„Dann sehe ich schwarz“

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Weil 20 Prozent des Personals ungeimpft sind, rechnen die Gewerkschaften infolge der Impfpflicht mit Kürzungen in Schule, Kindergarten und Kleinkindbetreuung.
von Heinrich Schwarz
Mit 15. Dezember wird die Corona-Impfpflicht in Italien unter anderem auf das Schulpersonal ausgeweitet. Betroffen sind laut dem staatlichen Dekret nicht nur die Schulen an sich, sondern auch die Mitarbeiter in den Kindergärten und in der Kleinkindbetreuung.
In Südtirol ist man sich bewusst: Das wird angesichts der relativ niedrigen Impfquote und des ohnehin schon herrschenden Personalmangels erhebliche Auswirkungen haben.
„Rund 20 Prozent der Lehrer in Südtirol lassen sich derzeit testen, weil nicht geimpft. Einige von ihnen werden sich vielleicht noch impfen lassen, aber viele werden sich gegen die Impfung entscheiden und somit wegfallen“, ist sich Petra Nock von der ASGB-Schulgewerkschaft sicher.
Sie sei bereits von zahlreichen Lehrern angerufen worden, die sich über mögliche Austrittsmöglichkeiten wie Wartestände informiert haben. Dasselbe berichtet ihr Kollege Hubert Kainz von der Schulgewerkschaft im SGB-Cisl: „Viele haben nicht im Sinn, sich impfen zu lassen.“
Petra Nock rechnet vor, dass allein in den Schulen staatlicher Art derzeit rund 2.000 der 10.000 Lehrer ungeimpft sind. Eine erhebliche Anzahl.
Tatsache ist, dass sich die Schulen bereits sehr schwer getan haben, die ausgefallenen Lehrer infolge der Green-Pass-Pflicht zu ersetzen. „Der Landeshauptmann hat in einem Interview gesagt, dass man auf Pensionierte und Studenten zurückgreifen könne. Aber es ist nicht so, dass diese nur so auf der Straße herumstehen“, meint Petra Nock.
Soll heißen: Der reguläre Schulbetrieb ist infolge der Impfpflicht in Gefahr. „Auf nationaler Ebene ist das Ganze weniger problematisch, weil die Impfquote hoch ist und sehr viele auf einen Arbeitsplatz warten. Aber bei uns in Südtirol verschärft sich die Situation zusätzlich“, sagt Hubert Kainz.
Petra Nock geht davon aus, dass die Schulen die Stundenpläne umschichten und Stunden kürzen werden müssen, um einen Grundsockel an Bildungsarbeit zu gewährleisten. „Anders wird es wohl nicht gehen. Ich wünsche mir, dass für die Schüler alles reibungslos abläuft, aber ich denke, dass sich das nicht spielt. Wenn zum ohnehin bestehenden Personalmangel jetzt noch die Impfpflicht dazukommt, sehe ich schwarz“, betont die Gewerkschafterin.
Hubert Kainz rechnet damit, dass sich die Zeit bis zu den Weihnachtsferien überbrücken lässt – danach werde es kritisch. „Je nachdem, wie schnell und radikal der Staat die Impfpflicht umsetzt.“
Auch in den Kindergärten sind laut der ASGB-Gewerkschafterin Karin Wellenzohn rund 20 Prozent des Personals ungeimpft. Wellenzohn rechnet ebenfalls mit schweren Folgen der Impfpflicht.
Sie erklärt: „Im Bildungsbereich sagen viele, dass sie sich gerne testen lassen und an die Regeln halten. Aber jetzt müssen sie sich effektiv entscheiden, ob sie sich impfen lassen, in den Wartestand gehen oder sich suspendieren lassen. Oder – und das ist meine größere Sorge – sogar kündigen. Denn einige hadern schon seit längerem mit unserem System im Landesdienst. Dort läuft nicht alles hervorragend, wir kommen nirgends weiter, kollektivvertraglich ist es eine Katastrophe. Immer öfter erhalte ich die Rückmeldung von Mitarbeitern, die kündigen wollen. Mit der Impfpflicht ist jetzt der Punkt gekommen, an dem es für einige definitiv soweit sein könnte.“
Wellenzohn stellt sich angesichts des sich zuspitzenden Personalmangels und des Frusts vieler Mitarbeiterinnen die Frage, wie man den Kindergartendienst in Zukunft noch abdecken kann. Es werde nun kritisch, überhaupt noch alle Strukturen offenhalten zu können.
„Wir sprechen von kleinen Kindern, für die es zwei pädagogische Fachkräfte braucht. Eine Gruppe mit 20 bis 25 Kindern kann unmöglich mit einer Person offenhalten. Ich befürchte, dass die Diskussion zur Frage hinführen wird, was man noch abdecken kann und somit offenbleibt – und was zugeht“, erläutert Karin Wellenzohn.
Angelika Hofer vom AGB/CGIL sagt: „Ein absehbarer Personalnotstand, der sich aus dieser neuen Situation ergibt, wird sich unweigerlich auf die Qualität der Bildung auswirken und konfrontiert das dienstleistende Personal mit einem erheblichen und belastenden Mehraufwand.“
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