunächst so, als käme Jasmin Ladurner mit einem blauen Auge davon und müsste „nur“ ihre mit insgesamt 800 Euro netto dotierten Zusatzämter als Präsidentin einer Gesetzgebungskommission und als Präsidiumsmitglied im Regionalrat zurücklegen, überschlugen sich am Donnerstagabend die Ereignisse. Ladurner räumte in einem Telefongespräch mit SVP-Obmann Philipp Achammer ein, dass sie „elf bis 15 Fahrten“ falsch verrechnet habe. Dieser legte ihr daraufhin den Rücktritt nahe. Auch Landeshauptmann Arno Kompatscher und Bezirksobmann Martin Ganner sprachen mit der Jungpolitikerin und machten ihr klar, dass ihre politische Karriere im Landtag wohl nicht mehr zu retten sei. Der LH war lange Zeit darum bemüht, Ladurner, die in der Fraktion zu seinen treuesten Unterstützern gehört, im Hohen Haus zu halten. Ausschlaggebend für die Kehrtwende, die Kompatscher am Donnerstagabend hinlegte und die Ladurners Rücktritt am Folgetag endgültig besiegelte: F-Chef Andreas Leiter Reber hatte im Regionalrat eine Eingabe gemacht. Nun sieht sich Präsident Sepp Noggler von Amtswegen gezwungen, das Fehlverhalten der Jungpolitikerin bei der Staatsanwaltschaft und beim Rechnungshof zu melden.
Parallel zum Rechnungshof und zur Staatsanwaltschaft ist auch der Regionalrat um eine lückenlose Aufklärung der Vorkommnisse bemüht. Das Ausmaß der Affäre, so heißt es aus SVP-Kreisen, soll noch viel größer sein als bislang angenommen.
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