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„… dann müssen wir schließen“

Foto: Südtiroler Sanitätsbetrieb/ Ivo Corrà

Die Suspendierungswelle und der Anstieg der Covid-Patienten bringen die Krankenhäuser in Bedrängnis. Warum bereits Operationen verschoben werden müssen.

von Markus Rufin

In Südtirols Krankenhäusern ist die Stimmung derzeit sehr angespannt. Das liegt in erster Linie an der dünnen Personaldecke. Fortwährend werden Pfleger und Ärzte in den Spitälern suspendiert, die eigentlich dringend benötigt werden.

Am Donnerstag berichtete die TAGESZEITUNG über die Suspendierung des geschäftsführenden Radiologie-Primars im Krankenhaus Meran, Christoph Scheurer. In der selben Ausgabe wurde auch über die Sorgen in der Orthopädie und Traumatologie von Bruneck, die im Winter zu Spitzenzeiten 100 bis 150 „Skihaxen“versorgen müssen. In beiden Fällen wird deutlich, dass die Suspendierung Ausmaße annehmen, die die Krankenhäuser arg in Bedrängnis bringen.

Hinzu kommt aber noch ein weiterer problematischer Aspekt: Der Anstieg der Corona-Patienten, die in den Spitälern versorgt werden müssen. Vize-Sanitätsdirektor Pierpaolo Bertoli sagt zwar, dass in den letzten Tagen dieser Anstieg etwas abgeflacht ist, dennoch ist man aufmerksam: „Obwohl wir im letzten Jahr um diese Zeit deutlich mehr Patienten wegen Corona versorgen mussten, ist die Lage nun ähnlich. Zwar mussten bisher keine Dienste reduziert werden, wenn es aber einen weiteren Anstieg gibt und weiter Personen suspendiert werden, wird das notwendig sein.“Bertoli geht davon aus, dass bereits bei rund 50 Corona-Patienten mehr, die Schließung einiger Abteilungen notwendig sein wird.

Noch sei die Lage allerdings unter Kontrolle, wie unter anderem Herbert Heidegger, ärztlicher Leiter des Krankenhauses und Primar der Geburtenabteilung in Meran betont. Auch in seiner Abteilung sei man kurz davor an die Grenze zu stoßen: „Wir haben nicht nur sieben Hebammen suspendiert, sondern auch einen enormen Zulauf an Geburten.“Dennoch sei das gesamte Team motiviert.

In Bozen und Meran mussten insgesamt rund 230 Betten aufgrund der Suspendierungen bereits reduziert werden. Auch in den anderen Krankenhäusern kam es in den letzten Monaten zu einer deutlichen Reduzierung der Betten. Dies wird wohl auch weiterhin der Fall sein, denn noch sind nicht alle ungeimpften Mitarbeiter suspendiert.

Je nachdem, in welchen Abteilungen suspendiert wird, könnte es aber schon bald nötig sein Dienste weiter zu reduzieren und womöglich sogar Abteilungen zu schließen. „Der erste Schritt wäre wohl die Reduktion von operativen Eingriffen“, erklärt Heidegger. „Wir verspüren aber alle die Notwendigkeit, die Patientenversorgung so weit wie möglich aufrecht zu erhalten.“

Dass das der Sanitätsbetrieb auf Dauer – bei fortwährenden Suspendierungen und einem prognostizierten Anstieg der Corona-Patienten – aber nicht alleine schafft, sollte klar sein. Deshalb hat das Land bereits Verhandlungen mit Privatkliniken aufgenommen, um dort Corona-Patienten unterzubringen. „Wir gehen davon aus, dass wir in der Melitta-Klinik ein erstes Kontingent von zwölf bis 13 Betten erhalten, die für Covid-Patienten zur Verfügung stehen“, berichtet der Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes, Florian Zerzer.

Auch für Zerzer ist diese Zusammenarbeit aus drei Gründen unbedingt notwendig: die Suspendierungen, der Anstieg der Corona-Patienten und der Anstieg an anderen Patienten. „Im Winter nehmen beispielsweise die Grippefälle zu, außerdem können derzeit nahezu alle Freizeitaktivitäten gemacht werden, weshalb es vermehrt zu Unfällen kommt“, sagt Zerzer.

Am schlimmsten sei die Situation derzeit daher in der Orthopädie. Man habe bereits damit begonnen Eingriffe in andere Abteilungen zu verschieben, um alles zeitgemäß abarbeiten zu können.

Auch der Generaldirektor spricht noch nicht von einem Notstand, gibt aber zu: „In vielen Abteilungen wird es sehr eng, vor allem aufgrund des Personalmangels.“

Bereits ein Anstieg von nur wenigen Intensiv-Patienten auf der Covid-Abteilung könnte dafür sorgen, dass der Normalbetrieb nicht mehr aufrecht erhalten werden kann und erste Abteilungen schließen müssen oder Operationen reduziert werden. Wann dies konkret der Fall ist, kann Zerzer nicht sagen, da man mit Hilfe des dynamischen Bettenplanes auch eine Reaktionsmöglichkeit habe. „Wenn aber auch nur zwei oder drei Covid-Patienten dazu kommen, müssen wir Pfleger und Ärzte aus anderen Stationen abziehen und das könnte dann eben zu Schließungen führen“, meint Zerzer.

Für den Sanitätsbetrieb gibt es daher nur eine Hoffnung, das Problem endgültig zu lösen: Die Impfung. Zerzers Aufruf: „Bei dieser Impfquote können wir den Normalbetrieb bei steigenden Zahlen und weiteren Suspendierungen nicht garantieren. Jeder, der sich nicht impfen lässt, riskiert, Betten zu besetzen, die andere dringend bräuchten.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (40)

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  • andreas

    Angebracht wäre es, wenn Impfgegner für sich, ihren Kindern und Eltern auf die Schulmedizin verzichten würden und sich entweder an ihren You Tube Doktor oder den örtlichen Schamanen wenden würden.

    Im Krankenhaus unterstützen sie nur die gierige Pharmaindustrie, welche sich auf ihre und den Kosten ihrer Verwandtschaft bereichert.

    Alternativ könnten sie sich an Dr. Holzeisen, Anderlan oder diesem Psychologen aus dem Burggrafenamt wenden, da werden sie sicher geholfen.
    Auch diese fast sektenartige Ansammlung an „Reichsbürgerinnen“ in Lana, wäre durchaus zu empfehlen.

    Stirbt ein Kind oder ein Elternteil eines Impfgegners wegen fehlender Behandlung, ist das zwar tragisch, aber für ihre Ideologie sind die Impfgegner gewiss bereit, ein paar Kompromisse einzugehen. Zeugen Jehovas oder Scientologie haben es in diesem Bezug ja vorgemacht, wie weit Ideologie gehen kann.

  • unglaublich

    Wenn man nicht geimpftes aber getestetes Personal suspendiert, das genauso infektiös (aber durch Schutzkleidung geschützt ist) wie geimpftes Personal, dann ist das der eigentliche Wahnsinn. Wenn man in der Vergangenheit nichts anderes getan hat, als beim Pflegepersonal zu sparen, Betten zu kürzen und kleine Krankenhäuser noch kleiner zu machen, dann ist das ein weiterer Grund.

    • heracleummantegazziani

      Nein, Geimpfte sind nicht gleich infektiös wie Ungeimpfte. Das haben wir jetzt schon x-Mal durchgekaut.Unglaublich dieses hartnäckige Festhalten an Falschmeldungen.

      • unglaublich

        Stimmt nicht. Geimpfte sind nur weniger lang infektiös. Beim Virus handelt es sich um ein respiratorisches Virus, das sich an die Nasen- und Rachenschleimhaut krallt.

        • steve

          Weniger lang infektiös zu sein ist doch ein entscheidender Vorteil…

          • unglaublich

            Stimmt, aber soll man deshalb geimpften Personal die Arbeitserlaubnis geben und nicht geimpften Personal nicht? Können nicht auch Geimpfte das Virus weitergeben? Und wie erklärt man die 12monatige Arbeitserlaubnis für das geimpfte Personal, wenn nach 6 Monaten der Impfschutz (individuell unterschiedlich) praktisch nicht mehr da ist?

          • steve

            @unglaublich bei J&J ist der Impfschutz nicht mehr vorhanden.
            Es macht Sinn die Impfung zu fördern da es die Menschen besser schützt, weniger Ressourcen verbraucht, Kosten reduziert und die Virusverbreitung eindämmt.
            Sparen sie sich ihr Gejammer das ist halt so!

    • pantone

      Es klingt häufig durch als ob Geimpfte gleich wenig vor einer Infektion geschützt wären. Dies ist unerträglich und laut einem Minimum an Logik nicht nachvollziehbar. Die Impfung schützt zwar nicht zu 100 % und gegen der sehr infektiösen Delta Variante weniger als zu 90 %.
      Doch nehmen wir an, ein geimpfte Infizierter trifft auf einen Geimpften ist die Wahrscheinlichkeit, dass er diesen ansteckt sehr gering, etwa bei 10 % bis 15 %. Trifft ein solcher auf einen Ungeimpften ist die Wahrscheinlichkeit, dass er diesen ansteckt, ist die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung hingegen bei 100 %. Und sehen wir mal kurz über die Grenzen Südtirols. Im Trentino ist die Impfrate um 10 % höher. Da ist die Zahl der Infizierten und der Krankenhausaufenthalte weit gering. Und stellt keine Gefahr für die Wintersaison dar!.

  • sigo70

    Zerzers Aufruf: „Bei dieser Impfquote können wir den Normalbetrieb bei steigenden Zahlen und weiteren Suspendierungen nicht garantieren. Jeder, der sich nicht impfen lässt, riskiert, Betten zu besetzen, die andere dringend bräuchten.“
    Als Generaldirektor hat man die Verantwortung für einen sicheren Betrieb der Gesundheitsversorgung zu sorgen! Das ist kein Glücksspiel, wo man pokern kann!
    Was wurde dafür das letzte Jahr getan? Wie wurden Gelder investiert? Wir haben keinen plötzlichen Notstand mehr, wenn es jetzt zu Problemen kommt, dann aufgrund des Totalversagen in der gezielten Vorbereitung und Einschätzung aller möglichen Situationen.
    Wann wird es Konsequenzen für dieses fahrlässige Handeln geben?

  • luis2

    Wann werden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen, die den nutzlosen Plunder eingekauft haben mit öffentlichen Gelder.
    Haben die nicht Schaden angerichtet in Finanz und Gesundheit?
    Unglaubwürdige Gesellschft.

  • sukram

    Meiner Meinung lassen sich viele einfach nicht impfen, um von den Gesetzeslücken zu profitieren, mal daheim bleiben mit der Garantie, dass sie die Stelle trotzdem behalten können. Besser wäre es umgekehrt: ab zur Arbeit und weniger Gehalt auszahlen bis die Impfung vorgelegt wird. Dann wäre die Impfquote bei 95%…

  • klum

    Nicht gerüstet ? Das ist seit Monaten so! Visiten seit 18 Monaten aufgeschoben, dann kürzlich ein neuer Termin der Vormerkzentrale: Am Vormittag des Termins Telefon: „Wir müssen ihnen den Termin von Heute Nachmittag leider absagen. Der zuständige Arzt ist an Covid erkrankt“.
    Wenn wir davon ausgehen, dass PflegerInnen und Ärztinnen auch an sonst was erkranken können und dürfen, oder gar den Urlaub aufbrauchen müssen, dann Gute Nacht!
    Ich würde einen Sonderzug für alle Skitouristen einrichten, damit die direkt von der Piste in ihre Heimatspitäler verfrachtet werden.

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