Zwischen zwei Stühlen
Wie positionieren sich die SVP-Wirtschaftsvertreter im Landtag? Rückendeckung für den Landeshauptmann oder ein striktes Nein zur IRAP-Erhöhung?
von Heinrich Schwarz
Hört man Landeshauptmann Arno Kompatscher zu, dann klingt es so, als gäbe es an der Erhöhung der regionalen Wertschöpfungssteuer IRAP nichts mehr zu rütteln. Eine Anhebung des Steuersatzes von 2,68 auf 3,9 Prozent (und damit eine Angleichung an den ordentlichen Steuersatz in Italien) soll zusätzliche 60 Millionen Euro in den Landeshaushalt spülen. Geld, das die Landesregierung dringend braucht, um die steigenden Kosten zu decken.
Vonseiten der Wirtschaft kommt naturgemäß heftiger Protest. Eine IRAP-Erhöhung sei in einer Zeit, in der viele Betriebe mit den Folgen der Corona-Krise zu kämpfen hätten, der falsche Weg. Stattdessen sei eine Effizienzsteigerung bei den öffentlichen Ausgaben dringend notwendig, so der Tenor der Wirtschaftsverbände.
Eine wesentliche Rolle in der IRAP-Diskussion werden in den nächsten Wochen die SVP-Wirtschaftsvertreter im Landtag spielen. Sie sitzen zwischen zwei Stühlen. Entweder geben sie dem Landeshauptmann Rückendeckung, stimmen im Landtag für die IRAP-Erhöhung und ziehen damit den Zorn der Betriebe auf sich – oder sie schließen sich dem Protest der Wirtschaftsverbände an und bringen damit den Landeshaushalt in Gefahr.
Natürlich gibt es auch die Möglichkeit einer Kompromisslösung. Eine solche zu finden, wird aber keine leichte Aufgabe.
Sieht man sich die zwei wichtigsten SVP-Wirtschaftsvertreter im Landtag an, so wird schnell klar, wie ungut die Situation für sie ist: Gert Lanz und Helmut Tauber sind sehr Kompatscher-treu – könnten gleichzeitig aber nicht näher mit den Wirtschaftsverbänden verbunden sein. Lanz war bis zu seinem Einzug in den Landtag Präsident des Handwerkerverbandes lvh. Und Tauber ist amtierender Vizepräsident des Hoteliers- und Gastwirteverbandes (HGV) und Bezirksobmann im Eisacktal.
Lanz und Tauber halten sich mit einer klaren Positionierung – wie zu erwarten – erst einmal zurück und wollen niemanden vor den Kopf stoßen. Man hört von ihnen kein klares Nein zur IRAP-Anhebung, aber auch kein Ja. Vielmehr läuft bereits die Suche nach einem Kompromiss.
Gert Lanz sagt: „Es geht in der Haushaltsdiskussion nicht nur um die IRAP, sondern darum, den Haushalt langfristig auf solide Beine zu stellen. Derzeit liegen mehrere Vorschläge auf dem Tisch – einer davon ist die IRAP-Erhöhung. In der Fraktion wurde beschlossen, diese Punkt intern zu besprechen, zu bewerten und danach im Landtag zu diskutieren.“
Das letzte Wort ist also noch nicht gesprochen, auch wenn es in den Aussagen von Arno Kompatscher so klingt. Gert Lanz erklärt die Situation so: „Es gibt einen Gesetzentwurf, der vom Landtag genehmigt werden muss. Der Vorschlag sieht vor, dass durch die IRAP-Erhöhung Mehreinnahmen von 60 Millionen Euro in den Haushalt fließen, um verschiedene Kapitel zu decken. Wenn die Mehrheit sagt, dass sie das anders machen will, muss man schauen, wie man einen finanziellen Ausgleich erreicht.“
Die IRAP, so Lanz, sei schon immer kritisiert worden. „Je mehr Mitarbeiter ein Betrieb hat, desto mehr IRAP zahlt er – ganz unabhängig ob er wirtschaftlichen Erfolg hat oder nicht“, erklärt der SVP-Fraktionssprecher das Problem.
Helmut Tauber fügt hinzu, dass die geplante Erhöhung zu einem falschen Zeitpunkt komme: „Gerade die Tourismusbranche hat 15 schwierige Pandemie-Monate hinter sich. Die Betriebe haben nun sicher vier Monate gut gearbeitet, aber damit haben sich die ganzen Problematiken nicht aufgelöst.“
Tauber weiter: „Eine weitere steuerliche Belastung in der Pandemiezeit ist nicht unbedingt das optimale Signal. Andererseits hat die Wirtschaft im Allgemeinen trotzdem weitergearbeitet – vor allem die anderen Sektoren.“
Worauf der Eisacktaler Hotelier hinauswill: eine differenzierte IRAP-Erhöhung je nach Branche oder wirtschaftlicher Situation eines Betriebes. „Ich habe parteiintern gefragt, ob man nicht nach ganz klaren Kriterien bestimmte zusätzliche Reduzierungen andenken kann. In den weiteren Gesprächen in Partei, Fraktion, Kommission und Landtag werde ich mich noch einmal einbringen“, versichert er.
Freilich wäre eine derartige Lösung deutlich komplizierter als eine generelle Steuererhöhung auf 3,9 Prozent. Zudem würden die Mehreinnahmen geringer ausfallen, sodass im Haushalt irgendwo gekürzt werden müsste.
Gert Lanz meint zu Einsparungen im Landeshaushalt (ohne konkret zu werden): „Es gibt mittlerweile zig Listen mit Einsparungspotenzialen. Die Frage ist immer, wo man beginnt. Bislang hat immer jeder beim Nachbarn geschaut. Jetzt muss man unmittelbar umsetzbare Maßnahmen finden.“ Die Südtiroler würden im Schnitt ein hochwertiges Leben haben, deshalb könne man sicher einige Ausgaben finden, auf die man verzichten kann, meint Lanz.
Gleichzeitig gilt es laut Lanz zu berücksichtigen, dass der Staat die IRAP innerhalb von drei Jahren abschaffen und den Regionen anschließend einen jährlichen Ausgleich zahlen will. Deshalb sei eine nationale Angleichung der Steuersätze grundsätzlich sinnvoll.
Gert Lanz und Helmut Tauber sind sich bewusst, dass sie keine Seite so richtig zufriedenstellen können. Zwischen zwei Stühlen eben.
Tauber bleibt derweil dabei: „Grundsätzlich geht der Weg des Landeshauptmannes schon gut. Man wird intern sicher noch einmal schauen, Betrieben in schwierigen Situationen Spielräume einzuräumen.“
Ist keine Kompromisslösung möglich, wird sich spätestens bei der Haushaltsdebatte in einem Monat zeigen, gegenüber wem Gert Lanz und Helmut Tauber loyaler sind: gegenüber ihrem Landeshauptmann oder gegenüber ihren Verbänden.
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