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„Wir wurden reingelegt“

In einem Mediaset-Beitrag verteidigen Südtirols Abgeordnete das Privileg, wonach sie auch ohne Green Pass ihr Gehalt beziehen. Doch Massimo Bessone und Co. fühlen sich vom Berlusconi-Sender falsch dargestellt.

von Matthias Kofler

„Fuori dal Coro“ nennt sich die Sendung des streitbaren Journalisten Mario Giordano, auf die Südtirols Landtagsabgeordneten derzeit nicht gut zu sprechen sind. In einem auf Mediaset ausgestrahlten Filmbeitrag werden die Volksvertreter als nimmersatte Privilegienritter dargestellt, die sich in erster Linie um ihr finanzielles Wohlergehen kümmern. Anlass ist die Beantwortung einer Landtagsanfrage: Auf Antrag des Team-K-Politikers Franz Ploner teilte Landeshauptmann Arno Kompatscher mit, dass einem gewählten Politiker, der keinen Green Pass besitzt, nicht das Gehalt gestrichen werden kann.

Der Grund: Ein öffentliches Mandat sei kein normales Arbeitsverhältnis mit entsprechendem Arbeitsvertrag.

Ein Mediaset-Journalist machte sich daher nach Bozen auf, um bei den Abgeordneten persönlich nachzufragen, ob sie diese Ungleichbehandlung gegenüber einem normalen Arbeitnehmer für richtig erachten. Zu Beginn des Beitrags wurde auf dem Magnagoplatz eine No-Vax-Demonstrantin interviewt: Diese berichtete, dass sie nicht mehr als Lehrerin arbeiten könne, weil sie keine Grüne Bescheinigung besitze. Es sei unfair, dass diese Regelung nicht auch bei den Politikern zur Anwendung komme.

Insgesamt vier Südtiroler Mandatare stellten sich vor die Kamera, um darüber zu philosophieren, warum für sie andere Regeln gelten. Doch keiner davon forderte, das Privileg aus der Welt zu schaffen. So wunderte sich Freiheitlichen-Obmann Andreas Leiter Reber, warum Mediaset eigens nach Südtirol gekommen ist: Schließlich handle es sich hierbei nicht um ein Landes-, sondern um ein Staatsgesetz. Der 5-Sterne-Abgeordnete Diego Nicolini stellte klar, dass er keine „battaglia“ gegen die Politikergehälter machen wolle. Denn: Ein Mandat sei nun einmal „keine normale Arbeit“. Lega-Landesrat Massimo Bessone behauptete, dass niemand seinen Arbeitsplatz verliere, wenn er keinen Green Pass habe – was freilich im Widerspruch zur eingangs zitierten suspendierten Lehrerin stand. Der Sarner SVP-Abgeordnete Franz Locher gab von sich, dass er die Sonderregelung für Politiker als „normal“ erachte.

Auf Nachfrage der Tageszeitung wehren sich die befragten Politiker gegen die ungünstige Darstellung im Filmbeitrag: Sie seien vom Journalisten „reingelegt“ worden. „Meine Aussage, dass wir für uns den Green Pass ja bereits eingeführt haben, wurde einfach rausgeschnitten“, ärgert sich Leiter Reber. Die Mediaset-Reporter seien „unkorrekt“, weil sie die Aussagen ihrer Interviewpartner so zusammenschneien würden, „wie es ihnen passt“, findet auch Bessone. „Der Journalist hat mich gefragt, ob Arbeitnehmer wegen des Grünen Passes ihren Arbeitsplatz verlieren. Ich habe ihm geantwortet, dass der Green Pass dazu da ist, weitere Schließungen zu verhindern und auf diese Weise Arbeitsplätze zu retten“, erinnert sich der Leghista.

Der Grillino Nicolini geht mit der Giordano-Sendung besonders hart ins Gericht:

„Leider habe ich erst nach nach 5 Minuten gemerkt, dass es eine Falle war. Am Anfang hat er noch mit trivialen Fragen versucht, mein Vertrauen zu wecken. Ab einem bestimmten Punkt stellte er mir dann – bei laufender Kamera – ständig die gleiche Frage und bat mich, die Antwort zu wiederholen. Meine Kernaussage war, dass einem Gewählten kein Gehalt auf der Grundlage einer genau definierten Gegenleistung gegeben wird, sondern er die Aufgabe hat, die Bürger zu vertreten. Es ist schlichtweg nicht wahr, dass es keine Konsequenzen geben würde, wenn einer von uns keinen Green Pass hätte. Die Sitzungen finden alle in Präsenz statt. Ohne Pass kommst du nicht in die Aula und musst für deine Abwesenheit eine Geldstrafe von 100 Euro pro Tag bezahlen. Wir wissen, dass sie Meister darin sind, Informationen zu manipulieren, und viele unwissende Menschen hören ihnen immer noch zu, das ist das eigentliche Problem.“

Locher reagiert gelassen: Er habe mit einem so „interessanten Zusammenschnitt” gerechnet.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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