„Keine würdige Lösung“
Nach 18 Jahren stellt die Vinzenzgemeinschaft den Dienst des VinziBusses ein – und übt heftige Kritik an der Gemeinde Bozen. Die Hintergründe.
von Thomas Vikoler
In Bozen kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen öffentlicher und privater Obdachlosen-Hilfe, offensichtlich gibt es unterschiedliche Vorstellungen darüber, wie diese auszusehen hat.
Nun aber kulminiert der Streit in einem spektakulären Rückzug: Die Vinzenzgemeinschaft stellt ihren 2003 im Bahnhofspark begonnenen Essendienst VinziBus ein. Vorläufig, wie es heißt.
Die gestrige Ankündigung durch Josef Andreas Haspinger, Präsident der Vinzenzgemeinschaft, klingt verbittert: „Die Stadt Bozen hat entschieden, die Obdachlosen aus dem Zentrum zu verbannen.“
Am Mittwoch gab es zu dieser Thematik zwei zeitgleiche Ereignisse: In der Bozner Industriezone (die periphere Gobettistraße) öffnete die gemeindeeigene Obdachlosenunterkunft mit 95 Betten im Ex-Alimarket, einer ehemaligen Flüchtlingsunterkunft. Gleichzeitig lief der Dienstvertrag der Gemeinde mit Volontarius für die Versorgung der Obdachlosen mit Essen aus, den sie gemeinsam mit Vinzibus abwickelte. Der Dienst wurde nicht mehr ausgeschrieben. Für die Essensausgabe ist nun die Obdachlosenunterkunft im Ex-Alumix zuständig, die vom Roten Kreuz geführt wird.
„Das ist keine würdige Lösung“, findet Haspinger.
Paul Tschigg, der den VinziBus mit aufgebaut und geleitet hat, sagt es deutlicher: „Die Menschen, welche bereits am Rand der Gesellschaft leben, werden jetzt auch auch am Rand der Landeshauptstadt abgeschoben.“
Laut Tischigg gibt es keine finanziellen Gründe für den Rückzug, lediglich in den vergangenen acht Monaten habe man öffentliche Mittel für den gemeinsam mit Volontarius mittels eines Campers abgewickelten Essensausgabe-Dienstes erhalten. In den Jahren zuvor habe sich der VinziBus stets durch eigene Mittel getragen.
Der eigentliche Grund liegt darin, dass die Gemeinde – so jedenfalls die Version der Vinzenzgemeinschaft – seit Monaten ein Projekt für eine fixe Ausgabestelle in der Marconistraße blockiert.
„Wir haben bereits Räumlichkeiten angemietet und ein Vorprojekt eingebracht. Nun hängt das Umbau- und Umwidmungsprojekt in der Baukommission fest, auch weil es Widerstand aus einem benachbarten Kondominium gibt“, berichtet Paul Tschigg.
Es sei geplant, neben der Essensausgabe auch eine Toilette und einen zeitweisen warmen Aufenthaltsort für die Obdachlosen anzubieten. „Man muss die Leute dort versorgen, wo sie sich aufhalten. Nicht an einem Ort der mehrere Kilometer vom Stadtzentrum entfernt ist“, bekräftigt der VinziBus-Leiter seine Kritik am Kurs der Gemeinde Bozen.
Bei den Treffen mit dem Bozner Sozialstadtrat Juri Andriollo habe sich gezeigt, dass die Gemeinde das private Vorhaben nicht unbedingt goutiert.
Der Vinzenzverein will dennoch an ihm festhalten und sicherstellen, dass der VinziBus weiterfährt. Diesmal an einem festen Ort.
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