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Der Protest-Brief

Schüler der Landesfachschule „Hannah Arendt“ fordern die Aufhebung der Impfpflicht für Praktikanten. Warum die Regelung trotzdem nicht abgeändert wird.

von Markus Rufin

Seit Anfang des Jahres ist es bekannt, dass sich Gesundheitspersonal gegen Corona impfen lassen muss, ansonsten werden diese suspendiert. Seit dem 15. Oktober gilt diese Pflicht zudem für alle Personen, die in Sozialstrukturen tätig sind. Das Land hat bereits mehrfach betont, gegen diese Regelung nichts machen zu können. Trotzdem gibt es immer wieder Protestschreiben oder Aufforderungen an die Landespolitik, daran etwas zu ändern.

So nun auch von einer Gruppe von SchülerInnen der Landesfachschule für Sozialberufe „Hannah Arendt“. Der Brief ist an die Öffentlichkeit, Landeshauptmann Arno Kompatscher, SVP-Obmann Philipp Achammer und der Direktorin Ulrike Egger gerichtet.

„Wir alle haben diesen Weg gewählt, weil wir die Arbeit mit Menschen lieben, weil wir Menschen in verschiedensten Lebenssituationen begleiten und unterstützen möchten und weil wir wissen, dass einige Menschen auf uns angewiesen sind und uns brauchen“, schreiben die Schüler, die ihren Namen nicht nennen, eingangs.

Doch seit dem 15. Oktober sei es immer schwieriger für die SchülerInnen geworden, in Altersheimen, Werkstätten und Wohnheimen für Menschen mit Beeinträchtigung oder psychischen Erkrankungen ohne die Impfung gegen COVID-19 einen Praktikumsplatz zu finden und dort auch ohne Impfung zu arbeiten.

Und genau dieser Punkt stört die SchülerInnen. Sie seien zu einer schwierigen Entscheidung gezwungen: Entweder man lasse sich impfen, oder man müsse die Ausbildung abbrechen, denn ohne absolvierte Praktika sei ein bestandenes Schuljahr nicht möglich.

Die SchülerInnen schreiben davon, dass ihnen damit „Steine in den Weg gelegt werden“. Das finden sie weder richtig noch in Ordnung: „Davon abzusehen, dass die Bezahlung unserer Berufsbilder nicht unserer Leistung entspricht, soll jetzt auch noch die Impfung gegen COVID-19 Pflicht werden?“

Im Brief wird der Eindruck erweckt, dass es vor allem die Kommunikation sei, über die sich die SchülerInnen aufregen. Einigen wurde nämlich erst kurz vor Beginn (ein bis zwei Tage) des Praktikums mitgeteilt, dass eine Impfung notwendig sei. Vorher wurde ihnen mitgeteilt, dass regelmäßiges Testen ausreiche.

„Wir haben uns zusammengeschlossen, weil wir uns wehren und auf unser Problem aufmerksam machen wollen. Wir wollen auch aufzeigen, dass dieser Berufsweg für einige von uns auf der Kippe steht, nur weil wir dazu gezwungen werden, uns einer Impfung zu unterziehen, die wir aus persönlichen Gründen für uns abgelehnt haben“, so die SchülerInnen im Brief.

Für einige von ihnen stehe eine Zukunft ohne Abschluss bevor, weshalb man den Traumberuf nicht ausüben könne: „All das nur, weil wir uns dafür entschieden haben, für unser Recht einzustehen.“

Die SchülerInnen betonen, dass sie keine Risikogruppen seien und die Entscheidung der Politik daher nicht verstehen: „PraktikantInnen, die sich nicht impfen möchten, werden ausgegrenzt und ihnen wird nachgesagt, dies wäre nicht der richtige Berufsweg, dass es nicht der richtige Berufsweg wäre! In unserem Beruf geht es um das Wohl der Menschen. Doch auch wir sind Menschen und warum müssen wir unser Wohl hintenanstellen?“

Es sei keinesfalls so, dass ihnen das Wohl der Betreuungspersonen egal sei oder dass man ihre Gesundheit riskieren wolle. Schließlich sei man dazu bereit, sich regelmäßig testen zu lassen und damit einer Infektion zuvorkommen.

Dass es sich bei den SchülerInnen um Impfgegner handelt, ist offensichtlich. Sie weisen auch daraufhin, dass die Impfung nicht vor Übertragungen schütze.

Daher fordern die SchülerInnen: „Wir fordern von unserer Schule, der Direktorin und unseren gewählten VolksvertreterInnen endlich mehr Standhaftigkeit zu beweisen, mehr zu hinterfragen und nicht alles so hinzunehmen und endlich für unsere Rechte einzustehen, denn wir kennen unsere Rechte und das sollten Sie auch! Wir wünschen uns, dass alle SchülerInnen die Ausbildung absolvieren können und keine Unterschiede gemacht werden, egal ob geimpft oder ungeimpft, denn wir gehören auch zu Ihrer Zukunft!“

Der Brief hat innerhalb kürzester Zeit für viel Aufsehen gesorgt. So hat sich beispielsweise bereits die Süd-Tiroler Freiheit wohlwollend dazu geäußert. Auf den ersten Blick handelt es sich um einen Brief, der durchaus nachvollziehbar ist, beschäftigt man sich aber genauer damit, so bekommt der Brief aber wieder eine schiefe Optik.

Das sieht auch SVP-Obmann und Schullandesrat Philipp Achammer so, an den dieser Brief gerichtet ist. Er bedauert es vor allem, dass die SchülerInnen nicht Ihre Namen dazugeschrieben haben: „Ich finde es schade, dass die Schüler nicht namentlich genannt wurden, denn ich hätte sehr gerne das persönliche Gespräch gesucht.“

Nachdem sich Achammer aber in der Schule selbst und bei einigen Institutionen umgehört hatte, entstand bei ihm der Eindruck, dass der Brief ohnehin nicht die Meinung der meisten Schüler widerspiegelt: „Im Brief wird zwar von ,den Schülern‘ gesprochen, aus Rückmeldungen aus der Schule habe ich aber erfahren, dass es ein Thema von einigen wenigen ist. Sie erheben den Anspruch für die Allgemeinheit zu sprechen, was aber nicht der Fall ist.“

Dennoch betont Achammer, dass er nach wie vor dazu bereit ist, ein Gespräch mit diesen wenigen Schülern zu führen. Auch nach Informationen der TAGESZEITUNG stammt der Brief, der nicht unterzeichnet ist, von einigen wenigen Schülern. Die meisten Schüler der Landesfachschule hätten kein Problem mit der Impfung.

Auch der Vorwurf, dass die Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, einem Abbildungsabbruch gleichkomme, stimme so nicht, weiß der Landesrat: „Aufgrund einzelner weniger Anliegen gab es im Vorfeld ein Gespräch, bei dem gesagt wurde, dass es die Möglichkeit gibt, das Praktikum zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen, sobald die Regelung nicht mehr gilt. Niemand ist also dazu gezwungen, die Ausbildung abzubrechen, nur weil man sich der Impfung verwehrt.“

Für Achammer ist es außerdem unklar, warum die „wenigen Schüler“ so argumentieren, wenn sie ohnehin anstreben, später einmal fix in diesem Bereich zu arbeiten: „Man bräuchte die Impfung sobald man die Ausbildung abgeschlossen hat ja ohnehin. Es gibt also keinen Beweggrund, die Regelung für Praktikanten aufzuheben. Erst recht, wenn man in so einem Bereich arbeitet, gehört es dazu, zu lernen, dass man Opfer für die Patienten bringen muss.“

Für Achammer entsteht der Eindruck, dass es sich um beim Brief um eine „Überreaktion einiger weniger“ handelt: „Alleine dass jemand den Anspruch erhebt, für alle Schüler zu sprechen, ist für mich Anlass zur Skepsis. Die Schüler haben aber jederzeit die Möglichkeit, sich namentlich bei mir zu melden, dann können wir gerne ein Gespräch darüberführen. Das wird an der Sache aber nur wenig ändern.“

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