Regionale Frühfaschismen
2022 jährt sich zum 100. Mal die Machtübernahme des italienischen Faschismus. Der „Marsch auf Rom“ im Oktober 1922 endete mit der Ernennung Benito Mussolinis zum Regierungschef. Das Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte organisiert am 12. und 13. November eine Tagung, die sich mit dem frühen Faschismus aus einer vergleichenden regionalgeschichtlichen Perspektive beschäftigt.
Die internationale Konferenz setzt sich mit der Bedeutung des frühen Faschismus in verschiedenen europäischen Regionen auseinander. Das Tagungsthema rückt damit im Wesentlichen den Übergang von den Anfängen faschistischer Bewegungen – etwa der nationalsozialistischen „Kampfzeit“ oder dem faschistischen „Squadrismus“ – hin zur Durchsetzung und Etablierung faschistischer Herrschaft in den Mittelpunkt. Die Tagung fragt nach der Bedeutung von regionalen Spezifika für die faschistische Herrschaftsdurchsetzung in dieser Übergangsphase. Welche Faktoren beförderten oder erschwerten als regionale Besonderheiten die Bemühungen zur Machtübernahme und zur Gleichschaltung der Gesellschaft im faschistischen Sinn? Welche regionalen Gegebenheiten nahmen Einfluss auf die Praxis von Akzeptanz, Mitläufertum, Indifferenz, Ablehnung oder auch Widerstand? Wie wurde der ‚aufkommende‘ Faschismus von den Menschen „vor Ort“ wahrgenommen? Und welche Radikalisierungsformen manifestierten sich bereits in frühfaschistischer Zeit? Im Rahmen all dieser Fragen steht ein vergleichender Blick im Vordergrund: Lassen sich in der Region gemeinsame Muster oder Charakteristiken ausfindig machen, die beispielsweise den Aufstieg des italienischen Faschismus und des deutschen Nationalsozialismus kennzeichnen?
Rund zwei Dutzend Historiker*innen aus Italien, Österreich, Deutschland und der Schweiz präsentieren und diskutieren auf Einladung des Kompetenzzentrums für Regionalgeschichte neueste Forschungsergebnisse zur Bedeutung des frühen Faschismus in verschiedenen europäischen Regionen. Der Blick auf regionale Grenzfaschismen und die Frühfaschismen in Spanien und Irland ist dabei genauso ein Thema wie etwa die konkrete Entwicklung faschistischer Herrschaft und Gewalt auf lokaler Ebene – also aus einer mikrohistorischen Perspektive. Verschiedene Fallstudien über den Faschismus in mehreren süditalienischen Regionen und im Tiroler Raum sowie in Vorarlberg runden die Tagung ab.
„Neben verschiedenen Veranstaltungen, die dem Thema 50 Jahre Zweites Autonomiestatut (1972–2022) gewidmet sind, steht im akademischen Jahr 2021/22 auch das Centenaire der faschistischen Machtübernahme im Mittelpunkt, die selbstredend große Auswirkungen auch auf Südtirol hatte“, so der Direktor des Kompetenzzentrums für Regionalgeschichte, Prof.Oswald Überegger, der die Tagung gemeinsam mit Karlo Ruzicic-Kessler organisiert.
Die Tagung wird am Freitag, 12. und Samstag, 13. November 2021 vom Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte an der Bildungswissenschaftlichen Fakultät der Freien Universität Bozen veranstaltet. Mit Ausnahme der Referent*innen und Moderator*innen ist sie für alle Interessierten ausschließlich online (über Microsoft Teams) zugänglich. Die Registrierung für die Tagung ist über folgenden Link bis zum 11. November 2021 (12 Uhr) möglich.
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