Geglückte Symbiose
Die Stiftung Südtiroler Sparkasse, der Hoteliers- und Gastwirteverband und das Landesdenkmalamt haben mit dem Wettbewerb „Historischer Gastbetrieb“ diesmal einen Blick auf eine besonders glanzvolle Zeit des Südtiroler Tourismus und auf die Blütezeit des Kurortes Meran geworfen.
Mit dem Palace Hotel ist zugleich eines der bekanntesten Hotels des Landes und darüber hinaus ausgezeichnet worden, das einzige historische Grand Hotel in Meran, welches mehr als 100 Jahre überdauert hat.
Die frühere Vizepräsidentin der Stiftung Südtiroler Sparkasse Simona Kettmeir Altichieri gab zu Beginn der Feier einen Überblick über die bisherigen Preisträger und betonte, dass auch diesmal wieder zwei „herausragende und unvergleichliche“ Gastbetriebe ausgezeichnet werden.
Denn neben dem Preis für den historischen Gastbetrieb des Jahres gab es wieder eine besondere Auszeichnung, diesmal für den Gasthof Bad Dreikirchen. Kettmeir Altichieri gratulierte den jeweiligen Besitzern, Comm. Pietro Tosolini (Hotel Palace) sowie Annette und Matthias Wodenegg (Gasthof Bad Dreikirchen).
Der Preisträger:
Das Palace verdiente sich 1906, damals „Palast-Hotel & Schloss Maur“, die Einstufung als Grandhotel aus einer Vielzahl von Gründen, zwei gewichtige sind heute noch auf Anhieb erkennbar und sie haben zum Urteil der Jury beigetragen: die Grandezza des Baus im Stil der Architektur der Jahrhundertwende und die „grünen und je nach Jahreszeit farbigen Freiräume“ des Parks. Die Jury fasste ihr Urteil im Satz „eine geglückte Symbiose eines historischen Hotelbaus und eines Kurzentrums“ zusammen.
Die Geschichte des Palace spannt einen Bogen über mehr als 100 Jahre exzellente Gastlichkeit, illustre und weitgereiste Persönlichkeiten waren hier zu Gast und mehrten die Bekanntheit des Hauses aber auch der Kurstadt insgesamt.
Markante Persönlichkeiten kennzeichnen den Beginn und das Jahr der Auszeichnung. Der aus dem Fassatal stammende Baumeister Pietro Delugan schaffte 1904-1906 das heute noch kaum glaubliche Kunststück, den fünfstöckigen Bau in der Rekordzeit von 18 Monaten zu errichten. 1909 schrieb etwa die „Meraner Zeitung“, das Palasthotel ist „ohne Frage in Bezug auf Zweckmäßigkeit der baulichen Anlage, Luxus und Komfort der Inneneinrichtung das Vollkommenste was nach dem gegenwärtigen Leistungsvermögen der modernen Hotelbautechnik erreicht werden kann“.
Die Jury hatte nun – mehr als 110 Jahre später – die Aufgabe zu bewerten, was an Wertvollem erhalten oder auch zeitgemäß erneuert werden konnte. Sie zeigte sich insgesamt beeindruckt, wie viel originale Substanz erhalten werden konnte, etwa in der Eingangshalle, in den Sälen, im Speisesaal, im Wintergarten. Gäste können es bestätigen: Die „Belle Èpoque“ lebt noch. Aber die Jury würdigte auch, wie nach 2005 die objektfremden Umbauten der 1970-er Jahre korrigiert wurden, um den Stil von 1906 wiederaufleben zu lassen. Zitat: Aus denkmalpflegerischer Sicht eine außerordentliche Leistung, die Nachahmung verdient.
Dass das Hotel ausgezeichnet wurde, liegt ganz wesentlich auch darin, dass es in der Gegenwart vom Eigentümer Comm. Pietro Tosolini – wie bei der 100-Jahr-Feier 2006 angekündigt -, zu einem prestigeträchtigen Luxushotel weiterentwickelt wurde, das zukunftsweisend ist. Das Hotel lebt nicht nur von seiner Geschichte, sondern vom Versprechen des Luxushotels und des Kurbetriebes, absolutes Wohlbefinden zu ermöglichen. Zum „Health for Life-Konzept“ tragen die 6.000 m² große Wellnessanlage, Innen- und Außenschwimmbad und der Park bei.
Vor allem aber die ärztliche Abteilung und die Programme psychophysischer Regeneration. Deshalb wurden auch die Pionier-Leistungen von Henri Chenot nicht vergessen, der mit seiner nach ihm benannten Methode zur Gesundheitsförderung richtungsweisend gewesen war.
Die besondere Auszeichnung
Wie jedes Jahr wurde auch heuer wieder eine besondere Auszeichnung verliehen. Sie ging an den Gasthof Bad Dreikirchen, dessen Ursprünge auf das Jahr 1734 zurückgehen, heute geführt von Annette und Matthias Wodenegg.
Der Kunsthistoriker Leo Andergassen verfasste dazu eine Würdigung. In dieser heißt es u.a. „für den Reiz eines Berghotels sei die Aussicht bestimmender als die Gestaltung des Inneren“. Aber Andergassen würdigte facettenreich auch Qualitäten des Gasthofs in der einzigartigen Lage von Dreikichen, etwa die sensible Umgestaltung durch den Architekten Klaus Kompatscher, lange vor der Denkmalschutzbindung. Im ganzen Gebäude sei die Geschichte lebendig und mit der Gegenwart verschränkt, so auch die Bewertung der Jury. Das Hotel sei behutsam und organisch weiterentwickelt worden. In Vertretung von Andergassen sprach der Tiroler Kunsthistoriker Franz Caramelle.
Die Preisverleihung
Die Besonderheit des Wettbewerbs, der Baukultur und Kultur der Gastlichkeit, Geschichtsbewusstsein und ökonomische Weitsicht auszeichnet, zeigte sich bei der Preisverleihung auch in den Ansprachen und Würdigungen, u.a. Landesrätin für Denkmalpflege Maria Hochgruber Kuenzer, Landeskonservatorin Karin Dalla Torre und HGV-Präsident Manfred Pinzger. Der ehemalige Landeskonservator Helmut Stampfer fasste anschaulich die Baugeschichte des Hotels zusammen, das „sowohl in der Entwicklungsgeschichte der Meraner Hotels auch im 50 Bauten umfassenden Schaffen von Pietro Delugan den Höhepunkt darstellt.“
Die Kunsthistorikerin Waltraud Kofler Engl erklärte anschaulich die Bedeutung des Gartens bzw. des historischen Parks für Charakter und Zauber der Hotelanlage. Der Park sei zwar reduziert worden, so Kofler Engl, aber eine abgeschiedene Oase sei er glücklicherweise geblieben. Am Anfang habe gegolten: „Ohne Park kein Palast-Hotel“, das gelte heute noch.
Der Koordinator des Wettbewerbs, Architekt Wolfgang von Klebelsberg, gab einen Überblick über die wechselhafte Geschichte des „Grand Hôtel von 1914 bis 2021“, also über zwei Weltkriege hinweg. Dazu gehören als Tiefpunkte die Plünderung des wertvollen Mobiliars, die Umwandlung in ein Militär-Krankenhaus im zweiten großen Krieg, die Schließung. Klebelsberg würdigte auch die Verdienste des Hoteliers Artur Eisenkeil für einen Neuanfang, für eine Gesamt-Renovierung und die Umwandlung in ein Nobelhotel mit Kurangebot.
Die auf Eisenkeil folgende Familie Weinfurtner vernachlässigte das Bauwerk und so kommt dem jetzigen Besitzer, Comm. Pietro Tosolini das große Verdienst zugute, das Palace in seiner historischen Substanz und Würde mit großer Behutsamkeit im Sinne der weiterführenden Denkmalpflege restauriert zu haben. Wer mehr über die Geschichte von Preisträger und Preis erfahren will, kann dies anhand der gediegenen und bebilderten Broschüre tun, die zum Wettbewerb 2022 erschienen ist.
Den Preis nahmen Comm. Pietro Tosolini und Arch. Paolo Tosolini entgegen.
Die besondere Auszeichnung erhielten Annette und Matthias Wodenegg.
Die Jury:
Prof. Konrad Bergmeister, Präsident Stiftung Südtiroler Sparkasse
Dr. Francesca Pasquali, Vizepräsidentin Stiftung Südtiroler Sparkasse
Mag. Dr. Karin Dalla Torre MAS, Landeskonservatorin
Herr Manfred Pinzger, Präsident Hoteliers- und Gastwirteverband
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