Planeiler Sommerwurz
Immer wieder entdecken Fachleute weltweit neue Pflanzenarten. Auch in Südtirol gesellt sich hin und wieder ein Neuling zu den bislang rund 2.500 bekannten Arten und Unterarten. Wie solche botanischen Erfolgsmomente passieren können, zeigt sich am Beispiel der Beauverd-Sommerwurz, die Thomas Wilhalm vom Naturmuseum auf einer Bergwiese im Vinschgau entdeckte.
Im Jahre 2008 stieß Thomas Wilhalm in einer aufgelassenen Bergwiese in Planeil/Mals auf einen ausgedehnten Bestand einer Sommerwurz. Diese Arten schmarotzen auf anderen Blütenpflanzen und sind völlig von ihnen abhängig: Ihnen fehlt das nötige Blattgrün, um Photosynthese betreiben und damit selbständig Kohlenhydrate produzieren zu können. Viele sind deshalb sehr wirtsspezifisch, docken sich also nur an eine oder wenige Wirtsarten an.
Der Konservator für Botanik am Naturmuseum beobachtete die Pflanzen genau, mit letzter Sicherheit bestimmen konnte er sie allerdings nicht: „Aufgrund der meisten übereinstimmenden Merkmale mussten sie der Bergkümmel-Sommerwurz zugeordnet werden, ganz überzeugend war das für mich aber nicht, denn letztere wächst typischerweise auf Kalk und schmarotzt, wie ihr Name sagt, auf dem Bergkümmel oder Berg-Laserkraut, während die Pflanzen in Planeil über kristallinem Gestein wuchsen und auf dem Haller-Laserkraut schmarotzten,“ so Wilhalm.
Die Sache blieb also rätselhaft, schon auch deshalb, weil die Bergkümmel-Sommerwurz in Südtirol bislang nur aus dem Süden der Mendelgruppe bekannt war. Zu den ökologischen und biologischen Ungereimtheiten wäre also noch eine Verbreitungslücke von rund 70 km hinzugekommen.
Mehrere Jahre lang blieb die „Planeiler Sommerwurz“ also ein Rätsel – bis heuer. In diesem Jahr erschien eine Publikation, in der eine in den Westalpen vorkommende Sommerwurzart beschrieben wurde, die für die Wissenschaft neu und bislang ganz offensichtlich übersehen worden war; zu Ehren eines französischen Botanikers wurde sie Beauverd-Sommerwurz benannt. „Nachdem ich diese Publikation gelesen habe, wurde klar, dass es sich bei der Planeiler Sommerwurz um eben diese neu beschriebene Art handeln musste, was die Autoren der Publikation dann auch bestätigten,“ freut sich Wilhalm. Die Planeiler Population entpuppte sich dabei als die bislang östlichste und einzige bekannte in der gesamten Region Trentino-Südtirol.
Und damit nicht genug: Im selben Jahr entschied die Stiftung Landschaft Südtirol (www.stiftunglandschaft.org) ganz unabhängig von der Sommerwurz-Geschichte die genannte Bergwiese wegen seiner Artenvielfalt und des dort vorkommenden Berg-Drachenkopfes zu kaufen und als Schutzgebiet ausweisen zu lassen.
Eine Reihe von Zufällen führte also dazu, dass Südtirol um eine heimische Art reicher wurde und diese – noch bevor sie einen richtigen Namen hatte – bereits ein Schutzgebiet zugewiesen bekam.
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