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„Die Kirche steht allen offen“

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Priester und Gläubige dürfen ohne Corona-Schutzimpfung Messen feiern. Damit steht die Kirche zu Weihnachten Impfgegnern offen. Ist das vertretbar?

von Markus Rufin

Für Ungeimpfte ist die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nur schwer möglich. Fast alle Freizeitangebote sind mittlerweile an den Super Green Pass und damit auch an die 2G-Regelung gebunden.

Eine der wenigen Ausnahmen bildet die Kirche. Dort ist nicht einmal ein Test notwendig. Auch für die Priester nicht. Wie viele ungeimpfte Priester es in Südtirol gibt, ist unbekannt. „Die Diözese ist nicht dazu verpflichtet, Erhebungen darüber durchzuführen“, berichtet Bischof Ivo Muser auf Anfrage der TAGESZEITUNG. Aber „der weitaus größte Teil unserer Priester“habe die Impfung erhalten.

Doch für Priester wäre es ein leichtes, trotz fehlender Impfung ihrer Tätigkeit nachzugehen, wie der Bischof weiter erklärt: „Der Dienst des Priesters ist rechtlich gesehen kein Arbeitsverhältnis. Der Priester bekommt auch keinen Lohn, sondern eine Unterhaltszahlung. Rechtlich gesehen üben Priester ein Ehrenamt aus und deswegen fallen sie bei der Ausübung ihres Dienstes, vor allem im Gottesdienst, nicht unter die 3G-Pflicht.“

Im Gegensatz zu anderen Ehrenämtern beispielsweiße beim Weißen Kreuz, wo sogar die 2G-Pflicht gilt, dürfen Priester oder Diakone auch ungeimpft und ungetestet arbeiten gehen.

Das gilt auch für die anstehenden Weihnachtsfeiertage, an denen üblicherweise zahlreiche Menschen in die Kirchen gehen. Bischof Ivo Muser bestätigt, dass nach wie vor die Regeln gelten werden, die im Mai 2020 zwischen Bischofskonferenz und Regierung vereinbart wurden. Seitdem konnte jeder in die Kirche – auch während des Lockdowns. Die Kirche geht also in gewisser Weise seit Mai 2020 ihren eigenen Weg.

Das heißt, nur eine beschränkte Anzahl an Personen darf die Kirche betreten. In den Kirchenbänken gibt es Markierungen, um die Abstände einzuhalten und die Maske muss ständig getragen werden. Die Bänke werden regelmäßig desinfiziert und Weihwasser gibt es keines.

Generalvikar Eugen Runggaldier glaubt, dass diese Regeln auch zu Weihnachten ausreichen, um in den Gotteshäusern sicher zu sein: „Bisher haben die Regeln gut funktioniert und ich glaube, das wird auch jetzt so sein.“

Andere Beschränkungen gibt es aber nicht – auch nicht für Gläubige. Das heißt, auch Ungeimpfte dürfen in den Kirchen Messen feiern. Nicht einmal ein Test ist dafür notwendig. Doch ist das überhaupt vertretbar? Oder fördert damit die Kirche gerade zu Weihnachten die Verbreitung des Coronavirus?

Bischof Ivo Muser betont, dass er allen Priestern und Gläubigen empfiehlt, sich impfen zu lassen: „Das ist in dieser Situation Ausdruck von Verantwortung, Solidarität und Einsatz für das Gemeinwohl. Diese Empfehlung spreche ich aus persönlicher Überzeugung aus und auch in Verbundenheit mit den klaren Empfehlungen des Papstes und der Bischofskonferenz.“Er persönlich ist bereits zum dritten Mal geimpft. Tatsache ist aber, dass eine Empfehlung nicht viel bringen wird.

Sollte sich eine ungeimpfte Person mit dem Virus infizieren und dennoch in die Kirche gehen, wird diese nicht erkannt. Die Kirche bietet aber die Voraussetzungen dafür, das Virus zu übertragen. Denn es handelt sich um einen geschlossenen Raum, in dem unter anderem auch gesungen wird.

Bischof Ivo Muser unterstreicht aber, dass die Diözese selbst stets auf die Einhaltung der vereinbarten Regeln gepocht hat. Das habe auch dazu geführt, dass die Kirchen in Vergangenheit durchaus sicher waren.

„Würden wir jetzt eine 3G-Pflicht in den Kirchen einführen, gäbe es auch keine Abstände mehr“, meint der Generalvikar Runggaldier. „Es stellt sich also die Frage welche der beiden Varianten riskanter ist. Immerhin kann man sich auch als Geimpfter anstecken.“

Gar einige Gläubige sehen nun von einem Kirchenbesuch ab, insbesondere weil im Winter die Übertragung in Innenräumen noch einfacher funktioniert. Da das Tragen der Maske zwar während der Messe Pflicht ist, anschließend aber nicht mehr, kann es also sehr leicht zu Infektionen kommen, sofern Ungeimpfte dabei sind.

Warum führt die Diözese also nicht einfach eine 3G-Pflicht ein und behält die Abstände bei? Für Generalvikar Runggaldier ist die Antwort klar: „Wir stehen sicher nicht auf der Seite der Impfgegner, aber ich glaube, es ist ein wichtiges Zeichen. Die Kirche steht allen offen.“Damit steht sie aber auch Ungeimpften offen.

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