„Trage niemanden zum Impfen“
Rodeneck hat eine 7-Tage-Inzidenz von über 4.000. Unter den Positiven ist auch der Bürgermeister Helmut Achmüller, von den man behauptet, ein Impfgegner zu sein.
Die Kurve geht steil nach oben: Am Eingang des Pustertales explodieren die Infektionszahlen. Spitzenreiter ist Rodeneck: Zurzeit resultieren 38 Infizierte in der Gemeinde mit 1.300 Einwohnern.
Warum sind gerade in Rodeneck die Infektionszahlen so hoch? Ortsansässige führen die derzeitige Situation auf eine Kombination von Ereignissen zurück: Vor wenigen Wochen sei nach dem Almabtrieb in Nauders ausgiebig und lange gefeiert worden. Hinzu kommt, dass in der Eisacktaler Gemeinde eine größere Anzahl an Corona-Leugnern leben. Vor wenigen Wochen starteten zudem die Theateraufführungen, die letzte Vorführung des Schwanks „Hurra – Zwillinge“ fand am 24. Oktober statt. Nach den Aufführungen sei in einem lokalen Gastbetrieb ausgiebig gefeiert worden, heißt es.
Bürgermeister Helmut Achmüller ist der Vorsitzende der Volksbühne Rodeneck. Ihm wird nachgesagt, ein Impfgegner zu sein. Er soll mit den Corona-Regeln recht locker umgehen und diesbezüglich keine Vorbildfunktion ausüben, was sich in Konsequenz auf das Verhalten der Ortsbevölkerung auswirkt. Was Achmüller zur Infektionslage sagt.
Tageszeitung: Herr Achmüller, die Corona-Zahlen in Ihrer Gemeinde sind explodiert. Worauf führen Sie das zurück?
Helmut Achmüller: Wenn ich das wüsste, wäre ich Gott. Sicherlich werden mehr Infizierte herausgefischt, weil mittlerweile die 3G-Regelung gilt und Nicht-Geimpfte dreimal in der Woche testen müssen. Und wahrscheinlich gab es einige inoffizielle Feiern, wo die Green-Pass-Pflicht nicht so rigide kontrolliert wurde.
Wer sind die Infizierten?
Vorwiegend betrifft es junge Leute. Zum genauen Infektionsherd möchte ich mich nicht äußern.
Sie mutmaßen jedoch, dass es sich um private Feiern handelt?
Man muss nur ins Pustertal blicken und wie es dort zugegangen ist: Die jungen Leute haben nach diesen Einschränkungen das Bedürfnis, sich zu unterhalten. Und das ist auch nachvollziehbar. Und folglich ist oft das ganze Familienumfeld infiziert. Ich muss aber noch was betonen…
Das wäre?
Man müsste auch die Geimpften animieren, sich regelmäßig, etwa alle zwei Wochen, testen zu lassen. Viele wurden vor drei bis vier Monaten geimpft, haben sich seitdem aber nie mehr testen lassen. Und immerhin: Laut den Daten, die mir vorliegen, befinden sich in Rodeneck doch einige Geimpfte unter den Infizierten.
Viele?
Das ist unerheblich. Ich bin zwar kein Virologe, aber aufgrund der Anzahl bin ich der Meinung, dass sich auch Geimpfte testen lassen müssen, weil sie ebenso Virusträger sein können.
Gibt es Fraktionen, wo das Virus besonders schnell um sich greift?
Nein, alle Ortschaften sind gleichermaßen betroffen. Aber es steigen ja nicht nur die Zahlen in Rodeneck, sondern landesweit. In unserer Gemeinde hatten wir nur lange Glück, und die Zahlen konnten sehr niedrig gehalten werden. Und jetzt trifft es eben auch uns.
Der Kindergarten oder Schulklassen sind noch nicht betroffen?
Nein, noch nicht. Jetzt ist aber zu sehen, wie es sich weiterentwickelt.
Einen Infektionsherd bei den Theateraufführungen gab es nicht?
Das schließe ich eher aus. Wir hatten Theateraufführungen bis vor drei Wochen. Damals hatten wir noch keine Fälle. Dort wurden alle Regeln rigide eingehalten, auch die Abstände der Sitze. Es wurde der Grüne Pass verlangt und wir haben auch keine Getränke verabreicht. Und wir haben weniger Leute in den Saal gelassen, als erlaubt.
Auch die Haltung der Allgemeinmediziner vor Ort trägt maßgeblich zur Impfwilligkeit der Bevölkerung bei, wie im Passeiertal. Wie sieht es mit den Gemeindeärzten in Rodeneck aus?
Mir wäre nicht bekannt, dass ein Gemeindearzt bei uns suspendiert wurde.
Es hält sich das Gerücht, dass Sie ein Impfgegner sind und dass sich diese Haltung auch auf jene der Bevölkerung auswirkt…
Das stimmt nicht. Ich bin kein Impfgegner. Ich trage jedoch niemanden hin zum Impfen, ich verjage aber auch niemanden bei der Impfstation. Jeder soll seine Entscheidung für sich fällen. In unserer Gemeinde gibt es nicht mehr und nicht weniger Impfwillige, wie in anderen Gemeinden. Schon am 19. November haben wir wieder den Impfbus vor Ort, wo sich sicherlich Einzelne impfen lassen werden. Aber ich betone nochmals: Ich trage niemanden zur Impfung hin, aber ich verjage auch niemanden.
Sind Sie geimpft?
(lacht) Ich habe Sie auch nicht gefragt, was Sie zu Mittag essen…
Sie sind zurzeit selbst mit Covid-19 infiziert?
Ja, das trifft zu. Ich bin seit Mittwoch in Isolation. Ich weiß aber nicht, wo ich mich angesteckt habe.
Wie geht es Ihnen?
Zurzeit gut. Ich habe keine Symptome.
Interview: Erna Egger
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