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Durchbruch in der Nacht

Wie LH Arno Kompatscher die Erhöhung der IRPEF-Steuer, die er zuvor selbst ins Spiel gebracht hatte, doch noch abwenden konnte. Und warum es SVP-intern mit der Kommunikation hapert.

Von Matthias Kofler

Die Mitglieder der SVP-Landtagsfraktion staunten nicht schlecht, als sie sich Mittwoch früh das „Morgengespräch“ mit Arno Kompatscher anhörten. Der Landeshauptmann verkündete dort wie aus heiterem Himmel, dass die Erhöhung des regionalen IRPEF-Steuerzuschlags für die Arbeitnehmer nun definitiv vom Tisch sei. Dabei war es Kompatscher selbst, der die Steuererhöhung zwei Tage zuvor selbst aufs Tapet gebracht und mit dieser Hiobsbotschaft parteiintern reichlich für Aufregung gesorgt hatte. „Dieses Hin und Her ist das genaue Gegenteil einer seriösen Finanzpolitik“, ärgert sich ein Mitglied der Landesregierung.

Doch der Reihe nach: Am Montag kam die SVP-Fraktion routinemäßig zu einer Sitzung zusammen. Kompatscher stellte darin die Grundzüge des Haushaltsgesetzes 2022 vor. „Wir müssen die Steigerung auf der Ausgabenseite und die Stagnation auf der Einnahmenseite unter einen Hut bringen. Ein solider Haushalt ist die Voraussetzung für eine vorausschauende und gestalterische Politik, wie sie die SVP seit Jahrzehnten betreibt“, ließ sich Fraktionssprecher Gert Lanz in einer Pressemitteilung zitieren.

Nach übereinstimmenden Berichten mehrerer SVP-Abgeordneter erklärte der LH in der Sitzung, wie er gedenke, den wachsenden Ausgaben für Soziales, Bildung und Gesundheit zu begegnen, und zwar mit Steuererhöhungen: So soll einerseits die Wertschöpfungssteuer IRAP von 2,68 auf 3,9 Prozent erhöht – und damit dem gesamtstaatlichen Niveau angepasst werden. Andererseits habe sich die Landesregierung in ihrer Klausursitzung auf eine Abschaffung des IRPEF-Freibetrags bis 35.000 Euro verständigt, berichtete der Regierungschef seinen Abgeordneten.

Gegen die von Kompatscher in den Raum gestellte Erhöhung der IRPEF-Steuer liefen in der Sitzung am Montag die beiden Arbeitnehmer-Vertreter Magdalena Amhof und Helmuth Renzler Sturm. Auch mehrere andere Abgeordnete sollen dem Vernehmen nach gesagt haben, dass man „in diesen Krisenzeiten“ nicht die Steuern erhöhen könne. Kompatscher nahm sich die Rückmeldungen seiner Kollegen zu Herzen und verkündete, dass sich die Landesregierung mit der IRPEF-Erhöhung „bis 2023 Zeit lassen“ wolle.

Mit dieser Botschaft ging der LH am Dienstag nach der Sitzung der Landesregierung auch an die Öffentlichkeit: Kompatscher bestätigte, dass die IRAP auf 3,9 Prozent erhöht werden soll. Was hingegen die IRPEF betrifft, verwies er auf die laufenden Finanzverhandlungen mit Rom. Sollten diese für das Land erfolgreich enden, könne man von dieser Erhöhung absehen. In jedem Fall werde man nicht vor 2023 an der IRPEF Hand anlegen.

Am Mittwoch Vormittag folgte dann der überraschende Paukenschlag: Kompatscher erklärte im Radio-Interview die noch am Vortag für möglich erachtete IRPEF-Erhöhung für gegessen. Was hat sich in der Nacht auf Mittwoch getan, dass es zu dieser überraschenden Kehrtwende kommen konnte? Kompatscher erklärt hierzu auf Nachfrage der TAGESZEITUNG: „Ich habe in der Nacht die Finanzverhandlungen mit Rom in unserem Sinne abschließen können. Das erlaubt es uns, auf eine IRPEF-Erhöhung zu verzichten.“

In der Landesregierung ist die Verwunderung über die Aussage des Chefs groß. Einige Landesräte wollen sich darin erinnern, dass Kompatscher schon in der  Regierungssitzung den Abschluss der Finanzverhandlungen verkündet habe. Gab es hier ein internes Missverständnis? Oder handelt es sich um zwei verschiedene Vereinbarungen? Der LH: „Ich habe schon in der Regierungssitzung gesagt, dass wir von der IRPEF-Erhöhung absehen können, wenn die Verhandlungen gut ausgehen. Abgeschlossen haben wir am Mittwoch um 22 Uhr.“

Fraktionsintern ist man nun darum bemüht, die kommunikativen Fehler der vergangenen Tage auszubügeln. Fraktionssprecher Gert Lanz stellt sich schützend vor den Regierungschef: „Der Pakt mit Rom, mit dem wir weitere Steuererhöhungen vermeiden können, ist nicht zuletzt dem Verhandlungsgeschick des Landeshauptmanns geschuldet.“ Dass es Kompatscher selbst war, der die IRPEF-Erhöhung überhaupt erst ins Spiel gebracht hat, wird nun unter den Tisch gekehrt. Genauso der Umstand, dass es einige SVP-Abgeordneten waren, welche die Steuer-Pläne öffentlich bereits sezierten, bevor sie überhaupt beschlossen waren – und damit das Tohuwabohu mitverursacht haben.

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