Das gelbe Schreckgespenst
Südtirol blickt mit Sorge auf die Corona-Neueinstufung am kommenden Freitag. Wie Südtirol gelb werden könnte – und welche Verschärfungen dann in Kraft treten würden.
Von Matthias Kofler
Einmal pro Woche nimmt Gesundheitsminister Roberto Speranza auf Grundlage des ISS-Monitoringberichts eine Neueinstufung der Regionen nach dem Ampelsystem vor. Derzeit befinden sich alle Regionen Italiens in der weißen Zone. Doch insbesondere das Friaul und Südtirol laufen Gefahr, am Freitag in die restriktivere gelbe Zone wechseln zu müssen. Ausschlaggebend ist neben der Sieben-Tage-Inzidenz die Hospitalisierungsrate auf den Normal- und den Intensivstationen in den Krankenhäusern. Beide gefährdeten Regionen liegen aktuell nur hauchdünn unter den Schwellenwerten von 15 Prozent auf den Normal- und zehn Prozent auf den Intensivstationen.
In Südtirol sind derzeit neun Prozent der Intensivbetten und 14,8 Prozent der Betten auf den Normalstationen mit Covid-19-Patienten besetzt. Allerdings sind zwei der neun Intensivpatienten von ausländischen Spitälern übernommen worden – diese werden laut Landeshauptmann Arno Kompatscher bei der nationalen Einstufung nicht mitgerechnet. Auch auf der Normalstation befindet sich ein von einem ausländischen Krankenhaus übernommener Patient, der nicht mitgerechnet wird. Südtirol hat folglich noch etwas „Spielraum“, wenngleich sich die Situation aufgrund der hohen Infektionsrate in den nächsten Tagen noch weiter verschlechtern könnte.
Was passiert, wenn Südtirol gelb wird? Für die gelben Regionen gilt, dass sich die BürgerInnen weiterhin frei innerhalb und außerhalb der Region bewegen können. Sie benötigen dafür keinen Grünen Pass. Dafür verschärft sich aber die Maskenpflicht: In sämtlichen geschlossenen Räumen muss dann wieder ein Mund- und Nasenschutz getragen werden, dazu auch im Freien. Denkbar ist, dass die Landesregierung für bestimmte Bereiche, etwa für den öffentlichen Nahverkehr oder die Geschäfte, eine FFP2-Maskenpflicht vorschreibt. Anders als in den weißen Zonen können die Regionen in den gelben Zonen nämlich strengere Regeln als der Staat vorsehen.
Bei einem Wechsel in die gelbe Zone müssen sich auch die Gastronomen auf strengere Vorschriften einstellen: So dürfen dann in der Innengastronomie nur noch bis zu vier Personen gemeinsam an einem Tisch sitzen. Von dieser Regelung ausgenommen sind nur die im selben Haushalt lebenden Personen. Die Landesregierung will in den Verhandlungen mit Rom erreichen, dass darüber hinaus auch Differenzierungen zwischen geimpften und ungeimpften Personen vorgenommen werden können. Als Vorbild dient die 2G-Regelung in Deutschland und Österreich.
Senatorin Julia Unterberger betont, dass Gesundheitsminister Roberto Speranza einer regional vorgenommenen Unterscheidung zwischen Geimpften und Ungeimpften grundsätzlich nicht abgeneigt sei. Er befürchte jedoch, für eine solche Lösung im Ministerrat keine Mehrheit zu finden, da sich vor allem die Lega jeder Verschärfung der Green-Pass-Regeln in den Weg stelle. Die Fraktionschefin der Autonomiegruppe will daher rasch ein Gespräch mit Ministerpräsident Mario Draghi in die Wege leiten.
Indes denkt auch die Regierung in Rom über eine Verschärfung der Corona-Bestimmungen nach. Grund ist die rasant ansteigende Zahl der Neuinfektionen und der Covid-Patienten in den Krankenhäusern. Im Raum steht eine Verkürzung der Gültigkeitsdauer des Green Pass von derzeit zwölf auf neun Monate. Denkbar ist weiters, dass die Schnelltests künftig nur noch 24 und die PCR-Tests nur noch 48 Stunden gelten. Begründet wird eine solche Maßnahme damit, dass 30 Prozent der Schnelltests zu einem falsch negativen Ergebnis führen. Mit der Reduzierung der Test-Gültigkeit soll der zuletzt ins Stocken geratene Impfmotor wieder in Gang gebracht werden. Auch will die Regierung den Regionen gestatten, in besonders hart getroffenen Gemeinden oder Landesgebieten einen Lockdown zu verhängen. Knapp 20 Gemeinden in Südtirol würden derzeit die Kriterien für die rote Zone erfüllen.
Gesundheitslandesrat Thomas Widmann sagt grundsätzlich Ja zu den römischen Plänen: „Wir haben eine andere Realität und es wäre wichtig, wenn wir auf unsere Situation reagierenn könnten.”
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